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047 - Amoklauf

047 - Amoklauf

Titel: 047 - Amoklauf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Davenport
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Tony Richardsons Körper war verschwunden.
     

     
    Inspektor Halin Rahan konnte höchstens fünfunddreißig sein. Er war ein kleiner, schlanker Mann, der einen gut sitzenden weißen Leinenanzug trug und ein akzentfreies Englisch sprach. Sein Gesicht war gut geschnitten, das Haar dunkel und die Haut bronzefarben. Ich war sicher, daß Chinesenblut in seinen Adern floß.
    Der Polizeiarzt hatte sich um die drei Frauen gekümmert und ihnen Beruhigungsspritzen gegeben, die aber nur teilweise Erfolg hatten. Grace und Barbara standen noch immer am Rande eines Nervenzusammenbruchs, nur Gloria hatte sich halbwegs erholt.
    Der Inspektor hatte rund um das Haus Posten aufgestellt. Kein Mensch konnte jetzt unbemerkt ins Haus eindringen.
    Ich hatte ihm ziemlich genau die Ereignisse geschildert, und er hatte mir ungläubig zugehört. Als dann aber die Frauen meine Erzählung bestätigten, blieb ihm nichts anderes übrig, als meine Story zu glauben.
    Den Körper Harry Richardsons fanden wir in seinem Arbeitszimmer. Als der Schamane den Raum betreten hatte, war er plötzlich aufgetaucht und augenblicklich auf die Eingeborenen losgegangen. Der Schamane hatte ihn mit seinem Zauberpulver bestreut, doch das hatte keine Wirkung gehabt. Schließlich war es den Eingeborenen jedoch gelungen, Harry Richardson zu überwältigen. Sein Körper war eiskalt gewesen. Sie hatten mit den Dolchen auf ihn eingestochen, doch er war nicht zu töten gewesen, bis ihm einer den Kopf abgeschlagen hatte.
    Ich erzählte Inspektor Halin Rahan nichts von meiner Vermutung, daß die Schwarze Familie hinter den Vorfällen stecken mußte. Auch Dr. Jerome Hewitt erwähnte ich nicht, doch Gloria erzählte von der ärztlichen Untersuchung.
    Die Eingeborenen wollten vom Anwesen flüchten, wurden aber von der Polizei zum Bleiben gezwungen. Auch vor ihren Häusern standen Wachtposten.
    Ich war unglaublich müde und sehnte mich nach einem Bett, doch im Augenblick war nicht daran zu denken.
    So sanft Inspektor Rahan wirkte, so wenig war er es. Er ließ uns nicht zur Ruhe kommen. Immer wieder stellte er Fragen und ließ sich unsere Erzählungen wiederholen. Ich trank einen Whisky nach dem anderen, was meine Müdigkeit nur steigerte. Es war bereits zwei Uhr durch und Rahan befragte uns noch immer.
    »Wäre es nicht besser, Inspektor, wenn Sie das Verhör auf morgen verschieben würden?« fragte ich schließlich. »Die Frauen sind völlig fertig. Sie stehen kurz vor dem Zusammenbruch.«
    Rahan blickte mich kurz an, dann die Frauen und nickte. »Sie haben recht, Mr. Stack«, sagte er. »Gehen Sie schlafen!«
    »Ich kann jetzt nicht schlafen«, erklärte Grace. Sie war innerhalb der vergangenen Stunden zusehends gealtert. Dunkle Ringe zeichneten sich unter ihren Augen ab. Sie war ungeschminkt, und man konnte die feinen Fältchen um die Mundwinkel erkennen. Ihre großen Augen waren glanzlos und der Blick nach innen gerichtet.
    »Ich auch nicht«, sagte Barbara. Sie hatte rote verweinte Augen, und ihr Körper wurde fast ununterbrochen von Weinkrämpfen geschüttelt. Ich konnte mich gut in ihre seelische Verfassung versetzen. Es mußte einfach fürchterlich für sie sein. Der eigene Bruder ermordete ihren Verlobten.
    Ich kochte vor Wut. Am liebsten wäre ich sofort nach Brunei City gefahren, um mir meinen Bruder vorzunehmen, doch in meiner derzeitigen Verfassung hatte ich keine Chancen gegen ihn. Ich mußte mich beherrschen, denn eines hatte ich während meines Kampfes gegen die Dämonen gelernt: Geduld. Man durfte nichts überstürzen und mußte eiserne Nerven haben. Ich stand auf, drückte die Zigarette aus, nickte den Frauen zu und verließ das Zimmer, froh, der bedrückenden Atmosphäre entronnen zu sein.
    Mein Zimmer war klein und einfach eingerichtet. Ich öffnete das Fenster. Draußen war es noch immer dunkel. Die Geräusche des nächtlichen Dschungels drangen bis zu mir. Langsam schlüpfte ich aus meinen Kleidern, stellte die Klimaanlage ein und blieb lange Zeit am Fenster stehen. Meine Augen brannten vor Müdigkeit. Ich hatte zu viel geraucht und getrunken und fühlte mich einfach scheußlich. Nach einer Weile trank ich ein Glas Wasser, das warm und schal schmeckte, löschte das Licht und kroch ins Bett.
    Doch ich fand keinen Schlaf, so sehr ich mich auch danach sehnte. Meine Gedanken wanderten im Kreis. Zu viel hatte sich heute ereignet. Ruhelos wälzte ich mich von einer Seite auf die andere, aber es war mir nicht möglich einzuschlafen. Trotz der Klimaanlage war mir

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