0527 - Der Grausame
Instrument.
All diese Tatsachen ließ ich mir durch den Kopf gehen und wägte genau ab.
Dann stand mein Entschluß fest.
Ich würde die Verfolgung des Ariol Le Duc nicht aufnehmen, sondern meinen Weg weiter und hoch zum Schloß gehen. In Cerbac wartete Suko, der auch nicht gerade wehrlos war, wenn es darum ging, einem Zombie den Garaus zu machen.
Ein letztes Knacken vernahm ich noch, gewissermaßen als Erinnerung, dann war von dem Untoten nichts mehr zu hören.
Natürlich machte ich mir über ihn meine Gedanken. Offiziell war er tot. Wie hatte er überleben können? In einem Grab? Und warum war er gerade jetzt von van Akkeren geholt worden?
Die Antwort würde ich bestimmt oben auf dem Schloß finden.
Ich setzte Weg fort. Die Lampe benötigte ich nicht mehr. Ihr Licht hätte mich zu leicht verraten, wenn jemand vom Schloß aus den Hang beobachtete.
Hundertprozentig genau wußte van Akkeren nicht, daß wir ihm auf den Fersen waren. Aber ich mußte davon ausgehen, da er mich kannte und wußte, daß ich nicht so leicht aufgab.
Auch jetzt nicht, wo ich mich wieder bergan durch den dichten Wald quälte. An manchen Stellen rutschte ich auf dem seifigen Boden wieder zurück und mußte den Weg noch einmal gehen. Hin und wieder spielte ich Turner. Da mußte ich nach tief wachsenden Ästen greifen und mich weiterziehen, um nicht wegzurutschen.
Durch einen Weinberg hochzusteigen wäre leichter gewesen, trotzdem kam ich einigermaßen voran.
Die unmittelbare Nähe der Bergkuppe war erreicht. Lücken öffneten sich vor mir, als hätte eine gewaltige Maschine sie gerissen.
Ich kämpfte mich noch höher. Der Wind hatte hier freie Bahn, natürlich auch der Schnee. Er umtanzte und umwirbelte mich wie ein Gewitter aus kleinen Flocken. Was da aus dem dunkelgrauen Abendhimmel niederpeitschte, war kaum zu fassen.
An einigen Stellen hatten sich schon hohe Schneeverwehungen gebildet. Sie sahen aus, als hätte man sie an den schrägen Hang geklebt.
Ich trug natürlich keine Stiefel und konnte mir auch nicht die besten Strecken aussuchen, so geschah es zwangsläufig, daß ich manchmal bis zu den Knien in den Schnee einsackte und mir das Zeug in die Schuhe drang.
Fluchen hatte keinen Sinn, die Strecke wurde davon nicht besser.
Den Weg oder Pfad, der vom Dorf her in die Höhe führte, hatte ich längst verloren. Ich war querbeet gegangen und hatte mich gegen Sturm und Schnee angestemmt, wobei ich mir wie ein Schwerstarbeiter vorkam.
Geschafft – endlich!
Ich konnte es kaum glauben, als ich förmlich über die Kuppe hinwegstolperte. An dieser Stelle lag der Schnee wieder sehr hoch, so daß ich tief einsackte, hervorstapfen mußte und mir einen Platz suchte, wo ich besser stehen konnte. Ich drehte dem Wind und den Flocken den Rücken zu und erkannte das Schloß Château Le Duc, das in die Dunkelheit hineinzuragen schien.
Da brannte Licht. Ein Beweis, daß sich jemand hinter den dicken Mauern des Schlosses aufhielt.
Van Akkeren war da!
Ich knirschte seinen Namen. Immer wenn ich ihn hörte, sah ich zwar nicht rot, aber gut ging es mir dann auch nicht. Van Akkeren war für mich ein rotes Tuch.
Wichtig war, daß ich die Nähe des Schlosses erreicht hatte. Über das Eindringen machte ich mir keine Gedanken, das würde ich schon irgendwie schaffen.
Ich mußte noch weiter vorgehen und mich dabei nach rechts halten, um es zu erreichen. Durch den Schneewirbel kämpfte ich mich voran. Den Kragen hatte ich hochgestellt, der Wind spielte mit den Schalenden. Den Schal hatte ich mir nicht um den Hals gewickelt, sondern um den Kopf.
Ein Hindernis erschien. Es stand im tiefen Schnee, so sah es im ersten Moment aus, bis ich feststellte, daß vor dem Hindernis die weiße Pracht verweht worden war.
Es hatte sich ein regelrechter Hang gebildet, der bis zu einem Autodach hochreichte.
Ich erinnerte mich an die Worte Frank Didiers. Er hatte berichtet, daß er und seine Freunde mit einem VW-Bus die Fahrt an der Loire entlang unternommen hatten.
Hier stand der Bus!
Ich umrundete ihn stapfend und sah mir die Reifen etwas genauer an.
Didier hatte auch da nicht gelogen. Sie waren tatsächlich zerschnitten worden.
Ich ballte die behandschuhten Hände zu Fäusten. Dieser verfluchte van Akkeren hatte auch an alles gedacht.
Auf der nicht verwehten Seite gab mir der Wagen sogar eine einigermaßen gute Deckung, so daß ich mir die Zeit nehmen konnte, das Schloß zu beobachten.
Durch den dichten Schnee war kein Fensterausschnitt klar zu erkennen.
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