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041 - Der Schwarze Tod

041 - Der Schwarze Tod

Titel: 041 - Der Schwarze Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G.J. Arnaud
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bevor man sie aussprach. Man beruhigte einander, indem man den Dingen die übertriebene Bedeutung, die man ihnen in den letzten Tagen beigemessen hatte, wieder nahm. Die Menschen versuchten, an anderes zu denken und von anderem zu sprechen.
    Der Bürgermeister fuhr mit drei Männern, zwei Pferden und einem Karren ab. Die Einwohner sahen dem kleinen Zug nach, bis er die steile Straße hinunter verschwunden war.
    Die Rattenkadaver wurden immer mehr, und spontan entschlossen sich die Dorfbewohner, sich ihrer zu entledigen. Man hatte dreißig gezählt, die verstreut herumlagen und trotz der Kälte mit ihrem Gestank die Luft verpesteten. Man verbrannte sie außerhalb des Dorfes.
    Der Schmied, der sie verbrannte, erklärte gegen Mittag, daß er sich nicht wohl fühlte. „Vermutlich habe ich mich heute Nacht erkältet. Ich habe Schüttelfrost und Fieber.“
    Daheim angekommen, legte er sich sofort nieder und bat um einen Grog. Gegen vier Uhr nachmittags litt er unter heftigem Erbrechen, und er klagte über Schmerzen in den Achselhöhlen und der Leistengegend.
    Seine Frau untersuchte seine Achselhöhlen und sagte: „Du hast geschwollene Drüsen.“
    „Aber ich habe keine Verletzung“, meinte er. „Es kann keine Blutvergiftung sein.“
    Er sprach mit klappernden Zähnen und verlangte zu trinken. Als seine Frau ein riesiges Glas Wasser brachte, riß er ihr es fast aus den Händen, trank es auf einen Zug und verlangte mehr.
    Dann ließ er sich völlig erschöpft in die Kissen zurück sinken.
    Der Bürgermeister und die drei Männer kamen in der Nacht zurück. Der Hin – wie auch der Rückweg waren sehr anstrengend gewesen. Bei der Rückfahrt hatten sie keine andere Wahl gehabt, als auch das zweite Pferd einzuspannen und selbst kräftig Hand anzulegen. Manchmal mußten sie sich durch hüfthohe Schneewehen kämpfen.
    „Die Gendarmen kommen nicht.“
    Der Bürgermeister war auch beim Arzt gewesen. Er hatte versprochen zu kommen, sobald die Straße wieder befahrbar war.
    Plötzlich kam die Frau des Schmiedes, in Tränen aufgelöst und halb verrückt vor Aufregung.
    „Kommt! Kommt schnell! Er stirbt!“ rief sie. „Er hat über 40 Grad Fieber, und seine Drüsen sind faustgroß angeschwollen!“
    Die Männer eilten zu dem Kranken. Er drehte sich unruhig auf den schweißnassen Laken und dampfte vor Fieber und Hitze. Er konnte nicht mehr sprechen. Alle sahen die Beulen in seinen Achselhöhlen und die schwärzlichen Flecken auf seinem Leib.
    „Wir müssen irgend etwas für ihn tun!“
    „Der Neffe von Paula Lerouge! Er studiert Medizin! Vielleicht kann er helfen!“
    Und so kamen sie zu mir, Simon Lerouge.
    „Aber er ist doch kein Arzt!“ rief meine Tante aus, als die Männer zu ihr kamen. „Er hat nur ein Jahr lang studiert!“
    „Besser das als gar nichts“, entgegnete einer der Männer. „Wir können kaum lesen und schreiben.“
    Der Lärm drang in mein kleines Zimmer. Ich öffnete die Tür, und alle Blicke hingen an mir. Geschmeichelt beugte ich mich über das Treppengeländer.
    „Was ist los?“
    „Der Schmied ist sehr krank. Es steht schlecht um ihn.“
    „Er hat Fieber und die Drüsen so groß wie meine Faust.“
    „Sie können ihm bestimmt helfen.“
    Ich war plötzlich sehr gerührt. Diese Leute kamen zu mir um Hilfe, obwohl sie wußten, daß ich selbst nur mangelhafte Kenntnisse der Medizin besaß.
    „Ich komme“, sagte ich.
    Meine Tante trat zu mir, als ich meinen Anorak überzog.
    „Bist du wahnsinnig?“ fragte sie. „Geh nicht mit! Irgend etwas Furchtbares geht im Ort vor sich, und es wäre besser, du würdest dich heraushalten.“
    „Aber es betrifft doch uns alle“, sagte ich. „Ich muß hinuntergehen.“
    Aber als ich in das Krankenzimmer des Schmiedes kam, änderte sich einiges. Mein Optimismus schwand. Ich kannte die Krankheit nicht, und gewisse Symptome kannte ich nicht einmal aus meinen Büchern.
    Der Schmied glühte. Ich beugte mich über ihn und fühlte seinen Puls. Aber die Schläge folgten so rasch aufeinander, daß es unmöglich war, sie zu zählen. Und alle Umstehenden sahen mich an und erwarteten ein Wunder von mir.
    „Legen Sie ihm Eiskompressen auf die Drüsen“, sagte ich ohne Überzeugung.
    Draußen sprach der Bürgermeister mit Auguste, der sich sofort an mich wandte, als ich aus dem Zimmer trat.
    „Nun, Doktor? Was ist Ihre Diagnose?“
    „Ich bin kein Doktor“, sagte ich lächelnd.
    Auguste hielt mich an einem Knopf meines Anoraks fest. „Das ist doch die Pest,

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