0477 - Tanzplatz der Verfluchten
aber bedrohend, einfach grausam, mein Leben hing plötzlich an einem seidenen Faden.« Er blieb vor dem Fenster stehen und starrte in die Dunkelheit.
»Keine Frage, Ken, du bleibst hier. Morgen sehen wir dann weiter. Wenn du eine Nacht drüber geschlafen hast, sieht die Welt wieder anders aus.«
»Das sagt man so.«
»Ich glaube daran.«
Kudelke hob die Arme und preßte beide Handflächen gegen die Scheibe. Abe Douglas starrte auf den breiten Rücken des Mannes. Er war ein Kerl wie ein Baum, ihn haute eigentlich so leicht nichts um, dennoch steckte die Angst tief in ihm, und das begriff Douglas nicht so recht. Er zweifelte außerdem noch immer an den Erzählungen seines Bekannten, obwohl er zugeben mußte, daß es tatsächlich Dinge gab, für die man kaum eine Erklärung fand. Das hatte er schon einige Male erlebt, zuletzt bei einem Fall, der New York erschüttert hatte, als Polizisten zu blutsaugenden Vampiren geworden waren.
Ken veränderte seine Haltung. Er senkte den Kopf ein wenig, weil er in die Tiefe der Straßenschluchten schauen wollte, die ihm vorkamen wie düstere Canyons, durch die nur im unteren Drittel ein heller Schein geisterte, hervorgerufen durch die Scheinwerfer der rollenden Wagen.
Abe Douglas schrak zusammen, als sich sein Besucher hastig umdrehte und ihn anstarrte. Er wurde bleich.
»Was hast du, Ken?«
»Er… er ist da.«
»Wer?«
»Der böse Mann.«
Abe Douglas stand auf. Sein starrer Blick verriet Unglauben. »Was sagst du? Sie sind da?«
»Nein, er!«
»Wo?«
»Da unten, Abe. Er lauert da unten.«
Douglas stand jetzt neben Kudelke. »Und du hast ihn dort gesehen?«
Ken saugte die Luft ein und bewegte beide Arme kreisförmig. »Nicht direkt, weißt du. Ich habe nur erkannt, daß er mich belauert. Irgendwo da unten hält er sich auf und lauert auf mich. Ich sah für einen Moment ein farbiges Etwas. Eine Maske, eine Fratze. Sie strahlte das Böse ab. Das absolut Böse. Wer so etwas hinter sich hat wie ich, der merkt das genau. Der böse Mann kann durch nichts aufgehalten werden. Er wird mich fressen und verschlingen.«
Douglas bedachte seinen Besucher mit einem skeptischen Blick, bevor er neben ihn trat, sich vorbeugte und ebenfalls einen Blick aus dem Fenster in die Tiefe warf.
»Sorry, aber ich kann nichts erkennen. Da ist alles normal. Fahrzeug hinter Fahrzeug. Abgase, Dreck, Lichtreklamen, Fußgänger, dann der dunkle Park…«
»Er war da.«
»Wo denn?« Douglas fuhr herum.
»Unten, sage ich dir. Gegenüber. Ich habe… daaa…!« Plötzlich brüllte Kudelke los. Er sprang zurück, streckte gleichzeitig den Arm aus, und sein Zeigefinger deutete auf die Scheibe.
»Da ist er!«
Douglas bekam einen starren Blick. Kudelke hatte nicht gelogen. Hinter dem Fenster schwebte tatsächlich ein fürchterliches Gesicht mit kalten, tödlichen Augen!
***
Es war einfach da und verbreitete Angst trotz des geschlossenen Fensters.
Abe Douglas glaubte zuerst an einen Ballon, den jemand an einem Band zum Fenster hatte aufsteigen lassen.
Das Gesicht war breit, gleichzeitig gelb und schwarz gestreift, aber die Streifen gingen ineinander über. Ein breiter Mund klaffte zwischen den beiden Farben, dahinter begann der schwarzrote Schlund. Die Haare, ein Wirrwarr, sahen aus wie eine Perücke, eigentlich machte dieses Gesicht einen lächerlichen Eindruck, doch der G-man hütete sich davor, falsche Schlüsse daraus zu ziehen.
»Der böse Mann!« hörte Abe seinen Besucher stöhnen. »Es ist der böse Mann, und er ist gekommen, um mich zu töten. Er will mich holen. Verdammt, ich spüre es. Der böse Mann…«
Douglas wußte nicht, was er von dieser Erscheinung halten sollte. Allerdings faßte er sie nicht als einen Scherz auf. Dafür hatte Kudelke einfach zu schlimme Dinge erlebt. Ihm war diese Gestalt schon zuvor begegnet. Und jetzt war sie gekommen, um Kudelke zu holen.
Die Maske rührte sich nicht. Es war auch nicht zu erkennen, ob sie einen Körper besaß, denn sie schloß praktisch mit ihrem Kinn in Höhe der Fensterbank ab.
Der G-man warf seinem Besucher einen knappen Blick zu. Er kannte Kudelke schon seit einiger Zeit. Noch nie aber hatte er ihn so ängstlich gesehen wie in diesen Augenblicken. Das Auftauchen der Maske hatte ihn völlig aus dem Konzept gebracht. Er rührte sich nicht, hielt die Arme halbhoch und gleichzeitig angewinkelt, so daß er die Hände über dem Kopf zusammenschlagen konnte, als wollte er sich vor irgendwelchen Schlägen schützen.
Abe Douglas ging
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