052 - Großfuß
oder glauben Sie, daß er ihn doch gesehen hat? Super kann sehr scharf sehen, obgleich er immer vorgibt, daß es nicht so ist. Vor zwei Jahren behauptete er plötzlich, daß er stocktaub geworden sei, und die halbe Polizeidirektion ließ sich auch von ihm täuschen. Er hat auf Sie geschossen?« sagte er halb belustigt und schaute Jim dabei forschend an. »Also deshalb wird auch Mr. Cardew unter polizeilichen Schutz gestellt. Dieser Großfuß ist sicher ein ganzer Kerl.« Er unterdrückte mit Mühe ein Gähnen. »Ich habe vorige Nacht gewacht«, sagte er und nahm sein Taschentuch heraus.
Jim nahm einen schwachen Duft wahr. »Ich hätte nie geglaubt, daß sie so eitel wären, Sergeant«, sagte er gut gelaunt.
»Meinen Sie das Parfüm?« Lattimer roch an dem Batisttuch. »Meine Wirtin legt immer ein Riechkissen zwischen meine Taschentücher. Aber ich habe es ihr verboten und hoffe, sie wird es nicht wieder tun.« Dann überkam Jim ein kalter Schauer, als ihm plötzlich wieder zum Bewußtsein kam, wie Super im Gebüsch umhergeschnuppert hatte. Er mußte sich zusammennehmen. Er wollte Lattimer eben eine verfängliche Frage stellen, als der Beamte sie ihm unwillkürlich beantwortete.
»Super würde Himmel und Hölle in Bewegung setzen, wenn er den Duft riechen könnte. Er hat eine Spürnase wie ein Jagdhund. Dieser Mann hat übernatürliche Gaben.« Er gähnte wieder. »Ich würde heute abend gern früh zu Bett gehen.«
Es war spät, als Jim Ferraby nach Whitehall zurückkehrte, aber sein Vorgesetzter war noch im Büro und sandte nach ihm, als er ihn kommen hörte.
»Es scheint, daß Sie in letzter Zeit in eine Mordaffäre verwickelt sind«, sagte der alte Sir Richard. »Worum dreht es sich denn eigentlich?«
Jim erzählte ihm alles, was er wußte, aber es war nicht viel.
»Super ist mit der Aufklärung der Sache betraut«, sagte der Vorgesetzte nachdenklich. »Man könnte keinen besseren Mann für diesen Zweck finden. Tut er nicht sehr geheimnisvoll?«
»Ja, sein Verhalten ist sehr seltsam.«
Sir Richard mußte lachen.
»Dann können Sie sicher sein, daß er bald den Schuldigen festnehmen wird«, sagte er. »Wenn Super offen und frei über einen Fall spricht, dann ist die Lage meist hoffnungslos.«
Jim beendete seine Arbeit. Er war durch Supers Besuch etwas in Rückstand gekommen und beeilte sich, Elfa aufzusuchen. Sie war noch im Krankenhaus, als er nach Cubitt Street kam. Zwischen den Ärzten hatte eine Beratung stattgefunden, bei der bestimmte Entscheidungen gefallen waren, und man mußte ihre Einwilligung haben. Sie sah abgespannt und müde aus, als er sie an der Ecke von Cubitt Street traf.
»Sie werden die Operation nicht vor Ende nächster Woche vornehmen«, erzählte sie ihm. »Mr. Cardew hat mir eine sehr eilige Botschaft geschickt und mich gefragt, ob ich nicht zu ihm nach Barley Stack kommen wolle. Er hat wichtige und dringende Arbeiten, und er sagt, daß er sein Haus nicht verlassen darf.«
»Sie werden nicht zu Cardew gehen«, sagte Jim entschieden. »Er steht selbst unter Polizei schutz, und ich kann es nicht dulden, daß Sie sich dort einer neuen Gefahr aussetzen.«
Er brauchte ihr nicht die Geschichte von Elsons Tod zu erzählen, sie hatte schon alles in der Abendzeitung gelesen. Aber die Sorge um die Gesundheit ihres Vaters war so groß und sie war dadurch so in Anspruch genommen, daß sie sich wenig um andere Dinge kümmerte.
»Ich kannte ihn kaum«, sagte sie. »Aber das würde mich nicht von Barley Stack abhalten. Ich bin nur so schrecklich müde, Jim.«
»Cardew kann warten«, sagte er fest.
Aber offensichtlich konnte Mr. Cardew nicht warten. Als sie in das Wohnzimmer kamen, läutete das Telefon, und es war der Anwalt, der anrief. Sowie Jim es bemerkte, nahm er Elfa den Hörer aus der Hand.
»Hier ist Ferraby«, sagte er. »Ich komme eben mit Miss Leigh ins Zimmer. Sie ist viel zu angegriffen, um heute abend noch nach Barley Stack zu kommen.«
»Überreden Sie sie doch, daß sie herkommt«, bat Cardew dringend. »Begleiten Sie sie doch, wenn Sie wollen. Ich würde mich auch sicherer fühlen, wenn jemand hier im Hause ist.«
»Aber hat denn die Angelegenheit nicht Zeit?«
»Nein, nein, es ist Gefahr im Verzug!«
Jim nahm deutlich die Unruhe und Aufregung in der Stimme des Anwalts wahr.
»Es ist absolut notwendig, daß ich jetzt meine Angelegenheit in Ordnung bringe.«
»Aber Sie glauben doch nicht, daß Ihnen wirklich Gefahr droht?«
»Doch, ich bin ganz sicher. Ich möchte
Weitere Kostenlose Bücher