05 - komplett
verbringen muss, dachte Beatrice unbehaglich.
Ihre Handflächen waren schwitzig, als sie sich umwandte, um sich von ihrem Vater zu verabschieden.
„Ich habe so eine Ahnung, Bea, dass alles gut werden wird“, sagte er und drückte ihre Hand.
Sie nickte geistesabwesend, ihr war gar nicht wohl.
„Wir kommen bald zu Besuch“, versprach Lady Pelham. „Seit unserem letzten Aufenthalt in Pelham House sind Ewigkeiten vergangen. Ich bin froh, dass ihr dort leben werdet.“
Beatrice lächelte höflich, obwohl sie nicht die leiseste Ahnung hatte, wie lange sie in Kent bleiben würden. Darüber hatten sie noch nicht gesprochen.
Nachdem sie sich von allen verabschiedet hatten, legte Charles ihr den Arm um die Taille und half ihr in die Kutsche. Ein Chor aus fröhlichen Auf-Wiedersehen-Rufen begleitete ihre Abfahrt.
Die erste Stunde verbrachten sie einander gegenübersitzend in völligem Schweigen.
Charles schien ganz in seine Gedanken versunken. Mit gelegentlichen Seitenblicken versuchte sie, herauszufinden, was in ihm vorging.
„Charles“, sagte sie schließlich, unfähig die Stille noch länger zu ertragen.
Stumm sah er auf.
„Ich weiß nicht, was mich erwarten wird.“
Er richtete sich auf. „Was meinst du?“
„Ich weiß nichts über dein Haus. Wie sieht es aus?“
Seit Jahren war er nicht mehr in Pelham House gewesen; der Aufenthalt dort weckte zu viele schmerzliche Erinnerungen. „Ich war lange nicht mehr dort. Ich ziehe das Stadtleben vor.“
„Oh“, sagte Beatrice, bemüht, sich die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen, denn sie bevorzugte das Landleben. „Dennoch wirst du dich gewiss an das Haus erinnern und es mir beschreiben können.“
Er erinnerte sich sogar zu gut daran. „Es ist in der Nähe von Dover gelegen, nur wenige Meilen von der Küste entfernt. In meiner Kindheit sind wir oft zu den Klippen gewandert, um dort ein Picknick zu veranstalten.“
„Ach ja?“, fragte sie und versuchte, sich ihn als Jungen vorzustellen. Es gelang ihr nicht. „Ich war noch nie in Kent, aber es soll wunderschön sein, wie ich höre.“
Charles zuckte die Schultern. „Das Haus wurde im späten sechzehnten Jahrhundert erbaut, und ich fürchte, es werden einige Renovierungen vonnöten sein. Die Familie residiert seit Jahren nicht mehr dort.“
„Ich verstehe.“
Nach einigen Minuten unbehaglichen Schweigens fragte er: „Ist das alles, was du wissen wolltest?“
Beatrice biss sich auf die Unterlippe und schüttelte leicht den Kopf.
„Komm rüber zu mir“, sagte Charles.
Ohne ihn anzusehen, setzte sie sich zu ihm. Plötzlich fühlte sie sich sehr schüchtern.
Er legte den Arm um sie und zog sie an sich. Bald darauf fühlte sie sich entspannt genug, um den Kopf an seine Schulter zu schmiegen.
Aufseufzend lehnte sich Charles zurück. Er ahnte, woran sie dachte – an dasselbe wie er. Er küsste sie sanft auf die Stirn und strich ihr übers Haar.
Beatrice schaute auf. „Charles?“
„Ja?“
Sie wünschte sich, dass er sie noch einmal küsste, diesmal auf den Mund. Da sie indes nicht den Mut aufbrachte, ihn darum zu bitten, schloss sie einfach die Augen, beugte sich vor und küsste ihn. Kurz nur, aber sie tat es.
Als sie sich wieder von ihm löste, sah sie, dass er sie neugierig anblickte. Ihre Wangen glühten, und sie wandte rasch den Blick ab, beschämt ob ihrer Kühnheit.
„Es tut mir leid“, murmelte sie.
„Schau mich an, Beatrice.“
Langsam hob sie den Blick. Er schien nicht wütend, nicht einmal schockiert.
„Du musst dich nicht entschuldigen“, sagte er. In seinen Augen erschien ein verwegenes Funkeln. „Vielleicht möchtest du es noch einmal tun?“
Als Beatrice sich nicht rührte, fuhr er fort: „Oder möchtest du, dass ich dich küsse?“
Konnte sie noch mehr erröten? Ihr Gesicht stand in Flammen. „Nein, wenn du nichts dagegen hast, würde ich es gerne noch einmal versuchen.“
Er nickte, gab sich Mühe, gelassen zu wirken, während das Blut heiß durch seine Adern pulsierte.
Sie beugte sich unbeholfen vor, hielt dann inne und überlegte, wie sie diese für sie neue Situation am Besten meisterte.
Charles räusperte sich. „Vielleicht solltest du ein wenig näher rücken – etwa so.“
Er zog sie auf seinen Schoß.
Beatrice richtete sich auf. Sie saß seitlich, was es einfach machte, wenn er sie küssen wollte. Da sie aber ihn küssen wollte ... Sie erhob sich und kniete sich auf die Sitzbank, sodass sie rittlings über ihm saß.
Charles sog scharf
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