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0515 - Der mordende Wald

0515 - Der mordende Wald

Titel: 0515 - Der mordende Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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einen Stoß, seid nicht geizig!«
    Zamorra rieb sich in scheinbar nachdenklicher Betroffenheit Kinn und Wangen und verdeckte dabei mit der Hand sein Grinsen, das er sich nicht mehr verkneifen konnte. »Ja, mein lieber Señor Fuego«, sagte er. »Da ich nicht in der Lage bin, wie Sie zu Ihrer Zeit, den Bauern Abgaben abzupressen, ist es um unsere Vorratshaltung zuweilen schlecht bestellt. Es ist leider kein Cognac im Hause.«
    »Was?« ächzte Cristofero. »Nichts wie fort von hier. Es ist eine schlechte, magere Zeit. Mir hat’s hier noch nie gefallen.«
    »Aber ich könnte jemanden losschicken, Cognac zu besorgen«, schlug Zamorra vor. »Und auch gleich ein Glas Honig.«
    »Keinen Honig!« dröhnte Cristofero.
    »Tja, nur für Cognac lohnt’s den Weg aber nicht«, sagte Zamorra.
    Der Mann aus der Vergangenheit grübelte. »Bedenkt, Gebieter«, warf der Gnom ein, »daß es um die Vereinfachung des Zaubers geht. Selbstlos, wie ich unter Eurer treuen Fürsorge geworden bin, denke ich dabei nicht einmal an meinen eigenen Gaumen, doch Euch könnte es zur Freude gereichen, den Cognac genießen zu können…«
    »Also gut«, seufzte Cristofero. »Cognac und Honig. Aber wehe Ihm, wenn ich Ihn beim Naschen statt beim Zaubern erwische! Ach, die Welt ist schlecht. Wo immer ich gehe und stehe, bin ich von Schurken und Erpressern umgeben.« Verdrossen rutschte er in seinem Sessel, der hier breit genug war, hin und her.
    Zamorra ging zur Sprechanlage, die alle bewohnten und bewohnbaren Räume des Châteaus miteinander verband. »Raffael… ein Glas Honig, einen Löffel und zwei Gläser Cognac bitte…«
    »Eine Flasche Cognac und die beiden Gläser, Lakai!« brüllte Cristofero, ehe Zamorra den Finger wieder von der Sprechtaste nehmen konnte. »Und hüte Er sich, die Flasche zu klein ausfallen zu lassen!«
    Wenig später tauchte der alte Raffael Bois auf; gekonnt balancierte er ein Tablett mit einer Literflasche, zwei Gläsern und dem Honig. Es war dem fast 90jährigen Mann nicht mehr anzusehen, daß er erst vor kurzem ein lebensgefährliches Abenteuer in einer fremden Dimension hinter sich gebracht hatte. [2]
    Ehe Zamorra ihm das Tablett abnehmen konnte, beorderte Cristofero den Diener stimmgewaltig zu sich und konfiszierte die Cognacflasche. Gönnerhaft schenkte er ein; für Zamorra zwei Fingerbreiten hoch, für sich selbst bis zum Rand. Derweil durfte der Gnom Honigtopf und Löffel an sich nehmen.
    Raffael stand noch abwartend da, um wieder abzuräumen. »Scher Er sich hinaus«, fuhr Cristofero ihn an. »Aber hurtig!« An Zamorra gewandt, fügte er hinzu: »Es ist kein Wunder, daß Ihr so verarmt seid, daß nicht einmal ein anständiger Vorrat an Cognac existiert. Das liegt daran, daß Ihr unbotmäßiges Personal beschäftigt. Aber das habe ich Euch ja schon oft genug gepredigt, ohne daß Ihr die Lehre annehmen wollt. Vermutlich werdet Ihr gar bestohlen, ohne daß Ihr’s merkt. Nun denn, auf Euer Wohl!« Er brachte das Glas, ohne einen Tropfen zu verschütten, an die Lippen - und leerte es in zwei großen Zügen.
    »Ah, das ist ein edler Tropfen«, stellte er fest. »Ich sollte wirklich ein Fäßchen davon oder zwei oder viele mit in meine Zeit nehmen… Aber ich habe gelesen und mir eingeprägt, wie dieser göttliche Trunk hergestellt wird. Ich werde einen guten Winzer beauftragen, sich damit zu befassen, und alsbald auch einen schwungvollen Handel damit betreiben lassen…«
    »Das lassen Sie lieber bleiben, Señor«, warnte Zamorra. »Es ergäbe ein Zeitparadoxon…«
    Cristofero winkte ab. »Ach, das macht doch nichts. Merkt ja keiner, ob der Cognac ein paar Jahre früher oder später erfunden wird. Die Nachwelt wird’s mir danken, dessen bin ich gewiß.«
    »Nehmen Sie es nicht auf die leichte Schulter!« warnte Zamorra. »Sonst verhindere ich vielleicht Ihre Rückkehr. Das ist sicherer, als Sie mit der Weltgeschichte herumspielen zu lassen.«
    Cristofero lachte und schenkte sich wieder nach. Diesmal trank er langsamer. »Macht Euch keine Sorgen, de-Montagne. Ich weiß um meine Verantwortung und werde schon nicht leichtfertig für eine Katastrophe sorgen. Das macht der da schon ganz allein.« Er wies mit dem Fuß auf den Gnom, der gerade den Löffel - zum wiederholten Male, aber erst jetzt bemerkt - in den Honig tunkte und genießerisch abschleckte. »Nichtsnutziger Lümmel!« brüllte Cristofero und inachte Anstalten, sich aus dem Sessel zu erheben.
    »Habe ich Ihm nicht ausdrücklich verboten, zu

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