0433 - Herrin der Ghouls
durch die sternenklare Nacht auf den Straßenrand zu. Braun und rauh war die Haut, lang und kantig der Schädel mit den dreieckigen, schwarzen Augen und den handspannenlangen Reißzähnen, die wie die Stoßzähne eines Mini-Elefanten aus dem Oberkiefer nach unten ragten. Klauenhände streckten sich.
Niemand sah den Unheimlichen.
Knurrend näherte er sich dem Auto und fand, daß es nicht eßbar war. Es stank nach Verbrennung und Öl.
Aber er kletterte in den Graben und packte zu.
Hätte ihn jemand beobachtet, hätte er ihn für eine Maschine halten müssen, für einen Roboter mit ungeheurer Kraft. Aber dieses Straßenstück war verlassen und einsam. Um diese Nachtstunde kam höchstens zufällig jemand hierher.
Der Braunhäutige wuchtete den Renault Alpine hoch und schob ihn aus dem Graben auf die Straße zurück. Dort schob er ihn an den Rand, riß die Tür auf und betrachtete die Ansammlung von Hebeln und Schaltern. Er fand ein Symbol, das ihm bezeichnet worden war, und berührte den Schalter.
Ein leises rhythmisches Ticken ertönte, und an allen vier Ecken des Autos leuchtete gelbes Blinklicht.
Der Wagen war nun schon von weitem zu erkennen. Niemand würde ihn rammen - es sei denn, er war betrunken, dumm oder am Lenkrad eingeschlafen.
Der Unheimliche mit den furchterregend langen Zähnen zog sich zurück.
***
Noch etwas Seltsames geschah in dieser Nacht.
Der Tote, der an deNoes Wagen gefunden worden und im Zinksarg nach Roanne gebracht worden war, um am kommenden Tag von den Gerichtsmedizinern obduziert zu werden, erhielt Besuch.
Eine dunkle Gestalt mit einem langen, kantigen Schädel und weit hervorstehenden Reißzähnen drang in den Kühlkeller ein. Das Fenster, durch das der Unheimliche einstieg, wurde einfach samt Rahmen aus dem Mauerwerk gezerrt, ohne daß die Glasscheibe zersplitterte. Dann bewegte der Braunhäutige sich durch die Korridore. Hier brannte nur Notbeleuchtung, aber das störte ihn nicht. Seine dreieckigen schwarzen Augen konnten auch diese geringen Lichtmengen erstklassig verwerten.
Er schritt an den Fächern entlang und wurde schließlich fündig. Er zog jenes auf, in das man den übel zugerichteten Toten gelegt hatte, und lud ihn sich über die Schulter, als besitze der Leichnam überhaupt kein Gewicht. Dann schien der Unheimliche zu überlegen, öffnete schließlich eine weitere Kammer und stahl eine zweite Leiche, die er sich über die andere Schulter legte.
Auf demselben Weg, den er gekommen war, verschwand er wieder.
Und in der ganzen Stadt sah niemand den Unheimlichen mit seiner makabren Last, wie er durch die schattigen Seitenstraßen ins Irgendwo verschwand…
***
Rogier deNoe erwachte vom Sonnenlicht, das durch das Fenster seines Zimmers fiel. Mit einem Ruck erhob er sich und sah auf die Uhr. Schon neun durch… dabei war er es doch eigentlich gewohnt, früher aufzustehen. Aber nach dem gestrigen Abend…
Der Whiskey hatte wohl doch geholfen, ihn vor Alpträumen zu bewahren. Er hatte relativ gut schlafen können und fühlte sich zwar nicht völlig ausgeruht, aber immerhin in Ordnung.
Was er jetzt brauchte, war ein starker Kaffee und ein reichhaltiges Frühstück. Zamorra aus seiner beschaulichen Ruhe zu reißen, war jetzt ohnehin noch verfrüht. Der war doch ein Langschläfer, was vielleicht auch daher kam, daß er vorwiegend nachts aktiv sein mußte, wenn er die Schwarzblütigen und ihre dämonischen Kreaturen bekämpfte.
DeNoe machte sich landfein und trat auf den Gang hinaus. Die Tür des benachbarten Zimmers stand einen Spalt weit offen. Er entsann sich, daß Mostache die rothaarige Frau direkt nebenan einquartiert hatte.
Um zur Treppe zu gelangen, mußte deNoe an der Tür vorbei.
»Rogier?« ertönte von drinnen die Stimme der Rothaarigen. Der Anlageberater blieb stehen. »Ja?«
Yalasa erschien an der Tür und schob sie etwas weiter auf. Verblüfft sah Rogier, daß sie nur einen winzigen Slip trug. Sie griff nach Rogiers Arm und zog ihn halb in das Zimmer hinein.
Er schluckte. Die Frau gefiel ihm, aber ihr Vorgehen erschien ihm doch etwas zu plump, ganz abgesehen davon, daß er seiner Freundin eigentlich treu bleiben wollte. Er befreite seinen Arm aus Yalasas Hand.
»Nicht so stürmisch, Mädchen!« mahnte er.
»Gestern abend habe ich auf Sie gewartet, Rogier«, sagte Yalasa. »Leider vergebens…«
»Ich wollte allein sein«, sagte er abweisend. »Möchten Sie, daß ich das Versäumte jetzt nachhole?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich möchte, daß Sie
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