05 - Der Schatz im Silbersee
begegnen.“
„Wir sind auch Jäger. Seid Ihr ein ehrlicher Kerl, so laßt Euch sehen!“
Die fünf Tramps hatten ihre Gewehre zur Hand genommen; sie sahen keineswegs friedlich aus, dennoch antwortete der Kleine: „Ich bin ein ehrlicher Mann und kann mich wohl sehen lassen. Da habt ihr mich!“
Er sprang auf, so daß sie seine ganze Gestalt sehen konnten, hielt aber sein Auge so scharf auf sie gerichtet, daß ihm nicht die geringste ihrer Bewegungen entgehen konnte.
„Zounds!“ rief einer von ihnen. „Irre ich mich nicht, so ist das der Humply-Bill!“
„So werde ich allerdings genannt.“
„Dann ist auch der Gunstick-Uncle in der Nähe; denn diese beiden trennen sich nie!“
„Kennt Ihr uns denn?“
„Will's meinen; habe von früher her ein Wort mit Euch zu reden!“
„Ich kenne Euch aber nicht!“
„Möglich, denn Ihr habt mich bloß von weitem gesehen. Boys, dieser Kerl ist uns im Wege; ich glaube gar, er hat mit dem Roten gemeinschaftliche Sache gemacht. Holen wir ihn von da oben herunter!“
Er zielte auf den Kleinen und drückte ab. Bill sank blitzschnell, wie von der Kugel getroffen, in das Gras nieder.
„Heigh-day, das war fein gezielt!“ rief der Mann. „Nun ist nur noch der Gun –“
Er konnte den Satz nicht vollenden. Bill hatte sich freiwillig niedergeworfen, um nicht getroffen zu werden; jetzt blitzte es rasch hintereinander aus seinen beiden Läufen auf, und keine Sekunde später krachten auch die Gewehre der drei andern. Die fünf Tramps stürzten von ihren Pferden, und die vier Sieger kamen von den Hügeln in das Tal herab, um die fünf Pferde an der Flucht zu hindern. Die Tramps wurden untersucht.
„Nicht schlecht gemacht“, meinte Bill. „Kein einziger Fehlschuß. Der Tod ist augenblicklich eingetreten.“
Der Osagenhäuptling betrachtete die beiden Männer, nach deren Stirnen er gezielt hatte. Er sah die kleinen Kugellöcher hart über den Nasenwurzeln und wendete sich an den Lord: „Das Gewehr meines Bruder ist von sehr kleinem Kaliber, aber es ist eine ausgezeichnete Gun, auf welche man sich verlassen kann.“
„Will es meinen“, nickte der Englishman. „Habe beide Gewehre extra für die Prärie bestellt.“
„Mein Bruder mag mir dieses hier verkaufen. Ich gebe ihm hundert Biberfelle dafür.“
„Es ist mir nicht feil.“
„So gebe ich ihm hundertfünfzig!“
„Auch dann nicht!“
„Auch nicht für zweihundert?“
„Nein, und wenn diese Biberfelle zehnmal so groß wie Elefantenhäute wären.“
„So biete ich ihm den höchsten Preis, den es geben kann; ich tausche diese Gun gegen das beste Reitpferd der Osagen ein!“
Es war seinem Gesicht anzusehen, daß er glaubte, ein noch nie dagewesenes Gebot gemacht zu haben, doch der Lord schüttelte den Kopf und antwortete: „Lord Castlepool tauscht und verkauft nie. Was wollte ich mit dem Pferd tun, da das meinige wenigstens ebenso vortrefflich ist wie dasjenige, von welchem du sprichst.“
„Kein Pferd der Savanne kommt über das meinige. Aber da ich meinen weißen Bruder nicht zwingen kann, mir sein Gewehr zu verkaufen, so werde ich es ihm hiermit zurückgeben. Diese Toten haben mehr Waffen bei sich, als ich für mich bedarf.“
Er gab das Gewehr zurück, machte aber dabei ein Gesicht, in welchem das größte Bedauern zu lesen war. Den Toten wurden alle nützlichen Gegenstände abgenommen. Als man ihre Taschen nach solchen durchsuchte, meinte Bill: „Der Kerl hat mich gekannt; ich aber kann mich nicht erinnern, ihn jemals gesehen zu haben. Mag sein! Aus seinen Worten ging hervor, daß ich von ihm und also auch von den andern nichts Gutes zu erwarten hatte. Darum wollen wir uns ja nicht über den Tod dieser Menschen grämen. Wer weiß, wie viele Schandtaten wir dadurch, daß sie unsre Kugeln bekamen, verhütet haben. Nun kann sich auch der Häuptling beritten machen, und es bleiben noch vier ledige Pferde übrig, gerade ausreichend für die Osagen, welche wir herausholen wollen.“
„Nun reiten wir sofort zu den Tramps?“ fragte der Engländer.
„Natürlich! Ich kenne diese Gegend und weiß, daß wir nicht vor Abend an dem Osagenook ankommen können, da wir nicht die gerade Richtung einschlagen dürfen, sondern einen Bogen schlagen müssen, um den Wald hinter ihnen zu erreichen.“
„Und diese Leichen?“
„Lassen wir einfach liegen. Oder habt Ihr vielleicht Lust, diesen Halunken ein Erbbegräbnis, ein Mausoleum bauen zu lassen? Mögen sie in den Magen der Geier und Coyoten begraben
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