0469 - Tödlicher Flammengruß
hatte er bisher noch nie gehabt. Er kannte das wohl von Kollegen. Wenn es bei den Kollegen soweit war, daß sie einen Koller bekamen, wurden sie schnell abgelöst. Aber das passierte frühestens nach fünfzehn Jahren und nicht wie bei ihm schon nach neun.
Leroy Edson wischte über seine Stirn. Als er die Hand zurückzog und sie betrachtete, stellte er fest, daß sie schweißnaß war. Damit hatte er nicht gerechnet, seine Nerven schienen nicht die besten zu sein, und er dachte darüber nach, ob er diesen Vorfall melden sollte.
Ein Mann auf den Schienen, der mit dem Feuer spielte oder es in der Hand hielt.
Es hatte nicht nach einer Taschenlampe ausgesehen, eine Kerzenflamme hatte es ebenfalls nicht sein können, die wäre sofort ausgeblasen worden. Es schien eher ein Flammenwerfer gewesen zu sein, den der Unbekannte getragen hatte.
Edson bekam einen trockenen Hals. Er merkte kaum, daß die Anzahl der Lichter zunahm und er sich der nächsten Station näherte. Sie hieß Kentish Town.
Hier stiegen die meisten Fahrgäste aus. Edson schaute aus dem Fenster. Er sah die Leute auf den Bahnsteig springen. Die meisten von ihnen waren mit Plastiktaschen bestückt, in denen Weihnachtsgeschenke steckten. Die Zeit vor dem Fest waren auch die Wochen der großen Hektik.
Viele Fahrgäste stiegen an diesem Abend nicht mehr zu. Zwei Frauen, ein Mann, vier Jugendliche.
Sie verteilten sich auf die einzelnen Wagen. Edson mußte weiter.
Seine Gedanken drehten sich nach wie vor um den Unbekannten auf den Gleisen. Wo war er hergekommen? Wieso hatte er einfach in den Schacht laufen und sich dort aufstellen können?
Ein Verrückter, ein Selbstmörder, ein Wahnsinniger?
Die Türen schlugen zu. Er mußte weiter. Verspätungen durfte es nicht geben, der Fahrplan wurde eingehalten, darauf waren die Verantwortlichen der Tube, wie die U-Bahn in London genannt wurde, sehr stolz.
Wieder das gleiche Spiel.
Das Maul des Tunnels, weit aufgerissen, aber ohne Zähne, nur eben der dunkle Schlund, der den Zug schluckte, als hätte er einen gewaltigen Appetit.
Noch sieben Haltestellen bis zum Ende.
Edson jagte weiter. Er konzentrierte sich wie immer und alles lief glatt. Kein Hindernis befand sich mehr auf den Schienen, und er sah auch keinen Feuerschein.
Highgate hatte er erreicht. Hier stiegen nur noch zwei Personen zu, aber mehr verließen den Wagen.
Allmählich wurde die Bahn leer. Dann schaukelten und ratterten die Wagen wie tote, monströse, von innen erleuchtete Kästen über die Schienen.
Hinein in den Tunnel!
Edson spürte plötzlich den Druck im Magen. Er wußte, weshalb. Auch den kalten Schweiß auf seinem Gesicht konnte er sich nicht erklären. Es war alles normal gelaufen, er hatte nichts mehr gesehen, und auf der Strecke lag auch kein Hindernis.
Weshalb dann diese Vorahnung, daß etwas passieren könnte?
Matt blinkten die Scheinwerferstrahlen auf den Schienen. Die Wände waren nicht zu sehen. Ein Gegenzug rauschte vorbei. Die Luft zwischen den beiden Zügen wurde zusammengepreßt, so daß die Wagen wackelten.
Dann ging es weiter - und hinein in das Feuer!
Es war urplötzlich da. Eine gewaltige Flammenwand, die den Tunnel von einer Seite bis zur anderen völlig ausfüllte. Das Feuer war aus dem Nichts entstanden, ohne Vorwarnung.
Ein gefährlicher Ball aus Flammen, eine Mauer, eine kochende Feuerhölle. Grausam, vernichtend, alles zerfressend und zerschmelzend.
Leroy Edson war mit seinen Nerven am Ende. Er sah das Feuer, aber er konnte nichts tun. Alles ging zu schnell. Sein Gesicht verzerrte sich noch, dabei dachte er an die Notbremse, als der Zug bereits in das Inferno hineinraste.
Die Welt um Edson und alle anderen Fahrgäste zerbarst. Sie wurde zu einer Flut aus Feuer, Hitze und Grauen. Daß es Edson vom Stuhl riß, merkte er nicht einmal.
Er wurde zu Boden geschleudert, überschlug sich dort und hatte den Eindruck, als er trotz seiner Angst die Augen noch geöffnet hielt, daß ihn aus den Flammen ein riesiges Gesicht angrinsen würde.
Dann wußte er nichts mehr…
***
Als ich den Rover an der Station East Finchley quer auf den Gehsteig setzte und stoppte, waren sofort zwei Polizisten da und wollten uns am Aussteigen hindern.
Ich zeigte meinen Ausweis.
»Sorry, Sir, aber wir wußten nicht…«
»Schon gut. Wie sieht es aus?«
Die Beamten hoben die Schultern. »Was sollen wir Ihnen sagen, Sir? Es ist ein Chaos.«
Ich nickte. »Wer leitet die Untersuchung?«
»Superintendent Clavell. Er ist extra abgestellt
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