0497 - Die Fledermenschen

Titel: 0497 - Die Fledermenschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa

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einen Grundstoff, der dem gewünschten Objekt so ähnlich wie möglich war.
    Goldbrauner Whisky war der Grundstoff. Goldgelber Honig war das Ergebnis.
    Also ein Fehlschlag, denn goldgelbes Metall war es nicht geworden. Aber Honig war als Resultat auch nicht zu verachten.
    Der Gnom genoß das süße Zeug, bis ihm schlecht wurde…
    ***
    Halo sah den Schatten am Himmel als erster. Wie der Wind hetzte er über die Felder, vergaß aber nicht, vor der Götterblume kurz zu stoppen, das Zeichen zu machen und um Beistand zu flehen. Dann rannte er weiter. Der Schatten am Himmel war nicht mehr zu sehen, aber er würde mit Sicherheit wiederkehren.
    Es war immer so gewesen, und es würde immer so sein.
    Erst tauchte einer auf. Er zeigte sich ganz offen. Wenig später kamen die anderen in großer Zahl, griffen an und verschleppten und töteten die Somerer. Manchmal wüteten sie auch unter dem Vieh oder vernichteten ganze Felder, um ein Dorf zum Hungertod zu verurteilen. Sie verschleppten die jungen Frauen, und niemand sah sie je wieder.
    Jeder fürchtete die geflügelten Teufel, die den Tod brachten, wenn sie am Himmel erschienen. Aber niemand wagte es, sich gegen sie zu erheben. Es hieß, daß vor tausend Wintern einmal jemand die tapfersten Krieger und Denker von zehn Dörfern um sich geschart hatte. Die Denker entwickelten Waffen, und die Krieger benutzten sie. Es hieß, daß zehntausend Krieger mit Waffen, die Berge schmelzen ließen, nicht einen geflügelten Teufel vom Himmel hatten holen können, aber daß die Teufel die Widerständler bis auf den letzten Mann grausam zu Tode gefoltert hätten.
    Halo hatte diese Geschichte immer für ein Märchen gehalten. Zehn Jahre lang, bis er endlich erwachsen war und an die Oberwelt geschickt werden konnte, um die Felder zu bestellen, wenn er nicht gerade in den Wohnhöhlen für Nachkommenschaft zu sorgen hatte. Da hatte er zum erstenmal die Geflügelten gesehen, und seither neun mal so oft, wie er Finger an den Händen hatte - also 72mal. Und dabei hatte er festgestellt, daß die mörderischen Überfälle der Geflügelten in immer kürzeren Abständen erfolgten.
    Tag und Nacht gab es in den Wohnhöhlen nicht; aber es gab den Reproduktionsrhythmus der Frauen, an denen man die Zeit messen konnte. Wenn sie früher zweimal gebären konnten, ehe wieder ein neuer Angriff der Geflügelten erfolgte, so tauchten die Mörder vom Himmel jetzt schon dreimal in einer Schwangerschaftsphase auf. Jenen, die immer wieder nach draußen geschickt wurden, um auf den Feldern zu arbeiten, fiel es leicht, die Zeitspannen noch enger zu unterteilen; alle zehn Rotsonnenperioden tauchten die Geflügelten mittlerweile auf, und diesmal, stellte Halo erschrocken fest, waren sogar nur neun Rotsonnenperioden seit dem letzten Überfall vergangen.
    »Diese Teufel!« keuchte er. »Diese mörderischen Teufel!« Sie legten es darauf an, die Somerer auszurotten. Die Fortpfanzungsphasen ließen sich nicht mehr weiter verkürzen. Außerdem dauerte es gut zehn Jahre, bis Somerer geschlechtsreif wurden und sich ihrerseits wieder fortpflanzen konnten. Aber immer mehr geschlechtsreite Somerer wurden von den Geflügelten ermordet oder verschleppt. Das Volk schrumpfte. Statistiker hatten bereits ausgerechnet, wann der letzte Somerer sterben würde.
    Die Geflügelten trugen die Schuld! Sie mordeten schneller, als die Somerer für Nachkommenschaft sorgen konnten! Dabei sorgten Genprogramme schon dafür, daß zwanzigmal mehr weibliche als männliche Somerer geboren wurden, und selbst der junge Halo hatte in der Zeit, in der er nicht draußen auf den Feldern arbeiten mußte, kaum noch Zeit für sich selbst, weil er verpflichtet war, für Nachkommen zu sorgen. Die alten Männer klagten schon seit Generationen, daß sie überfordert waren.
    Um Inzucht zu vermeiden, wurden die Genprogramme ständig modifiziert, und alle fünfzehn Jahre fand ein allgemeiner Austausch zwischen den Dörfern unter der Erde und in den Wäldern statt. Dennoch dezimierten die Geflügelten die Somerer immer mehr.
    Niemand wußte, warum sie es taten.
    Und niemand erhob sich gegen sie, weil jeder die Geschichte derer kannte, die vor tausend Jahren versucht hatten, sich gegen die Geflügelten zu wehren.
    Wer kämpfte, verurteilte sein ganzes Dorf zum Untergang, denn dann wurden die Geflügelten nicht so bald wieder abziehen, sondern bleiben, bis sie auch den Letzten gemordet hatten. Wer nicht kämpfte, sondern floh und sich versteckte, hatte wenigstens die Chance,