150 - Larry Brents Totentanz
»Das ist nett von Ihnen, Herr Doktor, daß ich noch kommen darf .« Der Mann, der das sagte, war Ende Dreißig, sportlich,
dunkelhaarig und trug ein gepflegtes Lippenbärtchen.
Der Arzt lächelte jovial und reichte dem Patienten die Hand. »Ich
weiß doch, was ich einem so treuen Menschen schuldig bin. - Ihre Stimme hört
sich wirklich recht eigenartig an. Wie lange haben Sie das schon, Mister
Lansing ?«
Fred Lansing räusperte sich. »Seit drei Wochen etwa. Ich habe das Gefühl,
daß ich langsam die Stimme verliere, Doc. Es kratzt und beißt. Ich habe
gegurgelt und mengenweise Tabletten geschluckt. Das alles half nur kurze Zeit,
dann setzten die Schmerzen wieder ein .«
»Das kriegen wir hin. Ich habe da was für Sie .« Mit diesen Worten öffnete der Arzt, dessen Praxis bereits geschlossen war, den
Glasschrank mit den dunkelbraun getönten Scheiben und nahm eine kleine Flasche
heraus, die ebenfalls dunkelbraun war. »Das ist ein gutes Mittel. Zehn Tropfen
davon und Sie werden nichts mehr spüren .«
Er träufelte die gelbliche Flüssigkeit auf einen Zucker-Würfel und
reichte den Löffel dem Patienten. Der musterte ihn zweifelnd. »Zehn Tropfen -
und die sollen mir helfen? Wenn Sie wüßten, was für Mittel ich schon probiert
habe. Nichts hat geholfen !«
»Diese Tropfen wirken garantiert - und sofort. Ihre Halsschmerzen,
Mister Lansing, sind sofort wie weggeblasen .«
Der Patient steckte den Löffel in den Mund, kaute den Zucker und
schluckte.
Er wollte noch etwas sagen. Das konnte er aber nicht mehr. Er
röchelte nur, griff an seinen Hals und fiel um. Es polterte dumpf, als er zu
Boden stürzte.
Der Mann in dem weißen Arztkittel ging neben seinem Patienten in
die Hocke und drehte ihn langsam auf die Seite.
Lansings Augen waren weit aufgerissen, die Iris ins Unendliche
erweitert.
Fred Lansing atmete nicht mehr. Er war tot.
»Ich habe Ihnen doch gesagt, Mister Lansing, daß Sie nach zehn
Tropfen keine Halsschmerzen mehr haben! Ich habe Wort gehalten ...«
●
Der Arzt atmete tief durch, griff mit der rechten Hand in sein
Gesicht, zupfte leicht an der Stirn - und die Haut löste sich leise knisternd,
als würde sie der Mediziner zusammenknüllen.
Er löste sein Gesicht ab wie eine Maske!
Und es war eine Maske. Aus richtigem Fleisch, eine Maske, die
durchblutet war. Das freundliche Gesicht des Arztes mit der edel geformten
Nase, den sympathischen Zügen und den blauen Augen wich einem bleichen,
verhärmten Antlitz mit schmalen, zusammengekniffenen Lippen, dunklen, tiefliegenden
Augen, in denen alle Feuer der Hölle zu lodern schienen.
Es war das Gesicht - von Dr. Satanas, dem Menschenfeind und
skrupellosen Mörder.
Achtlos knüllte er sein falsches Gesicht zusammen und ließ es
einfach neben den Toten fallen.
»Auch PSA-Agenten sind sterblich«, sagte er mit unangenehm rauher,
gefährlich klingender Stimme. »Du bist der Beweis, Fred Lansing alias X-RAY-10!
Ich habe dir gezeigt, daß auch ein PSA-Agent nicht alles durchschauen kann. Du
hattest wirklich geglaubt, deinen Hausarzt, Dr. Morris, vor dir zu haben! Den
armen Dr. Morris gibt es aber auch schon seit heute nachmittag nicht mehr.
Seine sterblichen Überreste schwimmen bereits in der Kanalisation. Ein kleines
Säurebad in seiner luxuriösen Schwimmhalle hat er nicht vertragen .«
Satanas lachte hart, erhob sich, streifte den Kittel ab und
breitete ihn über der Leiche des PSA-Agenten Lansing aus.
»Ich habe viel über euch gelernt«, murmelte er, »während ihr alle
geglaubt habt, mich zu studieren! Ihr habt euch vorgenommen, mich zu vernichten.
Ich werde euch zuvorkommen! Du warst der erste, Fred Lansing. Eine Art
Versuchskaninchen. Blind bist du in die Falle gelaufen. Ich habe nicht nur über
euch, sondern auch über mich und meine Fähigkeiten viel dazu gelernt. Ich habe
mehr Kraft, mehr Macht als je zuvor. Ihr werdet einen Dr. Satanas kennenlernen,
wie ihr ihn noch nie erlebt habt !« Triumph klang in
seiner Stimme. »Fred Lansing war mein erster Streich. Du solltest froh sein,
auf diese Weise den Tod gefunden zu haben. Für die anderen wird es schlimmer.
Morna Ulbrandson alias X-GIRL-C, Iwan Kunaritschew alias X-RAY-7, werden einen
schrecklichen Tod sterben. Dr. Satanas hat euren und den Tod von X-RAY-1 beschlossen!
Diesmal wird keiner entrinnen! X-RAY-1 ist der nächste !«
●
Ein Mann saß am Schreibtisch, trug einen rosenholzfarbenen Anzug
und eine dunkle Brille. Der Mann hatte dichtes, graues Haar, das er
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