0415 - Er starb auf einer heißen Fährte
in einer gewissen Sache stecken. Wir wünschen, dass du sie wieder herausziehst!«
»Wer wünscht das?«
»Das kann dir gleich sein. Wir hoffen, du hast Grips genug, deinen eigenen Vorteil zu sehen. Andernfalls… Eddy hier ist ein ziemlich guter Schütze. Ich habe ihn schon einmal eine Fliege auf zehn Fuß treffen sehen. Ich denke nicht, dass du eine Probe seiner Kunst sehen willst?«
»Ich schieße auch nicht schlecht«, meinte ich.
»In diesem Fall hängt es davon ab, wer zuerst schießt«, belehrte er mich. »Eddy hat seine Kanone schon in der Hand. Und schließlich bin ich auch noch da. Du kennst die Regeln so gut wie wir!«
Das war deutlich genug. Männer ihres Schlages waren schwer zu überrumpeln. Sie würden bei meiner leisesten Bewegung losknallen. Sie waren auch durch einen blitzschnellen Griff nach der Webley unter der Achsel nicht schachmatt zu setzen. Sie machten sich nicht einmal die Mühe, mir die Waffe abzunehmen.
»Wie ist es nun?«, erkundigte sich der Kleine wieder. »Nimmst du unser Angebot an?«
»Die Bedingungen?«
»Sehr einfach. Du befasst dich nicht mehr mit der Sache, von der wir gesprochen haben. Das ist alles.«
»Verschwindet«, sagte ich, »und möglichst schnell. Ich habe keine Lust, mit euch weiter zu reden. Sagt eurem Boss, dass ich ihn bald erwische.«
Sie machten noch ein paar drohende Bemerkungen, dann zogen sie ab. Kurze Zeit später klingelte das Telefon. Die Stimme im Hörer war mir unbekannt. Der Anrufer war auch nicht geneigt, seinen Namen zu sagen. Er flüsterte nur eine Adresse, ehe er wieder auflegte: »Bergen, Knickerbocker Road.«
»Und?«, fragte ich.
Die Antwort war ein Klicken. Ich überlegte eine Minute hin und her, wer der Anrufer gewesen sein könnte. Ich entschied mich für den Hinkenden Joe.
Bergen liegt drüben in New Jersey. Die Knickerbocker Road zieht sich endlos nach Norden. Nicht abreißende Häuserreihen erweckten in mir das Gefühl, genarrt worden zu sein. Hier nach jemandem zu suchen, dessen Namen man nicht einmal kannte, konnte nur erstauntes Kopf schütteln hervorrufen. Plötzlich sah ich einen unbebauten Platz. Ich parkte den Mietwagen am Straßenrand und stieg aus.
In einer Senke, in der sich Grundwasser angesammelt hatte, stand ein kleines Holzhaus, zusammengenagelt aus dem Abfall, der sich in der Gegend fand. Das Dach bestand aus leeren Ölkanistern, die man aufgeschnitten und breit gewalzt hatte.
Ich stieg eine in den weichen Boden gegrabene Treppe hinab. In der Baracke hörte ich jemanden grölen, und als ich einen Blick durch das Fenster warf, sah ich einen alten Mann an einem Tisch sitzen. Die Flasche vor ihm verriet mir alles über seinen Zustand.
Ich klopfte an die schmutzige Scheibe. Er hob den Kopf und starrte mich an, ohne sich zu rühren. Ich ging um das Häuschen herum und schob die windschiefe Tür auf. Er begrüßte mich mit einem Grunzen.
»Wohnen Sie schon lange hier?«, fragte ich, nur um überhaupt etwas zu sagen. Er nickte.
»Haben Sie ’ne Pulle?«
»Nein. Aber die könnte man besorgen.«
Sein Interesse an mir schien zu erwachen. Er sah mich erwartungsvoll an.
»Ich suche einen Mann«, sagte ich.
»Wie soll er denn aussehen?«, lallte er.
Das wusste ich selbst nicht. Ich sagte, mein Mann verkehre im Tabarin. Der Alte schien das Lokal zu kennen, denn er nickte verständnisvoll. Er schielte nach der Flasche und blieb stumm. Ich lief in einen Drugstore und kam mit einer Flasche Schnaps zurück. Ein feiner leichter Nieselregen sog sich in meine Kleidung.
Der Alte saß immer noch am Tisch, aber irgendetwas hatte sich verändert, ich wusste nur nicht, was. Der Vorhang in der Ecke, der die Liegestatt des grauhaarigen Mannes verbarg? Vorher war er offen gewesen. Um kein Risiko einzugehen, steckte ich den Kopf durch den Spalt, den ich aufgezogen hatte.
So etwas sollte man nicht tun. Schlafzimmer sind tabu, auch wenn es sich nur um die faulende Seegrasmatratze eines alten Tramps handelt, die er vielleicht von einem Schutthaufen nach Hause gezerrt hatte. Die Rechnung kam prompt.
In dem Dunkel der Nische zuckte ein Arm herab ünd traf meinen Kopf. Ein stechender Schmerz, dann tanzten farbige Ringe vor meinen Augen.
***
Der Regen rann über mein Gesicht. Mein Mund war trocken wie Zunder, meine Zunge raspelte wie Sandpapier am Gaumen. Gierig leckte ich mit der Zunge nach den Wassertropfen, die auf meinen Lippen standen. Es war bereits Nacht.
Mühsam richtete ich mich auf. Ich orientierte mich an dem Widerschein
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