041 - Der Schwarze Tod
Augenblick fielen wir aus etwa einem Meter Höhe auf die Äpfel meiner Tante.
Einerseits war ich sehr froh, aber andererseits gefiel mir die Unterbrechung unseres Flirts überhaupt nicht. Ninon saß neben mir, die Decke war von ihren Schultern geglitten.
„Schon wieder einer Eurer Streiche!“
„Ich schwöre Euch, ich habe nichts damit zu tun.“
Ich half ihr, die Decke wieder hochzuziehen und preßte sie an mich. Diesmal konnte sie dem heißen Kuß nicht entgehen, den ich ihr gab, und wie es mir schien, wollte sie auch gar nicht.
Als wir uns atemlos trennten, sagte ich: „Kommt, Ninon, wir sind in meinem Haus.“
Auf Zehenspitzen schlichen wir aus der Tür und in mein Zimmer. Ich nahm eine Kerze und leuchtete.
„Das ist mein Zimmer“, sagte ich Unglückseliger.
Sie verschoß Blitze aus den Augen. „So? Das sind also Eure Versprechen! Ich folge Euch vertrauensselig, um Eure Tante zu sehen, und Ihr führt mich in dieses Zimmer, um Euch hier mit mir einzuschließen.“
„Um diese Zeit schläft meine Tante. Aber wenn ich Euch störe, gehe ich und lasse Euch allein hier schlafen.“
Aber die Neugier siegte. Sie betrachtete bereits jeden Gegenstand im Zimmer und ließ die Hand über die Buchrücken gleiten.
„Was ist das?“ Sie zeigte auf die Lampe.
Ich drehte das Licht auf. Sie stieß einen Schrei aus, schlug die Hände vors Gesicht und – die Decke fiel von ihren Schultern. Ich eilte sofort hinzu und legte ihr die Decke wieder um, wobei ich nicht anders konnte, als meinen Handrücken wie zufällig über ihren Busen gleiten zu lassen.
„Fürchtet Euch nicht. Seht, das ist die Art, wie wir Licht machen!“
„Ich kann dieses Stück Sonne nicht ertragen. Habt Ihr selbst es vom Firmament geholt?“
„Aber nein!“
„Und das?“ Sie zeigte auf ein Lexikon.
„Das ist ein Buch, das auf alle Fragen Antwort gibt.“
„Das ist Zauberei“, sagte sie fest.
Dann drehte sie sich plötzlich um und drückte den Lichtschalter. Es wurde finster. Sie drückte ihn wieder, und es war hell. Sie stieß eine Reihe kleiner Schreie aus und spielte begeistert mit dem ‚Stück Sonne’.
„Ihr werdet meine Tante wecken!“
„Na und? Wollt Ihr das denn nicht?“
„Was würde sie zu einem nackten Mädchen in meinem Zimmer sagen?“
Wieder zog sie verschämt die Decke um sich. „Könnt Ihr nicht ein Hemd für mich bekommen?“
„Ich habe nur Männersachen.“
„Es ist vermessen, das ein Weib sich wie ein Mann kleidet.“
Das fand ich auch, denn ich hatte keine Lust, sie zu überreden.
Ich setzte mich artig auf das Bett und hoffte, wir könnten unseren zarten Dialog dort fortsetzen, wo wir ihn unterbrochen hatten. Aber sie interessierte sich viel mehr für die geheimnisvollen Dinge in meinem Zimmer, die ich ihr einzeln erklären mußte. Als ich genug hatte, erhob ich mich und nahm sie in die Arme. Mit langsamen Bewegungen zog ich sie zum Bett, küßte sie, während sie sich an mich klammerte und unter winzigen Seufzern und viel Hingabe zur Frau wurde.
Dann löschte ich das Licht, und damit begann die schönste Nacht, die ich je erlebt habe. Wir schliefen ein wenig, um gleich wieder mit den. Zärtlichkeiten zu beginnen. Ninon und ich erlebten alle Stufen der Liebe in dieser einen Nacht, als ob wir fürchteten, das wir auseinandergerissen würden, ohne miteinander alle Freuden, die wir einander geben konnten, ausgekostet zu haben.
Es war heller Tag, als wir erwachten. Ihr Haar lag wie ein dichter goldener Schleier über ihrem Gesicht.
Als sie erwachte, riet ich ihr, leise zu sein, und erhob mich.
Ich fand meine Tante traurig vor dem Feuer sitzen.
„Du?“ Der Sessel, auf dem sie gesessen hatte, fiel um, und sie betrachtete mich wie ein Wesen aus einer anderen Welt.
„Natürlich, wer sonst?“
„Man sucht dich bereits seit gestern abend. Sie haben deine Spuren im Hilariusgäßchen gefunden und nehmen an, du bist hinübergegangen. Sie sind ganz wütend hierhergekommen, weil du deine Wache verlassen hast. Sie sagen, du bist ein Verräter.“
„Das habe ich erwartet.“
„Es ist etwas Schreckliches passiert, Simon. Diese Leute aus der Vergangenheit haben Dutzende Wölfe durch die Brücke im Hilariusgäßchen zu uns herüber gejagt. Um sich zu rächen. Du Wölfe haben bereits mehrere Personen angefallen, und wir können nicht mehr aus den Häusern.“
Ich trat zum Fenster und blickte hinaus. Sofort sah ich direkt vor mir einen riesigen Wolfsrüden, der vor unserem Haus zu wachen schien.
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