05 - Der Schatz im Silbersee
konnten. Das kleinste brannte in dem innersten Winkel der Ecke, sehr nahe bei den Bäumen, und dorthin waren die Schritte des Häuptlings gerichtet. Er blieb einmal für einige Augenblicke stehen und raunte den drei Weißen zu: „Jetzt sitzen mehrere Bleichgesichter an diesem Feuer. Vorhin saß niemand dort. Der Mann mit dem roten Haar ist dabei. Diese Leute scheinen die Anführer, die Häuptlinge zu sein. Seht ihr wenige Schritte davon meine Osagen an den Bäumen?“
„Ja“, antwortete der Buckelige. „Die Rede, welche der Rote gehalten hat, ist zu Ende und nun sitzen die Kerls abgesondert von den übrigen, jedenfalls um Rat zu halten. Es kann sehr wichtig sein, zu erfahren, was sie vorhaben. So viele Tramps sind nicht wegen einer Kleinigkeit hier versammelt. Glücklicherweise stehen einige Büsche unter den Bäumen. Ich werde einmal hinkriechen, um zu hören, wovon gesprochen wird.“
„Mein Bruder mag es lieber nicht tun“, warnte der Häuptling.
„Warum? Glaubst du, daß ich mich erwischen lasse?“
„Nein. Ich weiß, daß mein Bruder das Anschleichen versteht; aber er könnte doch gesehen werden.“
„Gesehen, doch nicht erwischt!“
„Ja, mein Bruder hat leichte Füße und würde schnell entkommen, doch würde es uns dann unmöglich sein, die Osagen zu befreien.“
„Nein. Wir würden in einigen Augenblicken ihre Wächter niedergemacht und ihre Banden zerschnitten haben; dann schnell fort durch den Wald und zu den Pferden. Möchte den Tramp sehen, welcher das verhindern wollte! Also ich schleiche mich hin. Werde ich bemerkt, so springt Ihr zu den Gefangenen. Geschehen kann uns nichts. Hier ist mein Gewehr, Uncle.“
Er gab, um von derselben nicht gehindert zu sein, seinem Gefährten die Büchse, legte sich auf die Erde nieder und kroch dem Feuer zu. Seine Aufgabe war viel leichter zu lösen, als er geglaubt hatte. Die Tramps sprachen so laut, daß er fast auf halbem Weg liegen bleiben und doch jedes Wort hören konnte.
Wenn der Häuptling der Ansicht gewesen war, daß die vier an diesem Feuer sitzenden Männer die hervorragenden Tramps, die Anführer seien, so hatte er sich nicht geirrt. Der eine von ihnen, der mit dem roten Kopf, war der Cornel Brinkley, welcher sich mit seinen wenigen, den Rafters entkommenen Begleitern heute gegen Abend hier eingestellt hatte. Er war soeben am Sprechen, und der Humply-Bill hörte ihn sagen: „Ich kann euch also einen großen Erfolg versprechen, denn dort ist die Hauptkasse. Ihr seid also einverstanden?“
„Ja, ja, ja“, antworteten die drei andern.
„Und wie ist's mit Butlers Farm? Wollt ihr sie auch mitnehmen? Oder soll ich das auf eigene Faust ausführen und ein halbes Schock eurer Leute dazu werben?“
„Wir machen natürlich mit!“ erklärte einer. „Sehe nicht ein, warum wir das Geld dir in die Tasche fallen lassen sollen! Es fragt sich nur, ob es schon da ist.“
„Noch nicht. Die Rafters haben nicht sofort Pferde gehabt, während ich gleich am nächsten Morgen einige gute Klepper fand. Sie können also noch nicht auf der Farm sein. Aber Butler ist auch ohnedies reich genug. Wir überfallen die Farm, rauben sie aus und erwarten dann ganz ruhig die Ankunft der Rafters und der Halunken, von denen sie befehligt werden.“
„Weißt du denn genau, daß sie dorthin kommen werden?“
„Ganz genau. Dieser Old Firehand muß hin, eines Ingenieurs wegen, welcher sich jedenfalls schon jetzt dort befindet.“
„Welches Ingenieurs? Was ist mit ihm?“
„Nichts. Das ist eine Geschichte, welche euch ganz gleichgültig sein kann. Vielleicht erzähle ich sie euch ein andres Mal. Vielleicht engagiere ich euch noch zu einem ganz andern Coup, bei welchem das Geld in Masse zu verdienen ist.“
„Du sprichst in Rätseln! Aufrichtig gestanden, möchte ich mit diesem Old Firehand lieber nichts zu tun haben. Ich hörte oft von ihm erzählen.“
„Hast du Angst?“ höhnte der Rote.
„Angst nicht, aber eine sehr triftige Abneigung gegen diese Art von Menschen.“
„Unsinn! Was sollte er uns anhaben können? Denke doch, daß wir vierhundert Kerls beisammen haben, welche es mit dem Teufel aufnehmen würden!“
„Sollten die alle mit nach Butlers Farm?“
„Natürlich! Der Weg dorthin geht ja in unsrer Richtung. Wollen wir etwa wieder nach hier zurück?“
„Nein, das ist richtig. Und wann brechen wir auf?“
„Morgen nachmittag, so daß wir die Farm am Abend erreichen. Sie ist groß und wird ein hübsches Feuer geben, an welchem wir uns
Weitere Kostenlose Bücher