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0446 - Höllenfrost

0446 - Höllenfrost

Titel: 0446 - Höllenfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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hinerlassen. Er glitt zwischen Bäumen hindurch, auf deren tiefhängenden Ästen schwere Schneelasten lagen. Mit traumhafter Sicherheit wich er den Ästen aus, um nicht durch das Abstreifen von Schnee eine Spur zu legen. Trotz seiner Konzentration auf viele andere Dinge war sein Unterbewußtsein äußerst wachsam. Julian konnte, falls er eine Gefahr entdeckte, innerhalb weniger Sekunden wieder auf normale Körpertemperatur und damit normale Lebensvorgänge zurück »schalten«, um sich wehren zu können.
    Er erkundete die Umgebung. Ein Anflug von Hellsichtigkeit zeigte ihm, daß sich nur wenige Kilometer entfernt eine Ortschaft befand. Sie war nicht zu sehen, aber leicht zu erreichen. War das bei der Auswahl dieses Verstecks nicht bedacht worden?
    Doch dann überlegte er, daß hier Winter war. So warm es in ihrem früheren Versteck gewesen war, so kalt war es hier, und dieses Notquartier würde nur kurze Zeit gebraucht werden. In dieser Winterperiode würde es aber kaum jemand für nötig halten, vom Dorf aus hier in der Waldumgebung herum zu strolchen. Und selbst dann - wer kroch schon in Höhlen, um nachzuschauen, ob jemand darin wohnte?
    Die Gefahr der Nähe jener Ortschaft war vernachlässigbar gering.
    Aber dennoch begann er immer öfter daran zu denken, wie nahe Menschen waren. Er kannte doch nur ein paar. Seine Eltern, Tante Monica, und nun jene, die in seine Traumwelt eingebrochen waren. Ombre, der Neger. Und Shirona. Aber war sie wirklich ein Mensch gewesen?
    Die Nähe des Dorfes war verlockend. Er fragte sich, wie eine Begegnung zwischen ihm und normalen Menschen verlaufen würde. Aber es gab zu viele Möglichkeiten, um sich für eine entscheiden zu können, die dann möglicherweise in der Praxis dennoch nicht in Betracht kam.
    Julian schwebte weiter durch die Nacht, entfernte sich mehr und mehr von der Höhle…
    ***
    Phil Briggs starrte in die Dunkelheit. Da war etwas Schwarzes über der hellen Schneedecke. Es bewegte sich. Es war ein großer Schatten. Ein Reiter…?
    Größe und Form deutete daraufhin, aber bei dieser Schneetiefe ritt doch kein vernünftiger Mensch hier entlang. Erstens kam man zu Fuß mit Schneeschuhen viel sicherer durch das Gelände, und wer es bequemer haben wollte, nahm außerhalb der wenigen Straßen, die nur teilweise geräumt werden konnten und meist nur mit Geländewagen befahrbar waren, den Motoroder Hundeschlitten.
    Aber je näher das Etwas kam, desto deutlicher kristallisierte es sich als Schatten gegen den hellen Nachthimmel heraus. Es war tatsächlich ein Reiter! Und er trieb sein Pferd zu schneller Gangart an; Schnee wurde aufgewirbelt wie Staub.
    Briggs verstand das nicht.
    Hier konnte ein Pferd überhaupt nicht schnell laufen. Zumindest nicht über eine längere Strecke. Und wenn der Reiter vom Dorf her kam, mußte er schon einige Kilometer zurückgelegt haben.
    Vom Dorf?
    Briggs schüttelte den Kopf. Das war unmöglich. Die Richtung stimmte zwar, aber es gab in Quinhagak keine Reiter. Wie sollte jemand auch ein Pferd hierher bringen? Das war närrisch. Rentiere und Schlittenhunde, gut. Aber Pferde hatten hier oben keine Chance. Wenigstens nicht zur Winterzeit. Selbst jetzt, wo auch die Winterphasen nicht mehr das waren, was sie früher einmal gewesen waren und die Schneemassen es sich eher überlegten, über New York und Florida ein Chaos auszulösen statt wie üblich in Kanada und hier in Alaska.
    Der Trapper preßte die Lippen zusammen. Jetzt, wo er stehengeblieben war, spürte er wieder die Kälte. Er mußte in Bewegung bleiben. Er war ein Narr, daß er sich im Schneetreiben hinaus wagte. Wenn sich das Wetter verschüchterte, war er hier draußen hilflos. Dann blieb ihm nur noch, sich eine Schneehöhle zu schaffen — oder nach einer Erdhöhle Ausschau zu halten, in der er sich verschanzen konnte. Aber was tat man nicht alles, um seine Seele zu retten…
    Warum konnte er eigentlich nichts von dem Reiter hören, der sich immer mehr näherte?
    Selbst wenn der Schnee die Geräusche dämpfte, konnte er sich doch, ungeachtet der Entfernung, die immer kleiner wurde, nicht völlig lautlos bewegen!
    Briggs ahnte, daß hier etwas oberfaul war. Unwillkürlich hob er das Repetiergewehr, das er grundsätzlich immer mitnahm, wenn er sich im Freien bewegte. Immerhin gab es Wölfe, Bären und auch Elche, die einem Menschen durchaus gefährlich werden konnten. Außerdem konnte man mit einem Schuß Hilfe herbeirufen, wenn die eigene Stimme nicht mehr reichte.
    Immer näher kam der

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