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050 - Die Blutsauger

050 - Die Blutsauger

Titel: 050 - Die Blutsauger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Barton
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mit jeder Meile, die er fuhr, gewachsen, und als er nun vor das Portal der mittelalterlichen Kirche fuhr, fühlte er Angst und Widerstreben in einem Ausmaß, daß es beinahe an körperliches Übelsein grenzte. Als er aus dem Wagen stieg, zitterten seine Knie.
    Der Vikar wartete vor dem Haupttor und kam ihm entgegen, die Hand ausgestreckt.
    »Mein lieber Mr. Thompson! Nun sind Sie doch noch gekommen! Ich habe mich schon so sehr auf diesen Besuch gefreut. Sie müssen nachher im Pfarrhaus mit mir Tee trinken!«
    »Danke vielmals«, sagte Leroy. Er fühlte sich so, als ob sein Kopf in den Wolken schwebte und er keinen Einfluß darauf hatte, daß seine Beine wie aus Gummi waren und seinem Willen nicht gehorchten. Es war, als ob er durch eine unsichtbare Mauer hindurch wollte. Der Vikar sah ihn von der Seite an und faßte ihn unsicher am Ellenbogen.
    Leroy blieb stehen. »Sie müssen entschuldigen, Vikar. Ich fühle mich nicht besonders gut. Ich glaube, ich brauche noch etwas frische Luft.«
    »Das tut mir leid, Mr. Thompson! Es ist doch nichts Ernstes?«
    »Ich hoffe nicht. Es ist nur … ich fühle mich ein wenig atemlos, so als ob ich das Bewußtsein verlieren würde … Seltsam, nicht wahr?«
    »Hoffentlich haben Sie nicht diese Sommergrippe erwischt, die grassiert! Das wäre äußerst unangenehm! Sogar hier in meiner Pfarre haben wir bereits einige Kranke!«
    »Tatsächlich? Auch hier draußen? Ich dachte, nur bei uns in London wäre es so schlimm.«
    Er holte tief Atem. Es war eine wichtige Aufgabe. Er durfte nicht kneifen! Aber was, zum Teufel, sollte er tun?
    Und nun begann auch noch die Verletzung an seiner Kehle zu schmerzen und zu jucken! Er legte eine Hand auf seinen Hals.
    »Oh!« rief der Vikar, der nun auf die Stiche aufmerksam wurde, »hat Sie etwas gebissen?«
    »Ein Insekt, denke ich«, sagte Leroy. Er konnte diesem altmodischen, freundlichen Pfarrer doch nicht von Lilette erzählen.
    »Mein Lieber!« meinte der Geistliche, »das sieht aber schlimm aus. Es ist richtiggehend entzündet. Vielleicht fühlen Sie sich deshalb nicht wohl. Wann passierte es denn?«
    »Irgendwann gestern«, sagte Leroy. »Ich weiß es nicht genau, ich habe es erst heute beim Rasieren bemerkt.«
    »Es sieht aus, als wären es zwei Bisse«, sagte der Vikar. »Wie Bienenstiche. Seltsam.« Er machte eine kleine Pause. »Hoffentlich waren es keine Hornissen?«
    »Ich glaube, das hätte ich bemerkt«, erklärte Leroy. Er hätte liebend gern das Thema gewechselt.
    »Meine Haushälterin wird Ihnen Jod darauf geben«, sagte der Vikar. »Vielleicht hilft es gegen die Entzündung.«
    »Möglicherweise«, sagte Leroy.
    Dann gingen die beiden Männer endgültig zur Kirche.
    Als Leroy die Kirchentür anfaßte, war es, als hätte er ein Stück glühendes Eisen berührt. Die ganze Kirche glich einem Backofen. Er war kaum fähig zu atmen. Die Steine unter seinen Füßen waren heiß.
    Er sah hinauf zu den bunten Glasfenstern und zwang sich einzutreten. Eines der Fenster zeigte eine riesige Kreuzigungsszene, ein Meisterstück mittelalterlicher Glasmalerei. Wunderbare Farben voll gotischer Ausdrucksfähigkeit machten es zu einem der schönsten Glasfenster, das Leroy je gesehen hatte. Üblicherweise wäre er voll sprachloser Bewunderung davorgestanden und hätte es eine Weile betrachtet. Nun konzentrierte sich sein Blick auf das Kreuz im Zentrum. Es schien zu strahlen wie die Nachmittagssonne, und alles Licht in der Kirche schien einzig und allein aus diesem Kreuz zu kommen. Leroy Thompson hatte den Eindruck, als wollten ihm die geraden Linien des heiligen Symbols die Augen aus dem Kopf brennen.
    Er legte eine Hand vor seine Augen und wandte sich ab.
    »Was haben Sie?« fragte der Vikar besorgt.
    »Das Licht. Das Licht von jenem Fenster … es schmerzt mich in den Augen. Ich glaube mir wird schlecht … Sie … Sie müssen entschuldigen, Vikar, aber ich muß mich ein wenig setzen.«
    Während er sich in die letzte Reihe setzte, berührte er die Holzschnitzereien mit seiner Hand. Ein Teil der Dekoration bestand aus einem kleinen Kreuz. Er zog die Hand schnell zurück, als hätte er eine heiße Herdplatte berührt. Nur die Weihe des Gotteshauses und die Anwesenheit des gütigen alten Pfarrers hielten ihn davon ab, wild zu fluchen.
    »Was ist los?« fragte der Vikar.
    »Meine Hand!« rief Leroy. »Sehen Sie!«
    Der Vikar sah die Hand an: eine Blase bildete sich eben auf der Handfläche.
    »Wie haben Sie das gemacht?« fragte der Vikar.
    »Ich weiß

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