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0485 - Die Furie

0485 - Die Furie

Titel: 0485 - Die Furie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Entsetzen hatte ihn angesprungen, als er sah, was sie tat - und wie sie es tat! Er hatte es dann aufgegeben, um sich nicht selbst in Gefahr zu bringen. Weniger als Lucys Opfer; sie verstand sehr wohl zwischen Phil Textor und ihren Opfern zu unterscheiden. Aber er konnte bei den nächtlichen Streifzügen gesehen und identifiziert werden. Lucy selbst hatte wohl bestimmte Möglichkeiten, sich zu schützen.
    Textor klopfte nicht an. Er betrat Lucys Zimmer einfach durch die Verbindungstür. Sie sah satt aus, und ihre Augen funkelten wieder in jenem kalten, mörderischen Licht.
    Und sie roch immer noch nach Blut.
    Nicht mehr so stark, wie vor ihrem nächtlichen Raubzug, aber immerhin!
    Textor brauchte nicht zu fragen. Der Geruch verriet ihm, daß das heutige Opfer sie nicht auf lange Sicht zufriedenstellen konnte. Sie würde weiter morden, solange sie sich in Lyon befanden. Andernfalls hätte er diesen typischen Blutgeruch nicht mehr wahrnehmen können, den anscheinend außer ihm selbst niemand bemerkte.
    »Du hast etwas versäumt, Tex«, sagte sie spöttisch und wollte weitersprechen, aber er stoppte ihren Redefluß mit einer herrischen Geste. Er wollte nicht hören, wie sie ihre Beute gerissen hatte. Er wollte nicht, daß seine innere Not durch die detaillierte Schilderung noch weiter vergrößert wurde, in der sich Lucy zu ergehen pflegte, wenn man sie ließ.
    Warum hatte er überhaupt ihr Zimmer betreten? Auch das war schon eine Art von Masochismus. Er büßte für seinen Fehler, den er vor einem Vierteljahrhundert gemacht hatte. Wenn am Ende seines Lebens die Hölle auf ihn wartete, dann war die Zeit vor dem Tod das Fegefeuer.
    »Reich und berühmt«, flüsterte er und wandte sich ab. Er schmetterte die Verbindungstür zwischen den Zimmern dermaßen laut hinter sich zu, daß er mit Sicherheit einige benachbarte Hotelgäste weckte. Reich und berühmt.
    Damals hatte er dafür den Pakt mit dem Teufel geschlossen.
    Heute hätte er eher seine Seele dafür verkauft, wieder ein armer Niemand in den Slums zu sein.
    Lange vorbei, diese Zeit…
    ***
    In den örtlichen Tageszeitungen konnte natürlich noch nichts stehen, aber drei Radiosender und das Fernsehen berichteten von einem unerklärlichen Mordfall im Lyoner Stadtteil Villeurbanne. Vermutlich gegen 4 Uhr nachts war nicht weit vom Parc de la Téte d’Or ein Auto mit laufendem Motor stehengeblieben. Einige Anwohner waren durch laute, entsetzliche Schreie und ein unnatürliches Fauchen und Kreischen geweckt worden und sahen dann, als sie die Fenster öffneten, nur den Wagen mit offener Fahrertür auf der Fahrbahn. Eine halbe Stunde später fand die herbeigerufene Polizei fünf Straßen weiter die übel zugerichtete Leiche eines sehr alten Mannes, dessen Tod etwa zur gleichen Zeit eingetreten sein mußte, als die Anwohner die grauenhaften Schreie hörten. Mittlerweile stand die Identität des Greises fest - es handelte sich um François Merchant, den Fahrer des Wagens. Die Kriminalpolizei suchte nun über die Medien Zeugen, die entweder den Mord beobachtet hatten oder François Merchant kannten.
    Weder Professor Zamorra noch Nicole Duval maßen dieser Nachricht einen besonderen Wert zu. Morde geschahen auch in Lyon jeden Tag, und viele von ihnen waren auf den ersten Blick rätselhaft. Zamorra konnte sich vorstellen, daß die Polizei sich deshalb auf diesem Weg an die Öffentlichkeit wandte und um Mithilfe bat, weil es sich um einen sehr alten Mann handelte, für dessen Ermordung es kein vernünftiges Motiv gab, der zudem unter sehr merkwürdigen Umständen umgekommen war und dessen Zustand keine Rückschlüsse auf die Mordwaffe zuließ.
    Nichts, was Zamorras Interesse wecken konnte.
    Rechtzeitig verließen sie Château Montagne, um ins Dorf hinunterzufahren und die Lafittes aufzunehmen. Nadine machte trotz ihrer bereits recht deutlichen Schwangerschaft eine gute Figur, und Pascal hatte sich in ein glitzerndes Seidenhemd und seinen besten Anzug geworfen, gerade als sei er der Zauberer, der auf der Bühne bewundert wurde. Kopfschüttelnd betrachtete er Zamorra, der im Jeansanzug kaum wiederzuerkennen war. »Da denkt man, man müsse mit deinen weißen Anzügen wenigstens ansatzweise mitzuhalten versuchen, und da tauchst du auf wie der letzte Räuber aus dem Hinterwald! Fast hätte ich dich mit dem Druiden Gryf verwechselt, Professor!«
    Nicole Duval lachte leise. »Er ist heute inkognito unterwegs«, spöttelte sie. »Hat er zumindest gesagt. Er will mal ausprobieren, ob sie

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