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04 - Winnetou IV

04 - Winnetou IV

Titel: 04 - Winnetou IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wieder!“
    Dann fragte sie Pappermann:
    „Weißt du auch, daß ich diesen Ort nicht eher verlassen werde, als bis ich weiß, wo wir dich treffen werden? Sag mir einen Ort, der dir beliebt. Wir kommen!“
    Pappermann wußte nicht, was er antworten sollte, darum erwiderte er:
    „Ich reite mit dem ‚Jungen Adler‘; wohin, daß weiß ich jetzt noch nicht.“
    „Du wirst bei ihm bleiben?“
    „Ja.“
    „Wie lange?“
    „Solange es ihm gefällt.“
    „So bin ich zufrieden! Ich weiß, daß ich dich ganz bestimmt wiedersehen werde.“
    Hierauf wendete sie sich zu meiner Frau und mir. Sie reichte auch uns beiden die Hand und sprach:
    „Es wurde mir nicht gesagt, wer ihr seid; darum ist es verboten, zu fragen. Lebt wohl!“
    Dann ritt sie davon, an den Ruinen vorüber, um nach den Büschen einzubiegen, hinter denen sie verschwand. Pappermann und der ‚Junge Adler‘ schauten hinter ihr drein, bis sie fort war; dann ging der erstere ihr langsam, wie ein Träumender nach. Der junge Indianer blieb noch eine Weile an derselben Stelle stehen; dann wendete er sich mit einem Ruck um, als ob es ihm Anstrengung verursache, sich von dem Eindruck ihrer Persönlichkeit loszureißen. Wir beide aber stiegen nun auch von den Pferden, und ich machte mich darüber, die Spuren derer, welche hier gewesen waren, zu untersuchen. Das Herzle ging indessen an die Zubereitung des Morgenkaffees.
    Früher hatten wir uns diesen Ritt natürlich ohne Kaffee und sonstige ähnliche Genüsse gedacht; aber da wir in Trinidad so ganz unerwartet zu Maultieren und einem sehr guten Zelt gekommen waren, so hatten wir uns vor unserer Abreise von dort mit einigen jener angenehmen und nützlichen Dinge versehen, welche dem sogenannten zivilisierten Menschen sogar im ‚Wilden Westen‘ beinahe unentbehrlich sind. Daß hierzu auch der Kaffee gehörte, versteht sich ganz von selbst.
    Ich ersah aus den Spuren, daß ungefähr vierzig Personen hier gewesen waren, unter ihnen nur zwei männliche, in denen ich die Führer vermutete. So etwas hätte früher nie stattfinden können; sie wären alle verloren gewesen. Allerdings waren sie lauter Indianerinnen und also, wenn auch nicht persönlich, so doch durch die Tradition mit den Eigenheiten und den Anforderungen der Wildnis vertraut.
    Als Pappermann wiederkam, meldete er, daß Aschta genau nach Süd geritten sei, wohin auch alle anderen Spuren führten; unser Ziel aber lag westlich von hier. Dann fragte er, indem er sich zu uns niedersetzte:
    „Ist das nicht ein Wunder, ein wahres Wunder? Genau wie damals, ganz genau? Und sie wissen es, daß der Schuß damals nicht mir gegolten hat! Und gesucht haben sie nach mir! Gesucht bis heutigen Tages! Diese guten, guten Menschen! Heute ist der größte Feiertag meines Lebens! Ja wahrlich, der größte Feiertag! Wenn es Winter und Dezember wäre, so würde ich sagen: Heut ist Weihnacht für mich, und der Herrgott hat beschert. Ja, der Herrgott selbst, denn kein anderer kann so etwas geben, so ein Glück! So ein wirklich großes und wirklich wahres Glück!“
    Hierauf wurde er still, sehr still. Denn je tiefer und reiner das Glück ist, desto weniger macht es Worte. Auch für mich hatte das Zusammentreffen mit dieser jungen, schönen Indianerin eine große Bedeutung, und zwar nicht nur eine rein äußerliche. Ich hatte von hier aus in die Zukunft, in die Ferne zu folgern und zu schließen. Besonders interessant mußten mir die zwei Perlensteine sein. Sie waren ein Erkennungszeichen. Der ‚Junge Adler‘ sagte nichts hierüber; so fragte ich also auch nicht. Ich wußte ja auch ohne Frage und Antwort, woran ich war. Es handelte sich hier ganz einfach um den großen Unterschied zwischen ‚Stamm‘ und ‚Clan‘ bei der roten Rasse.
    Das ist ein Gegenstand von größter Wichtigkeit, obgleich es selbst ernsten Forschern noch nicht geläufig gewesen ist, ihm die Aufmerksamkeit zu widmen, die er ohne alle Frage verdient. Wie viele Menschen, besonders sogenannte Volks- oder gar Jugendschriftsteller, haben schon ‚Indianerbücher‘ geschrieben, ohne von dem Außen- und Innenleben der amerikanischen Rasse auch nur die geringste, positive Kenntnis zu besitzen! Und das wird dann von anderen, die noch weniger wissen, gelobt und warm empfohlen! Ich wurde schon von vielen, sogar von sehr vielen ‚Indianerschriftstellern‘ besucht; aber es gab keinen, wirklich keinen einzigen unter ihnen, der von dem allerersten, was man da zu studieren hat, nämlich von den Clanverhältnissen,

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