0481 - Im Schlund des Dreitöters
bemerkt. Soweit es ihre Fesseln zuließen, hoben sie die Köpfe und schauten mir entgegen.
Um diese Menschen und deren erstaunte Ausrufe kümmerte ich mich nicht, ich konzentrierte mich auf das Monstrum mit den drei Köpfen.
Ich sprach den Dreitöter an und hoffte, von ihm verstanden zu werden. »Hast du nicht vom weisen König Salomo gesprochen?« rief ich ihm entgegen.
»Das habe ich.«
»Er ist nicht hier, weil er nicht hier sein kann…«
Ein dumpfes Lachen klang mir entgegen. »Der König ist nicht unsterblich, weil er die Dämonen haßte. Ich aber bin es. Ich habe ihn überlebt…«
»Er hat ein Erbe hinterlassen!« rief ich dazwischen. »Denn er wußte genau, daß keiner, auch ein Götze nicht, seinem Schicksal entrinnen kann. Vielleicht bin ich sogar das Erbe des Königs.«
Er wollte mir nicht so recht glauben. »Du… du bist ein normaler Mensch, das sehe ich doch…«
»Auch Menschen können über sich hinauswachsen. Ich bin gekommen, ich habe den Weg durch den Dimensionstunnel gefunden, den du bewußt geschaffen hast, um hier in dieses Tal zu gelangen und das zu beenden, was der König Salomo nicht schaffte. Ich werde die Welt von dir befreien, Dreitöter. Und ich werde auch deinen verdammten Schlund zustopfen.«
Das waren mächtige Worte, die ich mir eigentlich nicht hätte leisten können, aber ich wollte diesen unheimlichen Gegner einfach aus der Reserve locken.
Das gelang auch. »Mich besiegt niemand!« rief er voller Überzeugung und Siegeswillen. »Ich bin unsterblich!«
»Das haben schon viele vor dir geglaubt, aber sie haben sich geirrt.«
»Ich nicht.«
»Wie kannst du dies nur behaupten?«
»Weil ich nicht nur die Kraft eines Menschen in mir spüre, auch die mächtigen Tiere standen mir zur Seite und sind mit mir einen Bund eingegangen. Das Krokodil mit seiner Kraft und seiner Gefräßigkeit, die Ratte mit ihrer Hinterlist und Schlauheit und der Mensch mit seinem Verstand. Wir drei gingen einen Bund ein, den der mächtige Gott absegnete und uns in die Welt schickte, damit wir uns die Diener unter den Menschen suchten, denn es war damals die große Zeit der Wanderungen, als die Völker sich neu umschauen mußten, um Lebensraum zu bekommen. Da suchten sie Hilfe bei den Göttern, so daß es nicht schwer für mich war, die entsprechenden Diener zu finden. Ja, ich bekam sie, und sie folgten mir willig. Sie wußten aber nicht, wer mich gesegnet hatte. Als sie mir zum erstenmal davon berichteten, daß sie die Arche suchen wollten, da erflehten sie gleichzeitig meine Hilfe. Und so führte ich die Gruppe weg aus ihrem gelobten Land in dieses Gebiet hinein, wo den Berichten nach die Arche nach der großen Flut gelandet sein soll. Aber ich wollte nicht, daß sie die Arche fanden, denn sie gehörte wiederum einer anderen Macht an, die ich verabscheue. Das sagte ich ihnen auch, aber sie zeigten sich uneinsichtig. So kam ich nicht umhin, sie zu töten und sie trotzdem am Leben zu halten. Dank Baals Kraft machte ich dieses Tal zu einer Gluthölle, zu einem Vulkan des Schreckens, der über die Menschen kam und sie vernichtete. Aber sie besaßen noch die Zeit, sich an das Orakel Salomons zu erinnern, sie verfluchten mich im letzten Augenblick, und so wird sich ihr Fluch immer wiederholen, bis ich nicht mehr bin. Wenn die Zeiten vorbei sind und der Gott Baal seinen mächtigen Triumph erlebt, werden auch sie endgültig erlöst sein.«
»Das wird niemals eintreten!« sprach ich dagegen. »Ich kenne Baal, ich weiß, daß seine Macht nicht so gewaltig ist, wie du es gern sehen würdest.«
»Aber er hat die Zeiten überlebt!«
»Das haben viele«, erwiderte ich. »Letztendlich sind sie doch vernichtet worden.«
»Ich überlebe.«
Jetzt wollte ich auch alles wissen. »Weshalb hast du getötet? Es waren nicht nur die Mitglieder des Volkes, das du in dieses Tal geführt hast, auch andere sind gestorben.«
»Es werden immer Menschen sterben, wenn die Zeit reif ist, um die Hölle erneut zu entfachen. Sobald ich erscheine, kocht der Boden, dann wird er heiß, und es vergeht nicht viel Zeit, bis die Berge hier zusammenbrechen und das Tal zu einem Krater machen, der mit flüssigem Feuer gefüllt ist. Auch heute wird es geschehen. Die drei Gefangenen wußten nicht, was sie taten. Sie trieben ihre Tiere in dieses Tal, um sie vor der Kälte zu schützen. Aber es war ihr Verderben. Jetzt habe ich sie auf die Räder binden lassen, so wie man es auch schon zu meiner Zeit getan hat. Alles wiederholt sich, alles.
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