0454 - Tal der Skelette
Anglesey hätte auch Raffael Bois erledigen können. Aber Nicole fühlte sich durch Zamorras Entschluß, Ted sofort auf den Zahn zu fühlen, etwas zurückgesetzt. Mochte er allein sehen, wie er zurechtkam. Wenn er Nicoles Hilfe brauchte, würde er sich schon melden. Und Rom war ja nur ein paar Schritte entfernt!
Was vor kurzem noch ein spöttisches Lachen ausgelöst hätte, stimmte mittlerweile. Die Distanz zwischen dem Château an der Loire und Rom war wirklich auf wenige Meter zusammengeschrumpft. Zamorra begab sich in die unergründlichen Kellerräume unter dem Château und erreichte schließlich in den größtenteils noch unerforschten Bereichen jenen erst vor kurzem entdeckten Raum, in dem sich eigenartige Blumen unter einer an der Kuppeldecke schwebenden winzigen künstlichen Sonne befanden.
Niemand wußte, wer diesen Raum einst angelegt hatte. Niemand wußte, wieso diese Lichtquelle unter der Decke frei in der Luft schweben und über Jahrhunderte hinweg Licht spenden konnte. Niemand wußte, wer diese Blumen gepflanzt hatte, die ununterbrochen blühten und deren Blütenkelche fast mannsgroß waren. Die Blütenblätter schillerten je nach Blickwinkel des Betrachters in allen Farben des Regenbogens.
Zamorra trat zwischen die Blüten und konzentrierte sich auf sein Ziel. Im nächsten Moment war er verschwunden.
Er tauchte in der gleichen Sekunde in einem anderen Raum auf, in dem es ebenfalls Regenbogenblumen unter einer künstlichen Mini-Sonne gab. Aber diese Blumen befanden sich in den unterirdischen Räumen von Ted Ewigks Villa…
Auch den Rest des Weges kannte der Professor, der sein Kommen nicht vorher angekündigt hatte. Er durchquerte den langen Gang, erreichte Teds Getränkekeller und schritt die Treppe hinauf. Daß er uneingeladen kam, störte ihn nicht. Wenn es Ted nicht gefiel, konnte er Zamorra ja wieder hinauswerfen - aber nicht, ehe dieser ihn ausgefragt hatte!
Ein stiller Zorn glühte in dem Parapsychologen. Was Ted getan hatte, war unnötig gewesen. Der Angriff auf Julian war überflüssig und gefährlich gewesen.
Aber bald würde er wissen, was dahintersteckte. Er würde seinen bisherigen Freund schon zum Reden bringen.
Dabei ahnte er nicht, was ihn erwartete…
***
Yves Cascal stützte den Kopf in die Hände und schloß die Augen. Der 28jährige Neger, den man l'ombre , den Schatten, nannte, versuchte mit sich selbst ins reine zu kommen. Übergangslos war er in seiner kleinen Kellerwohnung erschienen, nachdem er sich gerade noch in einem Bereich befunden hatte, für welchen es kaum eine andere Bezeichnung als ›Hölle‹ geben konnte.
Zamorra war aufgetaucht und ein Mann, der sich Ted Ewigk nannte. Und der hatte einen blau leuchtenden Kristall auf den Fürsten der Finsternis geschleudert… und dann war alles anders gewesen.
Cascal schüttelte bedächtig den Kopf. Nach wie vor hing das Amulett vor seiner Brust, diese handtellergroße Silberscheibe, von denen es nach Zamorras Behauptung sieben Stück geben sollte. Zamorra! Immer wieder mischte er sich in Cascals Leben, dabei wollte der doch nur in Ruhe gelassen werden und von all dem Höllenspuk und magischen Hokuspokus nichts wissen. Es war nicht seine Welt. Angefangen hatte alles, nachdem das Amulett in seinen Besitz geraten war. Seitdem wurde er es einfach nicht mehr los. Zuletzt hatte er noch gehofft, daß es in der Hölle verbleiben würde, als einer der Dämonen ihn gefangennahm und in eine Zelle sperrte. Doch Julian Peters hatte ihn da herausgeholt - und ihm das Amulett wieder in die widerstrebende Hand gedrückt, nachdem er es jenem Dämon abgenommen hatte.
Julian Peters, dieser Fürst der Finsternis, was nach Cascals Auffassung gleichbedeutend mit Herr der Dämonen und Oberteufel war, wollte, daß Ombre ihm half und mit ihm zusammen arbeitete!
Cascal hatte Zamorra die Zusammenarbeit verweigert, und er hatte sie auch dem Fürsten verweigert. Und wenn er auch froh war, daß er so blitzschnell wieder heimgekehrt war, fürchtete er doch, daß ein Angriff dieser Art sich jederzeit wiederholen konnte.
Wann würde er das nächste Mal entführt werden?
Er war nicht mehr sicher.
Und das schlimmste daran war, daß er sich auf irgend eine Weise, die er sich nicht erklären konnte, mit diesem Julian Peters verbunden fühlte. Mit ihm und seinen Eltern. Schon als Julian noch gar nicht geboren war, hatte etwas Unbegreifliches Ombre nach Florida gezogen, aber damals, als er die Schwangerschaft eines der beiden eineiigen blonden
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