05 - komplett
wenn ich auf Urlaub in England war.“
„Inzwischen sind Sie nicht mehr bei der Armee. Was werden Sie tun?“
„Mein Vater starb vor nicht allzu langer Zeit und hinterließ mir Henchard, ein Gut in Staffordshire. Dort gibt es ein schönes kleines Herrenhaus, und die Ländereien könnten sehr einträglich sein, denke ich. Sagte ich Ihnen nicht, dass ich Gutsherr zu werden gedenke?“
Sie lächelte. „Doch, ich erinnere mich, aber irgendwie kann ich Sie mir in dieser Rolle nicht vorstellen.“
„Ach? Und in welcher Rolle dann?“
Sie überlegte kurz. „In der des Abenteurers.“
Jack lachte. Eloise liebte sein Lachen – tief und herzhaft und so verführerisch, dass es gefährlich für sie sein könnte. So wie der Mann selbst.
„Von Abenteuern habe ich mehr als genug. Es wird Zeit, mich niederzulassen und eine Familie zu gründen.“
Sie nickte. Er war ein wohlhabender Mann, da war es nur vernünftig, an eine eigene Familie zu denken. Doch die Vorstellung, Jack könnte sich eine Frau nehmen und Kinder mit ihr haben, tat so weh, dass sie einen Moment nicht sprechen konnte.
Er blieb stehen. „Stimmt etwas nicht? Ist Ihnen nicht wohl? Wollen Sie wieder hinein?“
„N...nein. Lassen Sie uns weitergehen, bitte. Das Mondlicht verleiht dem Garten eine ganz besondere Schönheit.“
„Wie Sie wollen, aber ich kann nicht zulassen, dass Sie sich verkühlen.“
„Aber nein. In dieser lauen Sommernacht?“
Dennoch schlüpfte er aus seinem Frackrock und legte ihn ihr um, wobei er die Hände kurz auf ihren Schultern ruhen ließ. Bei dieser so persönlichen, so intimen Geste hielt Eloise unwillkürlich den Atem an. Die freundschaftliche Atmosphäre von eben war plötzlich erfüllt von erwartungsvoller Spannung. Als Jack zurücktrat, um sie vorbeizulassen, war ihre Enttäuschung groß. Verstohlen sah sie ihn an. Eine perfekt sitzende Weste betonte die Breite seiner Brust und der Schultern. Eloise konnte es nicht verhindern, dass ihr Blick tiefer ging zu seinen schmalen Hüften und den muskulösen Schenkeln, die sich deutlich unter dem feinen Tuch seiner Hose abzeichneten. Sie musste schlucken und blickte hastig wieder in sein Gesicht, doch der Anblick seiner markanten Züge und des rabenschwarzen Haars ließ ihr Herz nicht weniger schnell klopfen.
Ihr wurde plötzlich ganz heiß. Verlegen bemerkte sie den amüsierten Ausdruck in seinen Augen. Und sie hatte ihn für einen Abenteurer gehalten? Er war sehr viel gefährlicher als das! Schnell wandte sie den Blick ab und eilte beinahe fluchtartig weiter.
„Wir sollten nicht zu lange verweilen, Sir, sonst sind Sie es, der sich verkühlen wird.
Dort drüben sehe ich eine Brüstung. Ist der Garten hier zu Ende?“
„Ja. Aber von dort hat man eine wundervolle Aussicht auf den Park.“
Sie gingen eine Weile schweigend weiter, dann bemerkte er gelassen: „Wie ich höre, wird Mortimer morgen zu uns stoßen. Renwick sagte mir, Sie hätten ausdrücklich darauf bestanden, dass er eingeladen wird.“
„Ja. Ich hatte das Gefühl, einen guten Freund nötig zu haben.“
Er sagte nichts dazu.
Bald hatten sie die Brüstung erreicht. Voller Bewunderung betrachtete Eloise die Landschaft, die sich im Mondlicht wie ein Märchenland vor ihnen ausbreitete. „Wie wunderschön“, flüsterte sie. „Was ist das für ein Gebäude dort drüben?“
„Das ist der Tempel der Diana. Die Familie hielt früher Gesellschaften dort ab. Jetzt benutzen ihn fast nur die Damen des Hauses, wenn sie die Landschaft zeichnen möchten. Möchten Sie vielleicht, dass wir bis dahin gehen?“
Die Versuchung, die gemeinsame Zeit noch zu verlängern, war groß, aber Eloise wusste, dass sie das Schicksal herausfordern würde. Sie schüttelte den Kopf. „Danke, heute nicht. Es ist besser, wir kehren um.“
Ohne ein Wort des Einspruchs folgte Jack ihr den Weg zurück. Eloise spottete insgeheim über sich. Jeder andere Gentleman hätte die Gelegenheit zum Flirt ergriffen, doch der aufregendste Mann, dem sie je begegnet war, ging mit ihr im Mondschein spazieren und verhielt sich mit äußerster Korrektheit. Sie war hin- und hergerissen zwischen Erleichterung und tiefer Enttäuschung.
Wenig später betraten sie das Haus, ohne dass jemand sie sah. Eloise gab ihm seine Jacke zurück. „Sie werden sie brauchen, bevor Sie wieder zu den anderen stoßen, Major.“
Sie half ihm hinein, wobei sie sich einzureden versuchte, es sei nur höflich, den Stoff über seinen Schultern glatt zu streichen und hier und
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