0417 - Der Satan und seine Komplizen
ihres Mannes und seine Beziehungen war sie nur sehr verschwommen im Bilde.
Sie bot uns sofort an, zu ihr zu kommen und seine Papiere durchzusehen. Ich sagte, wir würden darauf zurückkommen und schrieb ihre Adresse auf.
Unsere nächste Station war der Arzt. Er hatte gerade seinen Bericht fertig und gab uns eine Kopie.
»Ich habe noch einen Kollegen hinzugezogen. Wir sind nach gründlicher Untersuchung zu dem Ergebnis gekommen, dass nichts an der Leiche vorgenommen wurde. Man scheint sie nicht einmal angefasst zu haben. Wir haben sehr sorgfältig gearbeitet, weil es sich wohl um einen einmaligen Fall handelt. Sind Sie zufrieden?«
Ich war es, jedenfalls mit dem Doc.
***
Duke Wolff tobte. Die Arme fuchtelten durch die Gegend, die Möbel vibrierten durch seine Schritte.
Er hatte am Dienstag getobt, als die Brüder mit dem zurückkamen, was sie das »Ergebnis« ihres Ausflugs nannten, und er tobte am Mittwochmorgen immer noch.
»Klar, dass so etwas nur euch passieren konnte. Einer allein kann gar nicht so dämlich sein. Ich sagte noch, fragt den Fahrer, wenn er rauskommt, aber nein, das habt ihr ja nicht nötig. Warum habt ihr euch den Deckel des Sargs nicht angeschaut? Ein Blick auf das Schild hätte genügt.«
Der feiste Mann setzte sich an die Schreibtischplatte. Die Hände, die er darauf legte, sahen aus wie zwei Bund Wurzeln.
»Und dann fährt James, dieser Oberidiot, mit dem Leichenwagen ein Rennen und holt sich prompt einen Cop auf den Hals. Fehlte nur noch, dass du den zusammengeschossen hättest. Und nun seht euch die Zeitungen an! Und wofür? Für gar nichts habt ihr die Leute wild gemacht. Alles wartet, wann mit der nächsten Leiche was geschieht. Nun könnt ihr noch mal von vorn anfangen, und das werdet ihr, das sage ich euch. Jetzt zieht los und schafft den ›Spinner‹ her.«
Die rechte Hand machte eine Bewegung zur Tür. Die Brüder zogen mit einer gewissen Erleichterung davon. Das Gewitter hatten sie hinter sich.
Sie mussten fast die ganze Bowery absuchen. Im Zickzack pendelten sie ständig unter dem Viadukt von der einen zur anderen Seite, bis sie schließlich den »Spinner« gefunden hatten. Er saß in einer Kneipe, trank Whisky und legte eine Patience, die mächtig kompliziert aussah. Er bemerkte die Brüder erst, als sie bei ihm Platz genommen hatten.
»Was wollt ihr denn?«
»Duke möchte dich sprechen.«
»Und um was geht’s?«
Die Brüder sahen sich an. Normalerweise hätten sie es dem »Spinner« erzählt, aber jetzt trauten sie sich nicht mehr.
Der »Spinner« kam auch ohne Erklärung mit. Er war so an die fünfzig, kahl, rundlich, untersetzt und hatte ein Onkelgesicht. In seinen Bewegungen war er langsam, dafür dachte er umso schneller und vor allem richtig.
Für Gewalt war der »Spinner« nicht zu haben. Er wurde auch nur für knifflige Probleme gebraucht. Er war gut und unauffällig gekleidet, wusste sich zu benehmen und kam überall zurecht.
Der leichte Geldverdienst war ihm lieber als regelmäßige Arbeit, und außerdem hatte er im Hintergrund einen Plan, der schon ziemlich weit vorangeschritten war. Der »Spinner« hatte sich im Lauf der letzten Monate in Kalifornien eine zweite Existenz aufgebaut. Sobald es ihm gelungen war, den Gangstern eine mindestens sechsstellige Beute in Bargeld abzujagen, würde er in sein neues Leben hineinschlüpfen wie in eine zweite Haut.
Im Gegensatz zu den Radaubrüdern, mit denen er umgehen musste, sprach der »Spinner« immer leise. Er hatte herausgefunden, dass die Leute dann besser zuhörten, weil sie zur Aufmerksamkeit gezwungen wurden.
Derry Coyle wusste genau, dass er der »Spinner« genannt wurde, was ihn im Stillen amüsierte. Wenn er dabei war, wagte es niemand.
»Schön, dass du da bist, Derry«, begann Duke und öffnete seine beste Zigarrenkiste. Dann berichtete er, mit welcher Aufgabe die »Twins« am Vortag gestartet waren und was sie daraus gemacht hatten.
Der »Spinner« nickte und dachte einen Augenblick nach. An dieser Geschichte fehlte noch ein wichtiges Stück. Da übermäßiges Interesse nicht angebracht war, musste er zurückhaltend bleiben.
»Der Leichenraub war Zirkus, Duke«, stellte der »Spinner« mit sanfter Stimme fest. »Das hätte sich so arrangieren lassen, dass niemand etwas davon erfahren hätte.«
Der Dicke war sichtlich beeindruckt und schwieg.
»Aber nun ist es zu spät. Die ›Twins‹ taten also, was sie sollten, nur war es eben die falsche Leiche. Nun traut ihr euch nicht, in Bridgeport
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