0477 - Tanzplatz der Verfluchten
aber wollte ihn sehen und blieb weiterhin in Deckung.
Nach einigen Minuten nahm die Intensität des Tanzes ab. Die Indianer kamen mir plötzlich erschöpft vor. Ihre Bewegungen schliefen ein, die Schreie waren längst nicht mehr so laut. Sie gellten auch nur hin und wieder auf. Es waren die beiden Trommeln, die sie ausstießen, immer dann, wenn sie nicht mehr auf die Felle schlugen.
Das mußte einen Grund haben!
Erschöpft taumelten die Indianer zur Seite. Sie bückten sich der Reihe nach und hoben etwas auf, das am Boden stand. Zuerst konnte ich den Gegenstand nicht erkennen, den jeder von ihnen an die Lippen führte, bis sich ein Tänzer drehte. Ich sah, daß er einen Krug umklammert hielt, aus dem er trank.
Mir war bekannt, daß es gerade die Naturvölker immer wieder verstanden hatten, aus den Pflanzen und Kräutern Trünke herzustellen, die so etwas wie ein Rauschgift und gleichzeitig ein Aufputschmittel waren. So etwas würden sie wahrscheinlich zu sich nehmen, um sich für die Nacht zu rüsten.
Nachdem jeder getrunken hatte, taumelte er zur Seite und damit auch in die Dunkelheit hinein. Ich bekam noch mit, wie sich die Krieger fallen ließen, irgendwo hocken blieben, in die Flammen starrten und über die verbrannten Stellen auf ihrer nackten Haut strichen.
Weshalb taten sie das?
War es die Ruhe vor dem Sturm? Warteten sie jetzt ab, daß ihr großer Meister kam?
Noch tat sich nichts. Ich hätte vielleicht die Chance gehabt, mich zu verdrücken, doch da waren noch immer die hockenden Wächter auf dem Rand der Schutzmauer.
In die Männer kam Bewegung.
Sie hatten etwas gesehen, das mir verborgen geblieben war, denn sie standen auf, drehten sich dabei und richteten die Spitzen der Pfeile in den dunklen Wald.
Von dort kam jemand.
Auch die Tänzer hatten mitbekommen, was geschehen war. Die Trommler ebenfalls, denn sie bewegten zugleich ihre Arme, um mit den Handflächen auf die Felle der Trommeln zu schlagen.
Noch hielt sich das Geräusch in Grenzen. Nur ein leichtes Grummeln schwang über den Tanzplatz und erreichte meine Ohren. Wahrscheinlich besaß auch dieses Geräusch seine Bedeutung, das sich steigerte, je mehr Zeit verstrich.
Es näherte sich der Höhepunkt.
Noch konnte ich nichts entdecken, aber die Wächter sprangen plötzlich von der Mauerkrone und liefen dorthin, wo sich, für mich kaum sichtbar, die Umrisse eines Tores abzeichneten.
Sie rissen es auf, hielten sich an den Stangen fest und beugten sich so tief nach vorn, daß es aussah, als würden sie mit der Stirn den Untergrund berühren.
Niemand achtete mehr auf die alte Station, so daß ich mich sicherer bewegen konnte. Diesen Umstand nutzte ich für einen Platzwechsel aus. Ich huschte dorthin, wo sich die Tür befand und drückte sie noch weiter auf, damit meine Sicht besser wurde.
Endlich hatte ich den vollen Überblick bekommen!
Wie ein Fremdkörper stand das zuckende und sich bewegende Feuer in der Dunkelheit, das immer wieder mit seinen Spitzen in die Finsternis hineingriff, als würde es dort etwas Kostbares zu fassen bekommen.
Hinter dem Feuer befand sich das schmale Tor. Es war offen, und ich sah jetzt die Bewegung.
Dort kam jemand!
Das mußte einfach Shalaka sein.
Auch mir stockte der Atem. Der Höhepunkt des Festes war durch sein Erscheinen eingeleitet worden. Ich bekam endlich Aufklärung über viele Dinge, die noch im dunkeln lagen.
Ja, er war es.
Mich durchrieselte ein Schauer, als ich die hochgewachsene Gestalt sah. Diesmal nicht als Geist, aber auch so überragte sie all die anderen Krieger.
Niemand blieb mehr sitzen. Bis auf die Trommler, die den Auftritt des Häuptlings oder Medizinmannes mit dumpfem Wummern begleiteten. Breitbeinig hatten sich die Irokesen aufgebaut. Sie waren noch vom Tanz erschöpft, vom Trunk berauscht, und es bereitete ihnen Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Deshalb hatten sie sich so breitbeinig hingestellt, um nicht zu fallen.
Er kam wie ein König. Ein Mann, der sich seiner Würde bewußt war.
Äußerlich wirkte er etwas lächerlich. Vielleicht hätten andere Menschen auch gelacht, ich jedoch verbiß mir eine solche Reaktion. Ich wußte schließlich, was die Maske bedeutete.
Shalaka hatte sie über seinen Kopf gestülpt. Sie verzeichnete und verzerrte sein Gesicht völlig. Aus gelben und schwarzen Streifen bestand die Maske, und das Muster zog sich auch noch um seinen Schädel herum, wobei es im Nacken wieder zusammentraf.
Die Bewaffneten richteten sich wieder auf. Sie drehten
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