0466 - Die Königin von Saba
Vampir!
Ich hatte sie einmal erlebt und auch mitbekommen, daß sie sich verwandeln konnte. Sie war nicht größer als eine Fliege gewesen, dadurch konnte sie mir auch entkommen.
Es war trotzdem alles noch zu einem relativ guten Abschluß gekommen, bis auf das Kreuz, das wir leider auf der Insel hatten zurücklassen müssen.
Dies gefiel mir überhaupt nicht. Wieder zurück in London, hatten Sir James, Suko und ich laut darüber nachgedacht und waren zu einem gemeinsamen Entschluß gekommen.
Das Kreuz mußte von der Insel geholt werden. Momentan konnten wir mit ihm nicht viel anfangen, wir wollten es auch in ein Museum stellen, einen anderen Platz hatten wir nicht finden können. Ich war davon überzeugt, daß es noch mehr Rätsel barg, die es uns irgendwann einmal preisgeben würde.
Suko war in London geblieben. Sir James aber hatte die Navy mobilisiert, und ich hatte mich auf den Kreuzer begeben und war in das Gebiet der Hebriden gefahren, um den Abtransport beobachten zu können.
Die erste Überraschung bekam ich beim Anblick der Insel serviert. Der Nebel, der sie bis dato eingehüllt hatte, war verschwunden. Zum erstenmal konnten wir die Insel mit bloßem Augen erkennen.
Sie sah eigentlich wie jedes andere Eiland aus.
Mit dem Kommandanten des Schiffes hatte ich bereits gesprochen und ihm auch erklärt, wie die Insel entstanden war. Über das damalige Seebeben war er ebenfalls informiert worden, allerdings hatte er noch nichts von der Insel gewußt.
Weitere Einzelheiten hatte ich ihm nicht mit auf den Weg gegeben. Sie waren auch einfach zu unwahrscheinlich. Als nüchterner Militärkopf hätte er mir sowieso nicht geglaubt.
Der Kreuzer stand etwa eine Meile vor der Insel, wo das Wasser noch tief genug war. Er gehörte zudem zur Kategorie der Bergungsschiffe und war auch groß genug, um die mit mehreren Passagieren besetzten Hubschrauber aufnehmen zu können, denen man Spezialaufgaben zutraute.
Das Deck kam mir, als ich es betrat, wie eine riesige, graue Zunge vor. Mehrere Hubschrauber standen startbereit, einer würde nur benötigt werden.
Um die Besatzung kümmerte ich mich nicht. Dafür um eine Wissenschaftlerin, deren Spezialgebiet alte Kulturen waren. Sie hieß Dr. Jenna Jensen.
Sir James Powell hatte sie besucht und ihr von dem Fall berichtet. Da hatte Jenna natürlich rote Ohren bekommen, denn gerade mit der Königin von Saba hatte sie sich intensiv beschäftigt. So wußte Jenna Jensen mehr über sie als ich. Wir kamen auch gut miteinander aus, da sie keine vertrocknete Wissenschaftlerin war, sondern ein netter, humorvoller Kumpel.
Sie stand an Deck, von wo aus wir einen guten Blick auf die Insel hatten. Jenna wartete auf mich.
Ihre Hände hatte sie tief in die Taschen ihrer gefütterten Parkajacke geschoben. Der Wind spielte mit ihrer nicht mehr ganz so modernen Kurzhaarfrisur. Jenna hatte ein schmales, apartes Gesicht und ein sehr nettes, echtes Lächeln.
Als sie mich sah, winkte sie und wunderte sich wenig später, weil ich mit leeren Händen gekommen war.
Ich schaute in ihre blaugrauen Augen. In den Pupillen funkelte es spöttisch. »Hat man Ihnen keinen Kaffee gegeben, John?«
»Nein, er wird gebracht .« Ich drehte mich um. »Da ist der Knabe bereits.«
In der Tat schritt die Ordonnanz bereits über das Deck. Der Mann trug ein Tablett, das dank der Klappbeine auch hingestellt werden konnte.
Tassen, Zucker, Milch, die Warmhaltekanne aus glänzendem Metall und eine kleine Flasche mit Whisky hatten auf dem Tablett ihren Platz gefunden.
Der Mann lächelte. »Sir, ich habe mir gedacht, daß Sie Ihren Kaffee unter Umständen veredeln wollen…«
Ich zwinkerte ihm zu. »Da haben Sie genau richtig gedacht, mein Lieber.«
»Man kennt ja die Regeln.« Er wandte sich Dr. Jensen zu. »Haben Sie noch einen Wunsch, Madam?«
»Nein, danke, Sie sind sehr nett.«
Der Knabe grüßte und verschwand.
Ich schraubte den Deckel auf und schenkte ein. »Jetzt haben Sie den Jungen aber verunsichert.«
»Ach, Mike nimmt das nicht so tragisch.«
»Sie kennen ihn?«
»Ja, wir sprachen schon miteinander. Er ist ein großer Junge. Mike Schönenbroicher.«
»Vielleicht braucht er mal eine Freundin?«
»Möglich.«
»Möchten Sie den Kaffee auch veredelt trinken, Jenna?«
»Dagegen hätte ich nichts.«
»Sagen Sie nur, wieviel ich Ihnen von dem Getreide dazugießen soll.«
»Das überlasse ich Ihnen.«
Also machte ich beide Kaffees gleich gut oder gleich stark. Nachdem Jenna den ersten Schluck genommen
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