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041 - Der Schwarze Tod

041 - Der Schwarze Tod

Titel: 041 - Der Schwarze Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G.J. Arnaud
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entsetzt auf. Auf der Trage lag niemand, aber trotzdem wog sie schwer in den Händen der Träger, und man sah deutlich die Mulde, in der sich ein menschlicher Körper befinden mußte. Ein unsichtbarer Körper.
    Die beiden Fremden teilten das allgemeine Erstaunen nicht. Sie traten jeder an ein Ende der Trage.
    „Laßt los!“ befahl einer von ihnen.
    Die Männer gehorchten und übergaben den beiden Fremden das Gestänge. Diese setzten sich in Bewegung und hielten einen Moment lang am Karren inne, ehe sie mit Schwung den Körper auf das Fahrzeug warfen. Es gab ein häßliches Geräusch, als ob der Körper auf irgend etwas Weiches gefallen wäre.
    Stumm traten die Dorfbewohner zur Seite, um den Karren durchzulassen, und sahen ihm nach. Er fuhr zur Kirche, bog aber in den schmalen Weg ein, der seitlich daran vorbeiführte.
    „Sie fahren zum Totenfeld.“ stotterte einer der Männer.
    Sie liefen hinunter zur Schenke und tranken den heißen Wein. Sie sahen einander nicht an und wechselten kaum ein Wort. Die dritte Wache, die sich zur Stelle meldete, fand sie bleich wie den Tod in der Schenke vor, mit leeren Blicken vor sich hin starrend. „So was!“ rief ein Mann der neuen Wache. „So verbringt ihr die Zeit, in der ihr über unseren Schlaf wachen sollt?“
    Aber als er von einem zum anderen sah, verging ihm die Lust am Scherzen. Der Bürgermeister erhob sich. „Geht nach Hause“, sagte er. „Was wir heute nach gesehen haben, ist unerklärlich. Diese Leute kommen nicht von anderswoher. Sie kommen aus der Luft, aus den Mauern, aus der Erde.“
    „Die Toten stehen auf“, warf einer ein.
    „Nein. Nicht die Toten. Der Beweis dafür ist der Mann, den ihr getragen habt. Als er lebte, war er sichtbar, als Toter wurde er unsichtbar. Und doch sah man sein Gewicht auf der Trage, und ihr habt es in den Armen gespürt. Diese Leute kommen aus einem anderen Jahrhundert. Ihr habt die Kleider und die Schuhe gesehen, und die Sprache, die sie sprechen!“
    „Aber was heißt der Schwarze Tod?“
    Der Bürgermeister schwieg. Er nahm sich ein Glas Wein und trank hastig.
    „Wir sollten schlafen gehen“, sagte er dann. „Sprecht mit euren Familien nicht darüber. Wir müssen sowieso abwarten.“
    „Aber die Polizei müssen wir doch benachrichtigen, oder?“
    „Ich weiß nicht. Ich werde darüber nachdenken. Aber wir riskieren damit, daß man uns für Narren hält!“
    „Es hat schon früher bei uns seltsame Vorkommnisse gegeben“, warf der Schmied ein, „und als dann die Gendarmen kamen, war plötzlich alles wieder normal.“
    „Das stimmt!“ riefen einige.
    „Bei diesem Schnee kommen sie nicht. Die. Polizeistation unten hat nicht einmal mehr einen Wagen. Und zu Fuß?“
    „Außerdem beunruhigen mich diese Ratten, die man überall findet. Bevor ich hierherkam, fand ich eine in meinem Keller. Bisher kannte ich sie nur vom Hörensagen!“
    Die Männer schwiegen.
    Der Bürgermeister dachte, daß die Leute letzten Endes den Zusammenhang zwischen den toten Ratten und dem Schwarzen Tod erkennen würden. Von diesem Augenblick an würde die Panik unaufhaltsam sein. Er mußte etwas unternehmen.
    „Gut“, sagte er. „Morgen früh spannen wir ein Pferd an und fahren hinunter zu den Gendarmen. Wir nehmen ein zweites Pferd für den Rückweg mit. Wer meldet sich freiwillig?“
    Zu viele Hände erhoben sich.
    „Es müssen einige Männer im Dorf zurückbleiben“, sagte der Bürgermeister. „Wenn drei Mann mit mir kommen, so genügt das.“
    „Rechnet mit einem ganzen Tag für die Hin- und Rückfahrt“, warf einer ein. „Bei dieser Schneelage wird das fast zu wenig sein!“
    Der Bürgermeister wählte seine Begleiter aus und riet allen, gleich zu Bett zu gehen. Es waren kaum drei Stunden bis zum Tagesanbruch.
    Jeder versuchte seine Unruhe zu verbergen, als er nach Hause kam. Aber die Frauen und besonders die Alten durchschauten die Fassade. Nur die Kinder lebten ein wenig außerhalb der allgemeinen Angst. Die unvorhergesehenen schulfreien Tage waren zu schön. Sie sollten in vollen Zügen genossen werden.
    Aber vom Anbruch des nächsten Tages an änderte sich etwas. Bisher waren die Ereignisse beim Bäcker, in der Schenke und den Ställen ausgiebig besprochen worden, und die Angst, die man dabei empfand, war mehr ein angenehmes Prickeln als echte Furcht. Man hatte die Dinge ausgeschmückt, und die Frauen hatten insgeheim versucht, einander mit ihren Erzählungen zu übertrumpfen.
    Nun wurde man einsilbiger. Man wog die Worte ab,

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