045 - Mörder der Lüfte
Teil des Gebäudes vom Vordertrakt trennte. Coco sah ihm nach. Wenn sie ihm nun folgte, würde sie das Leben des Piloten retten können?
Sie kehrte wieder zum Ausgang zurück.
Das hochfliegende Flugzeug hatte längst abgedreht und verschwand in Richtung Osten. Noch immer fielen aus dem grünlichen Nebel tote Raubvögel in die Tiefe. Aber einigen Schwärmen war es gelungen, der tödlichen Wolke zu entgehen, sie zu umfliegen. Sie schickten sich an, die Verfolgung des Flugzeuges aufzunehmen.
Aber dann sah Coco, wie sich aus dem Horst über ihrer Hütte der weiße Adler erhob, und die anderen Vogelschwärme machten wie auf Kommando kehrt.
Das war ein sicheres Zeichen dafür, dass Castillos Geist in den Körper des weißen Adlers geschlüpft war. Sie blickte nachdenklich zu dem Vorhang, hinter dem Castillo verschwunden war.
Irgendwo dort lag sein nun herrenloser Körper versteckt! Der Gedanke, diesen Körper zu vernichten, damit Castillo für ewig im weißen Adler gefangen war, stellte eine große Versuchung für sie dar.
Langsam setzte sie sich in Richtung des Vorhanges in Bewegung.
Sie schob ihn beiseite und blickte in eine langgestreckte gewundene Höhle. Die Wände glitzerten wie von einem Meer von Edelsteinen und tauchten die Höhle in ein angenehmes Licht.
Bevor Coco einen Schritt über die verbotene Schwelle trat, entsann sie sich, dass sie mit bloßen Händen nichts ausrichten konnte. Und sie war entschlossen, Castillos Körper zu töten. So eine günstige Gelegenheit würde sich ihr nicht wieder bieten.
Sie kehrte in den Wohnraum zurück und fand eine Machete, die sie an sich nahm. So bewaffnet, kehrte sie in die Höhle zurück.
Sie konnte nicht hoffen, dass Castillo seinen Körper unbewacht zurückließ. Aber sie fürchtete die unbekannten Gefahren nicht. Jetzt war eine Flucht lange nicht mehr so sinnlos wie anfangs. Sie wusste, dass sie sich nur nach Osten zu wenden brauchte. Irgendwann würde sie auf Menschen stoßen, und vielleicht könnte sie sogar die Männer in dem Flugzeug auf sich aufmerksam machen. Vorsichtig drang sie tiefer in die Höhle hinein. Als sie um eine Biegung kam, wurden die leuchtenden Edelsteine seltener, bis diese Lichtspender gänzlich verschwanden. Vor ihr lag undurchdringliche Dunkelheit.
Doch davon ließ sie sich nicht abhalten.
Sie ging unbeirrbar weiter, auch als sie nichts mehr sehen konnte. Sie tastete sich mit den Händen an der Höhlenwand entlang.
Plötzlich stießen ihre Finger gegen etwas, das sich bewegte. Flughäute raschelten, scharfe Zähne bohrten sich in ihre Finger. Etwas fiepte … Sie zerdrückte die Fledermaus zwischen ihren Fingern.
Aber auf einmal kam das Rascheln der Flughäute von allen Seiten. Krallen verfingen sich in ihrem Haar, zogen schmerzhafte Bahnen über ihr Gesicht und bohrten sich in die bloße Haut ihrer Arme.
Coco schrie unwillkürlich vor Schmerz auf, als sie spürte, wie sich blutgierige Mäuler an ihrem Busen fest sogen. Sie schlug mit der Machete blindlings um sich, hörte, wie die Klinge dumpf in nachgiebige Körper einschlug und klirrend von Fels und Gestein abprallte.
Mit der freien Hand versuchte sie, sich die Tiere vom Leibe zu halten, sie abzustreifen, bevor sie sich zu sehr in sie verbissen. Den Schmerz, den ihr die scharfen Zähne und die Krallen verursachten, spürte sie kaum noch.
Sie wollte nur weiter. Für eine Rückkehr war es ohnehin bereits zu spät. Hinter ihr war ein undurchdringlicher Wall von flatternden Leibern. Und sie konnte durch die Vampirfledermäuse ebenso sterben, wie durch die Raubvögel. Welchen Unterschied machte das schon aus?
Castillo würde es ihr bestimmt nicht verzeihen, dass sie ihm nachgeschnüffelt hatte, und er würde sicher auch die richtigen Schlüsse daraus ziehen.
Entschlossen kämpfte sie sich durch den Schwarm von Fledermäusen weiter.
Mit einem Fuß stieß sie gegen etwas Weiches. Sie stolperte und fiel darauf. Ihre Hände erfassten die Umrisse eines menschlichen Körpers. Er war steif und kalt – wie leblos.
Coco ertastete das Gesicht. Ihre Finger suchten die Augen. Aber links und rechts der Nase waren keine Augen, nicht einmal Augenhöhlen. Wo sie bei anderen Menschen waren, spannte sich eine glatte, nachgiebige Haut.
Endlich hatte sie Castillos Körper gefunden. Sie achtete nicht mehr auf die Angriffe der Vampirfledermäuse, sondern holte mit der Machete aus. Und schlug zu. Und wieder holte sie aus, schlug zu. Immer wieder. Ohne Unterbrechung. Bis alle Kraft aus ihr
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