0477 - Tanzplatz der Verfluchten
Blitzidee, auch ein Reflex, der mich reagieren ließ. Ich ging einen Schritt zurück, schaltete die Lampe ein und bewegte die Hand.
Da sah ich das Gesicht.
Grausam verzerrt, angemalt und mit offenstehendem Mund. Das Haar des Indianers stank widerlich, obwohl es nur mehr als Kamm auf seinem Kopf wuchs.
Er hatte hier gelauert - und er wollte mich töten. Das Kriegsbeil flog im nächsten Moment aus seiner Hand und jagte auf mich zu. Wie ein Tänzer drehte ich mich zur Seite, so daß mich die Waffe verfehlte.
Dann kam der Werfer selbst.
Mit einem gewaltigen Sprung hechtete er auf mich zu. Die Arme ausgestreckt, die Hände zu Fäusten geballt. So wollte er mich einfach umrennen. Ich ging voll in seinen Sprung hinein. Damit hatte er nicht gerechnet. Als wir beide zusammenprallten, hörte ich ihn stöhnen. Ich war vorbereitet, er weniger, und er flog zurück bis fast dorthin, wo ich ihn entdeckt hatte.
Der Indianer machte einen leicht benommenen Eindruck. Die kleine Lampe hatte ich fallen lassen.
Sie leuchtete in die Richtung meines Gegners, der ein Messer hervorholte.
Die Klinge sah mir verdammt gefährlich aus. Wie eine Katze sprang er hoch, das Messer stoßbereit haltend, aber ich war wieder einmal schneller.
Diesmal hieb ich mit der Beretta zu.
Der Schlag kam voll durch. Er traf seinen Schädel, so daß der Eingeborene zusammensackte, die Augen verdrehte und zu Boden fiel. Ich trat ihm noch die Beine weg, sonst wäre er in seine eigene Klinge gefallen. Das Messer nahm ich an mich, ebenso wie die Lampe.
Die Pferde beruhigten sich auch. Unser Kampf hatte sie leicht aufgeregt. Endlich sah ich die Stalltür an der Hinterseite. Man mußte sie schon anleuchten, um ihre Umrisse überhaupt erkennen zu können. Matt glänzte das Metall einer Klinke.
Ich drückte sie nach unten, konnte die Tür aufziehen und schloß sie sofort wieder, als ich die schattenhaften Gestalten sah, die an der Rückseite vorbeihuschten.
Verdammt, diese Station war doch umzingelt worden.
Es gab nur einen Ausweg aus dieser Misere. Ich mußte den gleichen Weg wieder zurück und zusehen, daß ich einen anderen Ausgang nahm. Vielleicht doch den an der Vorderseite.
Wohl war mir dabei nicht, weil ich einfach zu leicht vom Regen in die Traufe geraten konnte.
Allmählich wurde es doch ungemütlich. Die Schreie der Tanzenden hatten sich zudem noch mehr gesteigert. Die Männer schienen sich dem Ziel zu nähern, und als ich den Stall durchquert hatte, stellte ich auch fest, daß draußen nichts mehr so war wie zuvor.
Ein Feuer loderte!
Ich blieb augenblicklich hinter der Stalltür stehen, denn der Widerschein der Flammen drang auch durch die Fensteröffnungen und zeichnete ein zuckendes Muster auf den Boden. Wenn ich da hineinlief, würde sich auch mein Schatten sehr deutlich abzeichnen.
Eigentlich zu deutlich!
Dennoch wollte ich wissen, wie das unheimliche Fest weiterlief. Geduckt näherte ich mich einem Fenster, stieg auch über den im Weg liegenden Toten hinweg und peilte im schrägen Winkel durch das Fenster. Mein Standplatz war gut gewählt, denn ich konnte direkt auf die Flammen schauen, die sich bewegten wie dunkelrote, mit gelblichen Flecken durchsetzte Feuerarme.
Das Feuer leuchtete fast den gesamten Platz aus. Ich sah auch die Mauer, über die ich in der Gegenwart geklettert war. Hier war sie noch ganz, aber mehr interessierten mich die schaurig aussehenden, bunt bemalten Gestalten der Indianer, die um die Flammen tanzten, Schreie ausstießen, sich drehten, stampften, wirbelten und sogar mit wilden Sprüngen durch das Feuer jagten.
Auf der Mauer hoben sich die Wächter ab. Sie sahen aus wie Figuren aus Stein und hatten ihre Bögen gespannt.
Die Flammen funkelten und tanzten. Sie griffen nach den Indianern, glitten über die Gesichter, die nackten Arme, die bloßen Beine und sengten die Haare an, wobei sie zudem noch die dick aufgetragene Farbe zum Schmelzen brachten, so daß diese über die Gesichter rann und sie noch maskenhafter aussehen ließen.
Manche Irokesen sprangen auch vom Feuer weg und gerieten bis dicht vor das Fenster. Ich hätte nur die Hand auszustrecken brauchen, um mit den Fingern über ihre an den Seiten kahlgeschorenen und bemalten Köpfen zu fahren.
Das ließ ich bleiben.
Eines fiel mir auf.
Die Hauptperson fehlte. Derjenige, der Shalaka genannt wurde, machte den Flammentanz nicht mit.
Weshalb hielt er sich dieser beschwörenden Zeremonie fern.
Darauf würde mir keiner der Tänzer eine Antwort geben. Ich
Weitere Kostenlose Bücher