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047 - Amoklauf

047 - Amoklauf

Titel: 047 - Amoklauf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Davenport
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zu. Meine rechte Handkante krachte gegen seine Schläfe, und er fiel zu Boden. Der Schlag war eigentlich kräftig genug gewesen, um ihn zu betäuben, doch er wurde nicht bewußtlos. Wieder stemmte er sich hoch und ging nochmals auf mich los. Mir blieb keine andere Wahl, ich mußte wieder zuschlagen. Diesmal schlug ich gegen seinen Kehlkopf, doch er zeigte überhaupt keine Reaktion.
    Ich wich einen Schritt zurück. Seine Bewegungen waren unsicher. Er bewegte sich wie im Zeitlupentempo, und mir wurde klar, daß er keine Gewalt mehr über seinen Körper hatte. Er stand ganz im Bann eines Dämons, und ich konnte ihn nicht betäuben. Er war auch nicht zu töten, denn er war unverwundbar geworden.
    Ich wich weiter zurück in Richtung Haus, und er folgte mir. Immer wieder versuchte er mich mit dem Dolch zu treffen, doch meine Reaktionen waren zu schnell für ihn. Hinter Richardson sah ich eine Gruppe von Eingeborenen auftauchen, die uns schweigend folgten. Dann hörte ich hinter mir einen entsetzten Schrei, doch ich drehte mich nicht um. Ich hatte jetzt den Lichtkreis der Lampe erreicht, die über der Haustür hing. Der Schrei war von Gloria gekommen.
    »Gehen Sie ins Haus zurück!« brüllte ich und drehte den Kopf etwas zur Seite. Gloria stand in der Tür. Sie hatte die Hände vors Gesicht geschlagen.
    Richardson stürmte wieder auf mich zu. Ich sprang zur Seite und schlug die geballte rechte Faust in seinen Rücken. Er torkelte, krachte zu Boden und riß sich die Knie blutig. Doch auch davon ließ er sich nicht aufhalten.
    Ich sprang an ihm vorbei und erreichte die Tür. Ungeduldig stieß ich Gloria ins Innere und folgte ihr. Ich war, so schien es mir, der Hauptfeind von Richardson, denn er ließ nicht ab von mir.
    Er betrat jetzt den Vorraum. Im grellen Licht sah er noch entsetzlicher aus. Das linke Auge war blind, das Haar fast völlig verbrannt, das Gesicht schien aus rohem Fleisch zu bestehen, handtellergroße Wunden zeichneten sich an seinem Oberkörper ab.
    »Wir müssen ihn gefangen nehmen«, keuchte ich und wehrte wieder einen seiner ständigen Angriffe ab.
    Ein Dutzend Eingeborene drangen in den Vorraum, darunter befand sich auch Tuanku. Alle trugen Messer und Dolche in den Händen und nahmen eine bedrohliche Haltung ein.
    Plötzlich erstarrte Anthony Richardson. Er blieb stehen, und der Dolch entfiel seiner Hand. Dann sackte er zusammen und blieb bewegungslos liegen.
    »Wir müssen ihn fesseln«, sagte ich.
    Die Eingeborenen kamen näher.
    »Was wollt ihr?« fragte Gloria. Ihr Gesicht war bleich und das Haar zerzaust.
    »Unseren Schamanen holen«, sagte Tuanku. »Auf dem Haus liegt ein böser Zauber.« Er verdrehte ängstlich die Augen.
    »Wo ist Barbara?« fragte ich Gloria.
    »Sie ist noch immer ohnmächtig.«
    Ich nickte. »Wir müssen Ihren Bruder fesseln«, sagte ich. »Er kann jederzeit wieder aus seiner Erstarrung erwachen.«
    »Ich hole einen Strick«, sagte Tuanku.
    Die Eingeborenen standen um Richardson herum und starrten ihn ängstlich an. Ich bückte mich und kniete neben ihm nieder. Dann drehte ich ihn auf den Rücken, und Gloria keuchte auf. Der Anblick ihres Bruders war nichts für schwache Nerven. Ich griff nach seinem Handgelenk und fühlte seinen Puls, spürte jedoch nichts. Rasch legte ich meine Hand auf seine Brust. Kein Herzschlag. Er atmete auch nicht mehr.
    Ich richtete mich auf. »Wir brauchen ihn nicht mehr zu fesseln«, sagte ich leise. »Er ist tot.«
    Glorias Augen waren weit aufgerissen, ihr Mund zuckte, dann kamen die Tränen. Ihr Gesicht verzerrte sich, und die Tränen rollten über ihre Wangen. Sie schluchzte nicht, nur ihr Körper wurde von Krämpfen geschüttelt.
    Ich legte einen Arm um ihre Schultern und führte sie ins Wohnzimmer. Barbara war noch immer ohnmächtig. Ich setzte Gloria auf einen Stuhl, trat zur Bar, schenkte ihr einen großen Whisky ein und reichte ihr das Glas. Sie nickte mir zu und versuchte ein Lächeln, was aber kläglich mißlang. Dann stürzte sie den Drink auf einen Zug hinunter und hielt mir das Glas hin. Ich füllte nach, und sie trank es wieder leer.
    »Haben Sie die Polizei verständigt?« fragte ich.
    Sie nickte und starrte mich aus tränenerfüllten Augen an.
    »Ja«, sagte sie. »Sie kommt. Es ist alles so unfaßbar für mich.« Sie schüttelte den Kopf und wischte sich die Tränen ab. »Zuerst mein Vater und jetzt mein Bruder. Und ich habe Angst, daß es mir auch so gehen kann, daß ich von einem Augenblick zum anderen wahnsinnig werde und Amok

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