0453 - Im Bann des Pegasus
denn nicht ein einziges Wort wurde gesprochen. Die Mönche, das Mädchen und auch der Reiter verharrten in einem dumpfen Schweigen.
Sie schwiegen auch dann noch, als das Allsehende Auge von innen her zu leuchten begann, den roten Schein weitergab, Gabriela übergoss und auch die Mönche nicht verschonte.
Sie standen da wie Figuren, schauten auf das leuchtende Zeichen und griffen synchron unter ihre Kutten.
Ich wusste nicht, was sie dort hervorholten, aber ich hatte mit vielem gerechnet, nur nicht mit dem, was sie tatsächlich in ihren Händen hielten.
Es waren Messer mit gebogenen Klingen! Plötzlich stockte mir der Atem! Wozu brauchten die Mönche ihre Waffen? Wollten sie damit die regungslos liegende Gabriela töten? Ich starrte sie an. Das Mädchen bewegte sich nicht, auch die Mönche standen stumm, nur in den Augen des schneeweißen Pferdes glühte es rötlich auf.
Die Mönche sahen dies als einen Befehl an.
Sie hoben ihre Arme, winkelten die Handgelenke an, so dass die Klingen auf ihre Körper wiesen.
Wollten sie sich töten? Ja, denn urplötzlich rammten sie die Hände vor und stießen sich die Klingen in die Brust…
Begreifen konnte ich es nicht! Ich, John Sinclair, stand fast zum Greifen nahe neben ihnen und musste zuschauen, wie sie sich die Klingen in die Körper stießen. Diese Männer verübten Selbstmord, Harakiri sagten die Japaner dazu. Und ich konnte nichts tun, weil mich das Gitter trennte.
Die Klingen steckten fest, aber die Mönche hielten noch die Griffe umklammert. Kein Laut drang über ihre Lippen. Sie litten und starben in einer gespenstischen Stummheit.
Der erste kippte nach vorn.
Während er fiel, drehte er sich mir zu. Ich sah für einen Moment sein bleiches Gesicht und auch den dünnen, dunklen Faden, der aus dem Mundwinkel rann.
Blut…
Dann fiel er über das Mädchen.
Auch der zweite kippte. Zusammen mit dem dritten Mönch, so dass sie übereinander lagen.
Ich stand da und tat nichts. Ich konnte nichts tun. Nur Herkules hätte das Gitter einreißen können, aber der war ich nicht, so schaute ich weiterhin diesem grauenhaften Vorgang zu, der noch nicht beendet war, denn Pegasus setzte sich in Bewegung. Er schritt auf die toten Psychonauten zu.
Das Dreieck mit dem Allsehenden Auge war groß genug, um auch das Pferd aufnehmen zu können. Es stellte sich so hin, dass keines seiner Füße auch nur einen Menschen berührte.
Aus der Tiefe des Bodens drang das geheimnisvolle Licht und übergoss Lebende sowie Tote mit seinem geheimnisvollen Schein.
Sollte ich noch einmal das Kreuz werfen. Nein, tief in meinem Innern breitete sich die Erkenntnis aus, dass es besser war, wenn ich nicht eingriff und alles so laufen ließ.
Das war eine Magie, die mich nichts anging. Wenigstens jetzt noch nicht.
Vielleicht in Zukunft. Ich hatte ja so etwas Ähnliches schon vernommen.
So sah ich mit an, wie sich der Boden öffnete und alles, was innerhalb der magischen Zone lag, verschlang. Er reagierte da wie ein gewaltiges Maul, auch Gabriela wurde in eine Tiefe gezogen, die sie vielleicht nicht mehr hergeben würde.
Einen letzten Blick konnte ich noch auf das Gesicht des Reiters Werfen.
Es war hart und kantig. Dunkle Augen herrschten vor. Der Helm leuchtete rotgolden. Er verschwand. Wie auch das mystische Pferd, das ich gesehen hatte und von dem ich nun wusste, dass es tatsächlich existierte. Zurück blieb das Leuchten.
Auch als ich jetzt noch weiter in das Auge hineinschaute, konnte ich von den Verschwundenen nichts mehr erkennen. Die Erde hatte sie verschluckt. Nur allmählich könnte ich wieder einen klaren Gedanken fassen. Ich spürte überall auf meinem Körper den Schweiß und wusste auch, dass es in dem Kloster für mich wohl nichts mehr zu tun gab.
Langsam drehte ich mich um und kam mir dabei vor wie ein Geschlagener. In der nächsten Sekunde zuckte ich zusammen. Eine Alarmklingel schrillte in meinem Kopf, etwas strahlte auf, traf mich, blendete. Ich duckte mich weg und hörte eine raue Stimme, die mich in meiner Sprache anredete.
»Bleib stehen!«
Ich gehorchte…
Sekundenlang geschah nichts. Es flammten nur mehrere Taschenlampen auf, deren Strahlen mich aber nicht mehr blendeten, weil sie um mich herum eine helle Insel bildeten, in deren Mittelpunkt ich mich aufhielt.
Die Anzahl der Männer, die wie eine Wand aus Leibern vor mir standen, konnte ich höchstens schätzen. Jedenfalls waren es zu viele, als dass ich hätte gegen sie etwas unternehmen können. Und es waren die
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