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0501 - Der Biß der Kobra

0501 - Der Biß der Kobra

Titel: 0501 - Der Biß der Kobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Schweigen.
    ***
    Vorgebeugt saß Merlin an einem wuchtigen Tisch, der voller Erinnerungen steckte. An diesem Tisch hatte er schon in Caer Camelot gesessen, im Schloß des Königs Artus, wenn Merlin sich dort aufgehalten hatte. Selten genug war es gewesen, weil Artus ebenso selbständig war wie heute Zamorra. Artus hatte Merlin nicht oft um Rat gefragt, bis der alte Zauberer sich irgendwann überflüssig gefühlt hatte und nur noch für kurze Zeit zu Besuch auf Caer Camelot erschienen war. Schließlich hatte er es in Caer Mardhin viel gemütlicher. Bei Zamorra hatte er jenes Spielchen erst gar nicht wiederholt. Statt dessen hielt er sich zurück und machte es Zamorra sogar schwer, seinerseits zu Merlin zu gelangen, damit der König der dritten Tafelrunde seinen Rat besser zu schätzen wußte als einstmals Artus, der die zweite Runde der edelsten aller Sterblichen um sich geschart hatte.
    An seinen ersten Versuch dachte Merlin schon gar nicht mehr zurück. Er war gescheitert wie der zweite, und jetzt beim dritten Versuch, durfte er sich keinen Fehler leisten. Denn er hatte nur diese drei Versuche, einen König und zwölf Recken an einen Tisch zu bringen und mit ihnen die Welt aus der Dunkelheit ins Licht zu führen. Versagte der große Plan auch beim dritten Mal, war die Hölle endgültig der Sieger. Dann konnte auch der Wächter der Schicksalswaage deren Ausschlag zum Negativen nicht mehr auspendeln.
    Merlin wußte, daß er nicht immer im Sinne des Wächters handelte. Das mochte mit seiner Herkunft zu tun haben. »Ich hätte weniger Schwierigkeiten, wenn ich nicht seinerzeit die Seiten gewechselt hätte, statt wie mein Bruder Asmodis eine Karriere in den Schwefelklüften anzustreben…«, murmelte er finster. Aber auch Asmodis war nicht länger Fürst der Finsternis, sondern hatte der Hölle den Rücken gekehrt!
    »Dunkler Bruder, hoffentlich weißt du, was du tust«, murmelte Merlin. »Ich - weiß es vielleicht manchmal nicht so genau.« Sonst hätte ihm jener Fehler, der ihm noch immer zu schaffen machte, nicht unterlaufen können. Aber er war zu egoistisch und zu sehr vom Gelingen seines großen Plans überzeugt gewesen, für den er so viel geopfert hatte. Und trotzdem war alles fehlgeschlagen…
    »Alles, was ich tue«, flüsterte er, »ist zum Scheitern verurteilt. Die dunkle Seite der Macht ist stark in diesen Tagen. Und vielleicht muß auch der dritte Versuch scheitern… immer hin hat Zamorra schon enorme Rückschläge erlitten, hat Recken verloren, die die dritte Tafelrunde fast komplettiert hätten… Warum nur? Warum ist die dunkle Seite so stark?«
    Weil sie keine Skrupel keimt, Merlin , flüsterte etwas in ihm. Deshalb braucht sie keine Rücksicht zu nehmen und kann stärker sein als alles andere!
    »Nein«, stieß er hervor. »Es kann nicht sein. Sie ist nicht stärker. Die stärkste aller Kräfte ist die Liebe, doch die Finsternis kennt nur die Angst und den Haß!«
    Aber Liebende treffen sich in der Nacht …
    »Wenn die Sterne leuchten und der Mond scheint und sein Licht in die Welt bringt. Das Licht!« schrie Merlin. »Licht, das jeden Schatten frißt, wenn es ihn berührt!«
    Und doch regieren die Schatten die Hälfte der Welt, und im Schatten gibt es mehr Geheimnisse als im Licht!
    »Schweig!« herrschte Merlin die Stimme an, die aus dem Nichts, vielleicht aber auch aus ihm selbst, zu ihm sprach. »Schweig. Das Dunkle kann nie siegen. Das Licht ist immer heller als das Dunkel!«
    Die Stimme, die er früher niemals wahrgenommen hatte, kicherte lautlos. Das ist falsch, denn auch das Dunkle ist nicht absolut, sondern hat seine Schattierungen. So, wie es keine absolute Helligkeit gibt, gibt es auch kein absolutes Dunkel. Licht schafft Schatten, und auch die Nächte sind nie gleich finster. Du kämpfst immer noch gegen deine WAHRE Bestimmung, Merlin? Gehe in den Saal des Wissens und befrage ihn. Du liebst die Menschen so sehr, denen du hilfst, aber der Saal des Wissens wird dir verraten, was einer ihrer Schriftsteller vor Jahrzehnten treffend wie niemand sonst formulierte: DUNKLERES DUNKEL IST HELLER ALS DUNKLES DUNKEL…
    Da schrie Merlin auf.
    Er glaubte, wahnsinnig zu werden, weil dieser Satz doch keinen Sinn ergab. Helles und dunkles Dunkel? Merlin schrie und schlug um sich, aber mit seinen Fäusten konnte er das Unsichtbare nicht treffen, das zu ihm sprach und ihn verhöhnte, um ihn in den Wahnsinn zu treiben.
    Eine messingfarbene Schlange, die durch die noch offenstehende Tür geglitten war,

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