Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0490 - Höllen-See

0490 - Höllen-See

Titel: 0490 - Höllen-See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
nicht einmal die Kraft, sich auf den Beinen zu halten.
    Der Ausstieg war ihr Ziel.
    Die beiden Männer brachten sie bis dicht an den Rand, stießen sie aber noch nicht hinab und ließen sie erst schauen.
    Einer sagte: »Das ist das Paradies!«
    Romy Parker schaute nach unten. Sie entdeckte eine glatte Fläche, die von hohen Bergen umgeben war.
    Einen See!
    Aber anders als ein normales Gewässer. Kein Wind kräuselte das Wasser, obwohl es nicht windstill war.
    Romy war nicht in der Lage, die Entfernung vom Hubschrauber zum Ziel hin abzuschätzen. Sie sah nur die glatte Fläche, die in einem ungewöhnlichen Grünblau schimmerte. Dazwischen blitzten gelbe Punkte wie verlaufende Sterne.
    Wirklich ein See? Bestand er aus Wasser oder aus Glas? Ein See ohne Strömung, ohne Wellen, ohne Bewegung. Eine glatte Fläche, dennoch angsteinflößend.
    Kein Paradies!
    »Da wirst du hineinfallen, Engelchen!« hörte Romy die Stimme des Waffenträgers. »Wie andere vor dir…«
    »Was ist mit ihnen? Sind sie ertrunken?« keine schlaue Frage, doch sie mußte einfach etwas sagen.
    Es erlöste sie ein wenig von den Qualen.
    »Sie sind im Paradies, Engel. Schau genau hin, dann wirst du sie erkennen. Sie winken dir mit den Augen, sie rufen dir zu.« Seine Stimme klang dicht an ihrem rechten Ohr auf, er hatte sich gebückt, der Kapuzenstoff berührte ihre Haut.
    Romy gab keine Antwort. Sie dachte in diesen Momenten an den Propheten, der so grausam sein konnte und gleichzeitig-einschmeichelnd redete. Er war wie ein Vampir, nur trank er kein Blut, er saugte seinen Schülern die Seele aus und vertauschte sie durch seine Gedanken. Das Paradies würden sie sehen, dafür mußten sie alles tun. Ihm das Geld bringen, um die Wahrheit zu erkennen.
    Jetzt sah sie die Wahrheit. Es war der See, aus dessen Tiefe etwas aufstieg.
    Längliche Gegenstände, Schatten, mal hell, mal dunkel. An einigen Stellen breiter, an anderen wieder länger. Unheimlich anzusehen. Aus ihnen kristallisierte sich etwas hervor. Die Umrisse verschärften sich, als hätte sie jemand gemalt.
    Gesichter!
    Männer, Frauen, zwei von ihnen kannte das Mädchen. Sie konnte diese angstverzerrten Züge einfach nicht vergessen, weil es einmal Kolleginnen von ihr gewesen waren.
    Augen wie Kugeln, Münder zum stummen Schrei geöffnet. Bleiche eingefallene Wangen, wie bei einer Leiche. Hilflos, zum Grauen verdammt. Vom Paradies in die Hölle, tot, aber wie lebend wirkend.
    Ein furchtbares Bild.
    Und eine Kälte abstrahlend, die man als Kälte des Todes bezeichnen konnte.
    »Das Paradies«, sagte einer der Männer.
    Er lachte, der mit der Waffe lachte nicht. Romy spürte seine Hand an ihrer Schulter. Die Finger bewegten sich, als wollten sie eine bestimmte Stelle abtasten.
    Dann rutschte die Hand nach unten, erreichte ihren Rücken, blieb dort liegen.
    Romy wußte, was kam, sie klammerte sich fest. Sie spürte Blut an den Handflächen, der Rand war einfach zu hart.
    »Keine Chance mehr! Keine…«
    Der Mann stieß zu.
    Romy riß den Mund auf. Ihr Schrei wehte zusammen mit dem fallenden Körper in die Tiefe.
    Sie flog, sie war ein Vogel, und sie sah die Gesichter, das Abbild des Todes, das sein nächstes Opfer willkommen hieß.
    Romy Parker verschwand im Paradies…
    ***
    Ich sah auch nicht besser aus als die meisten Typen in diesem Viertel. Die Jeans waren alt und vergammelt, die Hosenbeine besaßen noch den weiten Schlag der siebziger Jahre, und meine Jacke zeigte Patina, wenn man es vornehm ausdrücken wollte. Auf der blaugrauen Farbe des T-Shirts leuchteten eine Handvoll Sterne wie ein gewisser Hoffnungsschimmer auf eine bessere Welt.
    Hinter mir lag eine Tankstelle mit einem ständig betrunkenen Tankwart, einen Steinwurf links war ein in grellen Außenfarben gehaltener Porno-Shop, dessen Eingangsumrahmung einem roten Frauenmund nachempfunden war. Wer sich nach dem Begaffen der Magazine Appetit geholt hatte, konnte ihn nebenan bei Betty's Chips & Fish stillen. Angeblich vermittelte Betty auch Mädchen, aber das wußten nur wenige Polizisten. Ich gehörte zu ihnen, von Betty war unter anderem ein Tip gekommen, weil sie sich nicht mehr ins Handwerk pfuschen lassen wollte. Eine alte Autowerkstatt lag neben der Bude, und ich stand vor dem einstöckigen Haus einer heruntergekommenen Apartmentbude, dessen Zimmer an illegal hier lebende Ausländer vermietet wurden.
    Auch das war Leben in London.
    Hier war es gefährlich für jemand, der nicht aus der Gegend oder der Szene kam. Selbst die Sonne

Weitere Kostenlose Bücher