0527 - Der Grausame
den Ort, und auch ihr anderen könnt gehen. Keiner der Söldner und Soldaten wird euch aufhalten.« Während meiner Worte hatte ich mich gebückt und die Peitsche aufgehoben.
Allmählich hatten die Schergen ihre Überraschung verdaut. Sie standen nicht mehr so starr, bewegten ihre Beine, die Köpfe ebenfalls, sie schauten sich an, und ihre düsteren Blicke versprachen nur noch Mord und Totschlag.
Ich huschte nach links und preßte einem der Kerle die Mündung gegen den Hals. Der Mann stank wie eine Kloake, so daß ich mich schütteln mußte.
»Du verstehst mich?«
»Oui…«
»Ich will von dir wissen, wo ich Le Duc finde. Und wo sich der böse Fluch befindet. Er muß hier sein, das weiß ich. Du wirst es mir jetzt genau sagen.«
Er atmete schwer. Ich merkte auch, daß sich seine Muskeln spannten, deshalb drückte ich noch härter zu. »Diese Waffe nennt man Pistole. Damit kann ich dir deinen dummen Schädel zerschießen. Ich würde es mir überlegen.«
»Ja, ja…«
»Weißt du sonst noch etwas zu sagen? Wo steckt er? Wo befindet er sich? Ich will Le Duc!«
»Er wird dich vernichten!«
»Ich will ihn…«
»Johnnnn…« Es war ein wilder Ruf, in dem auch eine gewisse Verzweiflung mitklang, das konnte ich sehr deutlich heraushören.
Lisa hatte geschrien. Von ihrem Standort aus hatte sie einen wesentlich besseren Überblick als ich. Sie hatte vor allen Dingen sehen können, was hinter meinem Rücken geschah.
»Er kommt!« schrie sie. »Le Duc ist hinter dir!«
Mit einem harten Rammstoß schleuderte ich den Söldner von mir weg. Fast wäre er in ein Feuer gestolpert, ich aber hatte mich schon gedreht.
Zum erstenmal sah ich Le Duc so, wie er in seiner Zeit gelebt hatte. Es war ein Anblick, bei dem sich mein Magen zusammenzog…
***
Der böse Fluch!
So hatte man ihn gekannt, und man hätte keinen besseren Ausdruck für diese, von zwei Zombies flankierte Gestalt finden können.
Ariol Le Duc konnte man als ein Mittelding zwischen Mensch, Dämon und Teufel bezeichnen.
Er war sehr groß. Man konnte ihn nicht direkt als hager bezeichnen, dafür hatte er zu breite Schultern, die von einem roten Tuch umschlungen wurden, das eine Spange dicht unter dem Hals zusammenhielt. Das Tuch selbst entpuppte sich als Mantel, der um seinen Rücken wehte. Ansonsten war er in schwarzes Fell oder Leder gekleidet, was ich nicht so genau erkennen konnte.
Mich interessierte auch mehr sein Kopf.
Er hatte grauweißes Haar, das sehr lang an den Gesichtshälften herabfiel und mit den Spitzen die Schultern berührte. Auf dem Schädel saß eine dunkle Kappe. Zwei Hörner stachen von der Stirn ab wie das Geweih eines Hirsches.
Ariol Le Duc hatte die Arme erhoben und sie gleichzeitig angewinkelt, daß er das waagerecht liegende Schwert halten konnte.
Diese Klinge verdeckte einen Teil seiner Stirn. Schwert und Hörner schienen aus dem gleichen Material zu bestehen.
Mich faszinierte auf eine negative Art und Weise das Gesicht.
Wenn ein Gesicht jemals Ähnlichkeit mit dem eines Raubvogels gehabt hatte, dann bei dieser Person.
Scharf war es geschnitten. Zum Kinn hin lief es zu wie ein auf den Kopf gestelltes Dreieck. Es schien nur aus Muskeln und Knoten zu bestehen, sogar das Kinn sah knotig aus.
Die Nase und der gekrümmte Schnabel eines Raubvogels wiesen ebenfalls eine starke Ähnlichkeit auf.
Blieben noch die Augen!
Grausame, leicht geschlitzte, weißdunkle Laternen. Der Blick hatte die Schärfe eines Henkerschwerts. Augen, die »sprechen« konnten, die sezierten und analysierten und in die menschliche Seele hineinblicken konnten.
Jetzt wußte ich auch, weshalb keiner der Bewohner aufgemuckt hatte. Dieser Mensch – falls es einer war – strahlte allein durch sein Aussehen etwas Furchtbares aus, er gehörte zu denen, die die Hölle gern willkommen hieß.
Er war stehengeblieben. Seine Haltung hatte er dabei nicht verändert. Nach wie vor verdeckte das waagerecht gehaltene Schwert einen Teil seiner Stirn.
Ich wußte, daß er sprechen wollte, und suchte mit meinem Blick seinen Mund. Er bestand aus zwei mir ebenfalls knotig vorkommenden Lippen. Sie wirkten wie dicht aufeinandergelegte Baumwurzeln. Und sie bewegten sich kaum beim Sprechen.
»Wer bist du? Wer bist du, Fremder, daß du es wagst, dich gegen mich zu stellen?«
»Ich heiße John Sinclair!« antwortete ich Ariol Le Duc.
»Dein Name klingt fremd.«
»Ich stamme auch aus einem anderen Land und sogar aus einer anderen Zeit, die bei mir Zukunft heißt.«
Er
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