0497 - Die Armee der Kriegsdiener
ausgleichen. Dadurch blieben die irrationalen Bewegungen auf ein Minimum beschränkt. Mit aktiviertem Schutzschirm und auf Vollgas geschalteten Triebwerken jagte der Gleiter durch den Himmel, einen flammenden Schlauch ionisierter Luftmoleküle hinter sich herziehend.
Nach etwa zehn Minuten steuerte Merceile das Fahrzeug tiefer.
Sie hatte inzwischen das Zittern ihres Körpers bezwungen.
Rasch wuchsen die charakteristischen Konturen des Dallwerth-Gebirges unter dem Gleiter auf. Merceile wußte. daß sie die Unterkunft von Solarmarschall Deighton nicht direkt anfliegen konnte. Der Chef der Solaren Abwehr hatte sich in ein Netz aus automatischen Abwehranlagen eingesponnen wie eine Raupe in einen Kokon. Aber die Druckkuppel, in der Ribald Corello mit seinem Instinktwächter Lesska Lokoshan und dem Telekineten Balton Wyt untergebracht war, konnte sie ansteuern.
Ja, dort war sie in Sicherheit, dort würde sie geborgen sein.
Unter dem Schutz des Supermutanten konnte ihr nichts geschehen. Merceile lächelte plötzlich. Sie aktivierte den Kodegeber, steuerte ins militärische Sperrgebiet hinein und landete genau neben Corellos Druckkuppel, obwohl sie noch niemals dortgewesen war.
Sie schaltete die Systeme ihres Fahrzeugs ab, stieg aus und ging auf die Kuppel zu, deren Schleusenschotte sich vor ihr öffneten.
Balton Wyt kam ihr am Innenschott entgegen. Das Gesicht des ehemaligen Freihändlers war blaß, und die Wangenknochen traten unter der straffgespannten Haut hervor.
„Kommen Sie, Miß Merceile!" flüsterte Wyt. „Corello hat sich wieder erholt, wie Sie sicher gemerkt haben."
Das Cappin-Mädchen wunderte sich, nicht wegen Wyts ungewohnter Redseligkeit, sondern wegen seiner Bemerkung.
„Was sollte ich gemerkt haben?" fragte sie.
Im nächsten Moment wußte sie Bescheid. Sie hatte sich auf der letzten Strecke ihres Fluges nicht nur beruhigt, sondern eigentümlich geborgen gefühlt, wie ein Kind, das die Liebe seiner Eltern spürt. Und sie hatte ihren Gleiter zu Corellos Stützpunkt gesteuert, obwohl sie dessen Lage nur annähernd kannte.
„Er hat mich beeinflußt, ja?"
Balton Wyt nickte.
„Leider befand sich Corello gerade in einer Psycho-Krise, als die Alarmmeldung von Captain Bettron durchkam. Lokoshan mußte das gesamte Spektrum seiner eigenartigen Fähigkeiten aufbieten, um Corellos Psyche wieder zu stabilisieren.
Anschließend peilte Corello Sie an und übernahm Sie mittels Hypnosuggestion."
So viele zusammenhängende Worte hatte Balton Wyt in seinem bisherigen Leben nur selten gesprochen. Doch das fiel Merceile überhaupt nicht auf. Sie spürte, daß Corellos mutierter Geist sie freigab und kämpfte abermals mit der Panik. Wyt stützte sie und führte sie in einen großen Raum mit zahlreichen Schaltungen und Bildschirmen.
Ribald Corello schwebte in seinem Transportroboter vor einem Kontrollpult und wendete, als er Merceiles Eintritt bemerkte. Das Gesicht des Supermutanten war verzerrt und schweißüberströmt.
Seine großen Augen leuchteten.
„Ich bin froh, daß Sie entkommen konnten, Miß Merceile", sagte er. „In der Ovaron-Station scheint die Hölle los zu sein. Nach den Gedankenimpulsen der Überlebenden des Wachkommandos zu schließen, haben die takerischen Pedotransferer bereits den größten Teil der Station besetzt."
Merceile stand vor ihm und ließ die Schultern hängen.
„Ich hätte nicht fliehen dürfen, sondern kämpfen müssen. Oh, ich schäme mich so! Während Ihre Leute starben, bin ich..."
„Nein!" sagte Corello. Er hatte den Stimm-Modulator seines Transportroboters nicht aktiviert, deshalb klang seine Stimme schrill und kindlich. „Sie hätten nichts erreicht, außer selber umzukommen."
Er wendete abermals und streckte einen der Greifarme aus, schaltete am Telekom und sagte: „Ich versuche, eine Verbindung mit Solarmarschall Deighton herzustellen."
Es dauerte nicht einmal drei Sekunden, da flimmerte der große Bildschirm, und Galbraith Deightons Oberkörper bildete sich ab.
Das Gesicht des SolAbChefs war bleich, doch die Züge wirkten beherrscht.
„Ich freue mich, Sie bei Corello zu sehen", sagte Deighton.
„Was wissen Sie über die Vorgänge in Ovarons alter Station?"
Merceile schilderte, was sie über die Monitoren des Dakkarkom-Raumes mitangesehen hatte und schloß: „Das Wachkommando hatte keine Chance. Es wurde von der zahlenmäßigen Überlegenheit der Takerer erdrückt und aufgerieben. Ich nehme an, daß inzwischen niemand vom Wachkommando mehr
Weitere Kostenlose Bücher