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05 - Der Schatz im Silbersee

05 - Der Schatz im Silbersee

Titel: 05 - Der Schatz im Silbersee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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tief?“
    „Mannestief. Das Wasser reicht einem fast bis an die Brust.“
    „Und seine Mündung in den Fluß ist offen?“
    „O nein. Der Feind darf sie nicht bemerken; darum ist die betreffende Stelle des Ufers dicht mit Büschen und Schlinggewächsen bepflanzt worden.“
    Es war keine eigentlich klar bewußte Absicht, welche Droll veranlaßte, sich so genau nach dem Kanal zu erkundigen, aber später kam ihm diese Kenntnis außerordentlich zustatten.
    Die Dame des Hauses war noch nicht zu sprechen; sie hatte mit Old Firehand die ganze Nacht in Sorgen durchwacht, und sich erst mit Tagesanbruch in ihr Gemach zurückgezogen; dennoch hatten die Gäste über keine Vernachlässigung zu klagen, da für Erfüllung aller ihrer Wünsche gesorgt worden war. Die Tafeln, Tische, Stühle und Bänke, an denen gestern abend gegessen worden war, wurden in den Hof geschafft, damit das Frühstück im Freien eingenommen werden könne. Dann wurden alle im Haus vorhandenen Waffen und Munitionsvorräte zusammengebracht, um auf ihre Brauchbarkeit untersucht zu werden.
    Später saß Old Firehand mit Frau Butler auf der Plattform des Hauses und schaute sehnsüchtig nach Süden aus, woher die erwarteten Indianer kommen mußten. Endlich, der Mittag war bereits vorüber, näherte sich eine lange, lange Reihe roter, im Gänsemarsch hintereinander herschreitender Gestalten; es waren die Erwarteten, und die ‚Große Sonne‘ befand sich zu Pferd an ihrer Spitze.
    Als sie durch das Tor einzogen, zählte Old Firehand über zweihundert Mann. Leider waren nur wenige von ihnen wirklich gut bewaffnet. Die meisten von ihnen besaßen keine Pferde, und diejenigen, welche sich im Besitz solcher befanden, hatten sich geweigert, dieselben mitzunehmen; sie wollten lieber sich als ihre Pferde verwunden oder gar erschießen lassen. Übrigens waren zur Verteidigung dieses festen Platzes gar keine Reiter nötig.
    Old Firehand teilte diese einst so stolzen und jetzt herabgekommenen Roten in zwei Trupps; der erste sollte auf der Farm bleiben, und der zweite sich unter der Anführung des Osagenhäuptlings an der Grenze gegen den Nachbar aufstellen, auf dessen Weiden sich die fortgetriebenen Herden befanden. Diese Leute hatten die Aufgabe, einen etwaigen Versuch der Tramps, dort einzufallen, zurückzuweisen. Um sie zur Aufmerksamkeit und Tapferkeit anzuspornen, wurde für jeden getöteten Tramp ein Preis ausgesetzt, dann zog der Häuptling mit dieser seiner Abteilung ab.
    Innerhalb der Mauer der Farm befanden sich nun einige über hundert Indianer, zwanzig Rafters und die sonst mit Namen genannten Jäger. Der großen Zahl der Tramps gegenüber war das gewiß nicht viel; aber ein Jäger oder Rafter wog gewiß mehrere Tramps auf und der Schutz, welcher Mauer und Haus gewährten, war gewiß auch nicht gering anzuschlagen. Besondere Befehle konnten jetzt noch nicht erteilt werden, da man noch nicht wußte, in welcher Weise die Tramps ihren Angriff ausführen würden.
    Nun konnte man nichts weiter tun, als die Ankunft derselben ruhig abwarten. Ein großes Glück war es zu nennen, daß Mistreß Butler der Gefahr mit ziemlicher Ruhe entgegenblickte. Es fiel ihr nicht ein, ihre Leute durch Wehklagen zu verwirren; vielmehr ließ sie dieselben zu sich kommen und verhieß ihnen für ein treues und mutiges Verhalten eine entsprechende Belohnung. Da waren auch gegen zwanzig Knechte, welche ihre Waffen zu gebrauchen verstanden und auf die Old Firehand sicher rechnen konnte.
    Als alle Vorbereitungen getroffen waren, saß Old Firehand mit der Dame und dem Engländer wieder oben. Er hatte das Riesenfernrohr, des letzteren in der Hand und sucht fleißig denjenigen Teil des Horizontes ab, an welchem die Tramps erscheinen mußten. Nach lange vergeblich angestrengter Aufmerksamkeit entdeckte er endlich an einer Stelle, welche mit dem unbewaffneten Auge unmöglich erreicht werden konnte, eine Menge Menschen und Pferde. Das waren gewiß die Tramps. Bald sonderten sich von ihnen drei Gestalten ab, welche sich in der Richtung der Farm weiterbewegten, nicht zu Pferd, sondern zu Fuß.
    „Ah, man schickt Kundschafter voraus!“ sagte Old Firehand. „Vielleicht sind sie gar so frech, Einlaß zu begehren.“
    „Das wäre eine Kühnheit, die ich diesen Menschen nicht zutraue“, bemerkte der Lord.
    „Warum nicht? Man schickt drei Kerls, welche hier niemand kennt; sie kommen unter irgendeinem Vorwand herein; wer kann ihnen da etwas anhaben? Gehen wir hinab in den oberen Stock, damit sie uns

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