0423 - Die Monster-Insel
Sümpfen«, sagte er. »Ist dir nicht klar, was du da getan und mir auch noch gebeichtet hast? Ist dir nicht klar, daß du gegen alle Gesetze verstoßen hast, indem du hohe Entropie-Werte benutzt, um etwas zu erreichen? Sie vielleicht sogar noch zu steigern gezwungen sein wirst, um mehr Erfolg zu haben? Ist dir nicht klar, was ich jetzt tun muß?«
Gatnor schwieg.
»Deine Immunität kann dich nicht mehr schützen! Ich habe jetzt nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, dich als Entropieverbrecher zu verhaften und vor ein Schnellgericht stellen zu lassen, das nicht erst wie bei anderen Anklagen Jahre braucht, um zu einem Urteil zu kommen. Du bist schon tot, Gatnor, und deine Sekte mit dir. Damit aber war alles, was ihr hier und jetzt erreicht habt, doch umsonst!«
Gatnor fauchte leise.
»Du hast es verlangt«, sagte er. »Du hast mich mit deinem Verbot gezwungen, meine Karten auf den Tisch zu legen«, keuchte er. »Du bist zu intelligent, Norr, du hättest eine Lügenkonstruktion durchschaut. Aber dennoch wirst du mich nicht als Entropieverbrecher verhaften.«
»Und weshalb nicht?« fragte Norr langsam. »Ich bin gewählter Überwacher, ich habe eine Verantwortung zu tragen und bin den Gesetzen verpflichtet. Und im Gegensatz zu dir halte ich mich an diese Gesetze…«
»Weil sie deiner persönlichen Abneigung gegen mich in den Kram passen«, behauptete der Oberpriester der Kälte. »Aber trotzdem… du verhaftest mich nicht, und du läßt mich auch nicht von einem Gericht aburteilen.«
Reek Norr zog langsam die Waffe aus dem Holster und entsicherte sie.
Druckluftpatronen verschossen Betäubungsnadeln, die sich im Körper des Betroffenen auflösten und dabei ihre Wirkung freisetzten, die nach ein paar Stunden wieder schwand. Die tödlichere Variante waren die Kältenadeln, die bei der Auflösung einen Frostschock im Echsenkörper auslösten. Die wenigsten Sauroiden waren körperlich stark genug, das lebend zu überstehen.
Norr richtete die Waffenmündung auf Orrac Gatnor. »Was bringt dich zu deiner Überzeugung? Meinst du, man würde meiner Aussage nicht glauben, wenn du deine widerrufst? Meinst du, nur weil wir bei unserer Unterredung keine Zeugen haben…«
Sie hatten Zeugen!
Einer stand hinter Reek Norr. Der Sauroide wunderte sich, warum er den Adepten in seinem blauweißen Overall nicht bemerkt hatte, wie er herankam. Aber jetzt war es zu spät.
»Weil du mich gezwungen hast, mit dir zusammen das Nichts hinter den Toren zu erkunden«, schrie Gatnor und sprang.
Norr kam nicht mehr zum Schuß. Der hinter ihm stehende Adept schleuderte ihn in ein dunkles Nichts zwischen den beiden Räumen…
Und Finsternis kam…
***
Irgend jemand hat seine Klappe nicht halten können, dachte Taka Yushitse verärgert, aber daß Sandy Freeman ausgerechnet ihn verdächtigte, diese Plaudertasche zu sein, machte ihn wütend. Von der Höflichkeit des stets lächelnden Japaners war ihm nichts mehr anzumerken, als er ihr die passende Antwort sagte und dann kommentarlos den Telefonhörer wieder auflegte.
Er sollte die Ereignisse dieser unheilvollen Party-Nacht an die Presse weitergegeben haben? Und auch noch mit Fotos? Sandy mußte doch, verflixt noch mal, genau wissen, daß er nicht mit einem Fotoapparat herumgewirbelt war! Er hatte doch Mühe gehabt, sich der bangen Zärtlichkeiten des Mädchens Alice halbwegs zu erwehren, weil er doch gar nicht mehr in der richtigen Stimmung gewesen war. Irgendwann in der Nacht hatte er sich in seinen Oldtimer gesetzt, drei Blumenbeete eingeebnet, weil er bei Dunkelheit und leichten Promillewerten nicht mehr genau gesehen hatte, wo Rosen und wo Rabatten waren, und war dann auf dem Pacific-Highway zurück nach Sidney gejagt.
Und jetzt rief sie ihn an und machte ihm den Vorwurf, er habe die Presse informiert!
Aber das Foto wollte er sehen. Nicht aus Masochismus. Die Erinnrung an das storchenschnablige Ungeheuer mit den dürren Stelzenbeinen, den Krokodilklauen und der Schuppenhaut an den zahlreichen Krakenarmen flößte ihm Grauen ein.
Er wollte bloß wissen, ob das Foto authentisch war oder ob jemand nur ein Sensationsbild aus verschiedenen Komponenten montiert hatte.
Er ließ die Ausgabe kommen. Er schlug sie auf. Der Lokalteil von Coff’s Harbour berichtete in einem einspaltigen Artikelchen von dem Monster-Besuch, wie man in der Saure-Gurkenzeit auch über UFO-Sichtungen oder das Ungeheur von Loch Ness berichtete. Die ganze Sache wurde ein wenig ins Lächerliche gezogen.
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