05 - Spiel der Intrigen
einem
Sessel in seinem Schlafzimmer eingeschlafen war.
Traurig schlich sie in den vorderen
Salon zurück. Dann musste sie sich wohl allein mit diesen schrecklichen Dienern
auseinandersetzen.
Emily war zwanzig Jahre alt, und die
hochmütige Art, die sie in letzter Zeit angenommen hatte, ließ sie oft älter
wirken, aber als sie sich in einen Sessel neben dem Kamin fallen ließ und in
Tränen ausbrach, sah sie einem Kind nicht unähnlich.
Joseph öffnete die Tür zum Salon mit
Schaufel und Besen, um das wüste Durcheinander zu beseitigen, sah die weinende
Emily, machte verdutzt einen Schritt zurück und stieß mit Rainbird zusammen. Er
flüsterte dem Butler zu, dass das Fräulein Kummer habe. In diesem Augenblick
gesellte sich Mrs. Middleton zu ihnen, die wie ein nervöses Kaninchen zuckte und
die Haushaltsbücher fest an die Brust gedrückt hielt. Zusammen lugten sie
durch die offene Salontür zu der unglücklich schluchzenden Emily hinüber,
schlossen dann die Türe leise und blieben miteinander in der Halle stehen.
»Armes Kind«, flüsterte
Mrs. Middleton.
»Es geht mir zu Herzen, wenn ich sie
so sehe«, murmelte Rainbird. »Ich lasse ihr noch ein paar Minuten Zeit, damit
sie ihre Fassung wiedergewinnt, und dann gehe ich hinein und entschuldige mich.
«
Schließlich trocknete Emily ihre
Tränen und griff nach der Klingelschnur, um Rainbird zu rufen, als der
zerknirschte Butler auch schon vor ihr erschien. Er entschuldigte sich für all
das Missgeschick und für sein Benehmen, und obwohl er keine Erklärung dafür
abgab, war Emily erleichtert und gleichzeitig gerührt.
Während Rainbird sich entschuldigte,
räumten Jenny und Joseph auf, Alice brachte Vasen voller Blumen herein, die sie
gekauft hatten, falls nach der wilden Flucht der Goodenoughs ein neuer Mieter
kommen sollte, Joseph legte Holz nach, und Angus erschien in eigener Person mit
Tee und Biskuits.
Dank dieser vereinten freundlichen
Zuwendung erholte sich Emily erstaunlich rasch.
Als Mrs. Middleton mit den
Haushaltsbüchern hereinkam, stellte Emily fest, dass sie es geradezu genoss,
über Haushaltsangelegenheiten zu sprechen. Sie fragte, wie viel sie alle verdienten,
und staunte laut über die geringen Löhne. Rainbird murmelte ohne viel
Hoffnung—denn er fürchtete immer noch, dass sich Miss Goodenough als knauserig
erweisen würde —, dass es die früheren Mieter für angemessen gehalten hätten,
ihre Löhne während der Saison zu erhöhen, und zu seiner Überraschung war Emily
sofort dazu bereit.
Auch der Haushaltsplan, den sie
aufstellte, war ungewöhnlich großzügig.
Emily versuchte, sich gegenüber
diesen merkwürdigen Dienern zurückhaltend zu geben, da sie fürchtete, sie
könnten zu vertraulich werden, wenn sie allzu freundlich war, aber sie ertappte
sich schon nach kurzer Zeit dabei, dass sie leichthin mit Mrs. Middleton und
Rainbird über ihre Absicht plauderte, Einladungskarten für eine
Abendgesellschaft zu verschicken, um den Boden für ihr bevorstehendes Debüt
vorzubereiten.
Mr. Goodenough wachte erst zum
Dinner auf und hatte keine Ahnung von den Schlachten, die geschlagen und gewonnen
worden waren, während er schlief. Er war entzückt, als er erfuhr, wie
freundlich, hilfsbereit und tüchtig die Diener waren, und sah allmählich
zuversichtlicher aus als je zuvor, seit er seine Erbschaft gemacht hatte, zumal
das gute Essen und der ausgezeichnete Wein seine Stimmung hoben. Emily brachte
es deshalb nicht übers Herz, ihm zu erzählen, wie der katastrophale Besuch des
Earl of Fleetwood geendet hatte. Sie wusste, dass er wieder zu Tode erschrecken
würde, wenn er erfuhr, dass sie vergessen hatte, sich wie eine Lady
auszudrücken. Es war so wunderbar zu erleben, dass ihr Wohltäter glücklich und
entspannt aussah. Schließlich setzte er sich den Strapazen einer Saison in
London nur ihr zuliebe aus.
Unten in den Wirtschaftsräumen
ließen sich die Diener spät am Abend genauso entspannt und glücklich wie Mr.
Goodenough zu ihrem Abendessen nieder.
»Ein angenehmes, ruhiges, feines
Paar«, sagte Mrs. Middleton. »Oh, Mr. Rainbird, es sieht so aus, als hätten
wir eine erfreuliche Saison.«
»Darauf trinken wir!« sagte Rainbird
und hob sein Glas. »Was für eine riesige Ratte, Angus! Wie hast du sie bloß so
schnell aufgetrieben?«
»Ich habe sie mir schon vorher vom
Rattenfänger geben lassen«, sagte der Koch. »Ursprünglich hatte ich nämlich
vor, sie in Miss Goodenoughs Bett zu legen. Bloß gut, dass ich es nicht
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