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0515 - Schreie aus dem Werwolf-Brunnen

0515 - Schreie aus dem Werwolf-Brunnen

Titel: 0515 - Schreie aus dem Werwolf-Brunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Faust geballte Hand. Aus ihr ragte etwas hervor, das für die Bestie ein böses Omen war.
    Ein geweihtes Silberkreuz!
    ***
    Und das hielt ich fest!
    Himmel, hatte ich mich beeilt, aber nichts überstürzt, als ich feststellte, daß Ho Chan noch lebte. Da war ich stehengeblieben und hatte mich mit dem Rücken eng gegen die Stollenwand gepreßt, so daß mich deren Schatten verschluckte.
    Nicht verschluckt wurde mein Kreuz.
    Ein Werwolf und das Silberkreuz. Im Normalfall bedeutete dies für ihn das Ende, und auch der verwandelte D.C. Redburn schien zu wissen, was es bedeutete.
    Er hatte plötzlich Furcht.
    Zeitlupenhaft zog er sich zurück. Den ersten Schritt, den zweiten.
    Er suchte nach einer Deckung, die er aber nicht finden konnte. Der Stein war zu klein. Dafür machte ihm die Aura des Kreuzes viel zu schaffen. Er duckte sich, riß einen angewinkelten Arm hoch und hielt ihn seitlich vor sein Gesicht, um das Kreuz nicht anschauen zu müssen. In dieser Haltung kam er mir vor wie der berühmte Glöckner von Notre Dame, den Tony Quinn so hervorragend gespielt hatte.
    Ich sah keinen Grund mehr, weiterhin auf meinem Platz stehenzubleiben, schob mich ebenfalls ganz aus dem Stollen und auf den Grund dieses Horror-Brunnens.
    »Redburn«, sagte ich mit harter Stimme. »Du kommst hier nicht mehr weg. Es ist aus…«
    Ein jaulendes Geräusch drang aus seinem Maul. Er duckte sich noch tiefer, tat nichts, um sich zu wehren und ließ mich kommen.
    Ich brauchte nur mehr den Stein zu umrunden, dann hatte ich ihn.
    Er legte mich trotzdem rein.
    Seine Angst war vorhanden gewesen. Allerdings nur zum Teil so stark. Zum anderen Teil war sie gespielt. Er hatte nach einem Trick gesucht, ihn auch gefunden, und jetzt wandte er ihn an.
    Plötzlich schnellte er hoch.
    Bevor ich den Stein und den toten Killer umrundet hatte, war es ihm schon gelungen, das Seil zu greifen und daran in die Höhe zu klettern. Er wollte auf dem gleichen Weg verschwinden, auf dem er auch gekommen war.
    Dagegen hatte ein anderer etwas.
    Suko lauerte eben am Brunnenrand. Er mußte gesehen haben, was sich hier unten tat, denn wie eine Lanze stach der Strahl seiner Halogenleuchte in die Tiefe.
    »Ja, komm nur!« rief er in den Schacht hinein. »Ich warte auf dich, Redburn.«
    Seine Stimme mußte selbst der Bestie vorgekommen sein wie die Posaunen vom Jüngsten Gericht. Etwa eineinhalb Körperlängen über mir war sie zur Ruhe gekommen, umklammerte das Seil mit beiden Pranken und hing daran wie festgewachsen.
    Redburn schaute in die Tiefe.
    Dort stand ich mit hocherhobenem Arm, aus dessen Faust das Kreuz schaute.
    Ich sah, daß sich seine Fratze bewegte. Er öffnete das Maul, auch die Augen weiteten sich, dann versuchte er einen letzten Trick und ließ einfach los.
    Er kam wie eine Ramme nach unten.
    Und er hätte mich bestimmt zu Boden gerissen, aber mit seiner Aktion hatte ich gerechnet.
    Ich war zur Seite gesprungen und konnte zuschauen, wie die Bestie auf den Stein prallte und von ihm zur Seite geschleudert wurde.
    Zum Glück fiel der schwere Körper nicht auf den regungslos da liegenden Ho Chan, sondern zur anderen Seite hin.
    Bevor er wieder hochschnellen konnte, handelte ich.
    Das Kreuz traf ihn.
    Ich hatte es mit einem Bogenwurf auf seinen haarigen Körper fallen lassen.
    Der Schrei des Werwolfs war mörderisch. Er wälzte sich über den Boden. Plötzlich schlugen Feuer und Rauch aus seinem Körper, der dabei regelrecht aufzischte und von zahlreichen kleinen Flammen umgeben wurde, wobei er verbrannte.
    Das Kreuz blieb unbeschädigt. Ich nahm es an mich, als die Flammen verloschen waren.
    Vor meinen Füßen lag eine zusammengeschrumpfte schwarze Gestalt, die einmal ein Mensch und auch ein Werwolf gewesen war.
    Nun aber hatte sie ihr Leben endgültig ausgehaucht.
    »John, alles in Ordnung?« dröhnte es von oben herab.
    »Alles klar, Suko. Ich erwarte dich in der Baracke.«
    »Dann bis gleich.«
    Ich aber kümmerte mich um Ho Chan, der nicht begreifen wollte, daß er noch lebte und mich wie ein Kind anschaute, so staunend.
    »Bitte«, sagte ich und hob ihn hoch. »Wir haben es geschafft. Den Werwolf gibt es nicht mehr. Sie aber werden leben.«
    Tief atmete er ein. »Ja«, sagte er leise. »Jetzt glaube ich es auch, Mr. Sinclair…«
    ***
    Suko mußte wie ein Weltmeister gespurtet sein, denn er kam mir bereits auf der Stiege entgegen, sah, daß Ho Chan lebte und half mir dabei, den alten Mann die Stufen hochzuschaffen.
    In den Fluren warteten die übrigen Asylanten.

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