0497 - Die Fledermenschen
meines Gnomes Hüter sein?« brummte Cristofero unwirsch. »Woher soll ich’s wissen? Ich gab ihm frei, um mich ungestört dem Genuß Ovidscher Gedichte widmen zu können. Nun, wenn ich’s recht bedenke, Ihr wirkt recht echauffiert. Sollte der nichtsnutzige Tropf etwas angestellt haben?«
»Etwas angestellt?« brüllte Saris und schwang die Flasche. »Meinen ganzen Whisky hat er in Hoig verwandelt!«
»Das ist in der Tat eine üble Sache«, erwiderte Don Cristofero. »Den ganzen Whisky, Sir? Habt Ihr das überprüft?«
»Natürlich haben wir das überprüft«, warf William ein, um das Verfahren abzukürzen. »Dürfen wir nun erfahren, wo…«
»Wer hat denn Ihn gefragt?« unterbrach Cristofero. »Den ganzen Whisky, soso. Das ist wirklich höchst unangenehm. Was gedenkt Ihr nunmehr zu tun, Sir Bryont?«
»Ich drehe dem Vogel den Hals um!« drohte Saris. »Ich schlage ihm diesen verzauberten Honig um die Ohren…«
»Davon ist abzuraten«, sagte Cristofero und schnappte seinem Gastgeber die Flasche aus der Hand. »Zum einen ist mein Diener kein vom Stapel laufendes Schiff, an dem man behufs einer Schiffstaufe Flaschen zerschmettert, und zum anderen eignet sich Honig nicht dazu, Poseidon gnädig zu stimmen; man pflegt einen leichten Wein zu verwenden. Je leichter der Wein, desto leichter wird Poseidon das Schiff versenken, statt es vor einem Sturm zu retten.«
»Es ist mir egal, wem Poseidon gnädig ist, aber es ist mir nicht egal, daß ein Zauberer mal eben so im Vorbeigehen meinen Whisky vernichtet!« tobte Saris.
Gegenüber flog eine Tür auf. Lady Patricia, die sich schon vor über einer Stunde zum Schlafen zurückgezogen hatte, trat hinaus. »Bryont? Was ist denn los? Warum brüllst du denn so?«
Er kam auch auf den Korridor zurück. »Ich brülle doch gar nicht! Aber diesen Zauberer bringe ich um!«
»Er ist unser Gast, Liebling!« erinnerte ihn Patricia und sah unglaublich süß aus, weil sie vergessen hatte, sich den Hausmantel über ihr kurzes Neglige zu ziehen. Wären sie unter sich gewesen, hätte Saris sie noch viel lieber völlig unbekleidet gesehen, denn ihre Schwangerschaft ließ sie ihm noch wunderschöner erscheinen als je zuvor, aber jetzt mußte er ihr sagen: »Das ist er die längste Zeit gewesen, und du solltest dir etwas anziehen, damit der Dicke keine Stielaugen kriegt, wenn er dich so sieht!«
Sie errötete und schaltete in den Rückwärtsgang, konnte sich die Bemerkung aber nicht verkneifen: »Nur Stielaugen ? - Und den Gnom bringst du nicht um, Bryont, oder du erlebst, daß ich auf dem Korridor laut herumbrülle. Weißt du eigentlich, daß dein Sohn und ich unseren Schlaf brauchen?«
***
Hinter ihm tauchte Cristofero in der Tür auf. Saris spielte Sichtdeckung und schob seine Patricia vor sich her ins eheliche Schlafzimmer. Die Tür schloß er mit dem Ellenbogen. Cristofero beruhigen und dessen Tür schließen, das überließ er William. Bryont geleitete seine schöne Frau zum Bett zurück, küßte sie und war schon wieder ganz ruhig, als sie ihm sagte: »Bitte, Bryont, ich möchte jetzt wirklich schlafen! Kannst du dafür sorgen, daß es für den Rest der Nacht ruhig bleibt?«
Prompt war seine Stimmung wieder am Gefrierpunkt angelangt, weil er gerade noch gehofft hatte, mit einer Schmusestunde Patricia wieder zu versöhnen. Aber wenn sie schlafen statt kuscheln -wollte… er war nicht der Mann, der seine geliebte Frau zu etwas zwang, was sie nicht wollte.
Aber er war der Mann, der William beauftragte, den Rolls-Royce startklar zu machen und ihn nach Cluanie Bridge hinunter zu fahren. In Keith Ulluquarts Pub gab es auch Selbstgebrannten Whisky, und wenn Ulluquart seine Schnapsbude schon geschlossen haben sollte, hatte er sie für den Lord eben wieder zu öffnen. Nicht, weil der der Lord war, sondern weil sie dann ein gepflegtes Männergespräch führen und sich gemeinsam besaufen konnten.
***
Derweil war der Gnom mit sich und der Welt nicht ganz unzufrieden.
Er hatte sich in einen der vielen kaum genutzten Räume von Llewellyn-Castle zurückgezogen und wieder einmal ein wenig gezaubert. Bedauerlicherweise war ihm dieser Zauber, wie so oft, ein bißchen ausgerutscht . Er hatte einmal mehr versucht, Gold zu machen. Natürlich nicht wie die anderen Alchimisten mit allerlei Tricks und viel Betrug, sondern mit echter, wirklichen Magie. Dieses wertvolle, goldgelbe Metall sollte am Ende seines Experimentes entstehen. Um eine erfolgreiche Transmutation durchzuführen, brauchte er
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