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0515 - Schreie aus dem Werwolf-Brunnen

0515 - Schreie aus dem Werwolf-Brunnen

Titel: 0515 - Schreie aus dem Werwolf-Brunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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konnte mich hier anrufen? Wer wußte überhaupt, daß ich mich in diesem Pub befand.
    Wenn ja, dann hatte mich der Anrufer beobachtet. »Wollen Sie annehmen?«
    »Natürlich.«
    Ich bekam den Hörer in die Hand gedrückt und den Apparat neben das Glas gestellt.
    »Ja, bitte.«
    »Sinclair?«
    »Auch.«
    Die fremde Stimme redete weiter. »Hören Sie gut zu, Sinclair, und zwar verdammt gut. Bleiben Sie heute abend zu Hause! Klar?«
    »Nein!«
    »Sie sollen zu Hause bleiben.«
    »Und weshalb?«
    »Das werden Sie im Laufe des Abends erfahren.«
    Ich lachte in den Hörer. »Sagen Sie mal, Mister. Wer sind Sie eigentlich?«
    »Wir werden uns noch kennenlernen.«
    »Können Sie mir nicht jetzt schon Ihren Namen sagen?«
    »Das mache ich nicht. Nur soviel: Bleiben Sie am heutigen Abend zu Hause.«
    Ich hatte noch eine Frage stellen wollen, aber er legte sehr schnell auf. Ich drückte auch den Hörer wieder zurück und schaute nachdenklich in mein Glas.
    Die Stimme des Anrufers hatte ich aller Wahrscheinlichkeit nach noch nie im Leben gehört. So sehr ich auch darüber nachdachte, mir fiel nichts ein. Aber dieser Bursche kannte mich, und er hatte mich beobachten lassen.
    Seine Stimme hatte normal geklungen. Daran war nichts Außergewöhnliches gewesen, ohne Haß, ohne Zorn, ziemlich emotionslos.
    Aber sie hatte so geklungen, als würde ein Mann dahinterstehen, der genau wußte, um was es ging.
    Ich trank auch vom zweiten Glas und schaute dabei ins Leere. Der Arm des Keepers geriet in mein Blickfeld, die Hand tastete nach dem Apparat und nahm ihn wieder weg.
    »Schlechte Nachrichten, Sir?«
    »Wie man’s nimmt«, sagte ich. »Jedenfalls kann ich mich nicht länger hier aufhalten.«
    »Schade.«
    »Finde ich auch. Wieviel habe ich zu zahlen?«
    Er nannte mir den Preis. Ich legte noch ein Trinkgeld hinzu, trank den mittlerweile leicht abgekühlten Glühwein und rutschte vom Hocker. Die Tüte mit den Geschenken hatte ich neben mich gestellt.
    Schal um den Hals gewickelt, Jacke an und mit der großen Tüte bewaffnet, verließ ich den Pub.
    Ein winterlicher Großstadtabend empfing mich. Viele bunte Lichter, noch mehr Verkehr. Menschen, die hasteten, Ampeln, die umschlugen, Stimmenwirrwarr, dazwischen die süßlich klingende Weihnachtsmusik, die weihnachtlich geschmückten Geschäfte, die großen Tannenbäume und die elektrischen Kerzen.
    Viel Streß, viel Hektik, aber auch strahlende Kinderaugen, die alles nicht so tragisch nahmen und sich auf das Fest freuten. Sollten sie, der Rummel würde sie noch früh genug umschließen.
    Es war nicht allzu weit bis zur nächsten U-Bahn-Haltestelle. Nach dem schrecklichen Unglück in Londons größter U-Bahn-Station war ein absolutes Rauchverbot erlassen worden. Ich fand es gut. Es gab auch Leute, die es kontrollierten.
    Ich besorgte mir ein Ticket, durchging die Sperre und wartete auf die Bahn.
    Natürlich beschäftigte ich mich mit dem geheimnisvollen Anruf.
    Ich war sicher, daß da etwas auf mich zukam. Grundlos hatte man mich nicht unter Kontrolle gehalten.
    Aber wer konnte etwas von mir wollen? Was steckte dahinter?
    Fragen, auf die mir eine Antwort mehr als schwerfiel.
    Die Bahn kam.
    Ein Ungeheuer schoß aus der Röhre. Stahl und Glas, dabei verschmiert, denn die Sprayer waren immer unterwegs. Mir machte das nichts, so wurde manch dummer Werbespruch von originellen Reimen überdeckt, an denen man sich noch erfreuen konnte.
    Jeder konnte einsteigen, jeder bekam einen Platz, auch ich. Ich hockte am Ende des Wagens und sah vor mir einen Chinesen stehen, der mit dem Rücken an einer Haltestange lehnte und teilnahmslos ins Leere starrte. Er trug einen dünnen Staubmantel, viel zu kalt für diese Jahreszeit. Die unter dem Saum hervorschauenden Hosenbeine gehörten ebenfalls zu einem alten Kleidungsstück.
    Der Chinese stieg auch dort aus, wo ich den Wagen verließ. Er ging vor mir. Seine Kleidung strömte einen fremdartigen, auch scharfen Geruch aus.
    Auch mein Freund Suko war Chinese. Mit ihm hätte ich gern über den Anruf gesprochen. Das wiederum war nicht möglich. Suko hätte eine Botschaft von einem seiner zahlreichen »Vettern« erhalten und war losgefahren, um dem Mann zu helfen.
    Da er nicht in London wohnte, sondern in einer ziemlich einsamen Ecke südwestlich davon, war mein Freund schon ziemlich früh gefahren. Worum es ging, hatte man ihm nicht mitgeteilt. Jedenfalls gehörte es zu seinen Pflichten, helfend einzugreifen.
    Den Rest der Strecke ging ich zu Fuß. In meinem Mund lag

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