0527 - Der Tag der Kobra
Sir.«
»Woher wissen Sie das?«
Tendyke lächelte. »Ich habe für einen Augenblick den Schatten des Traumzeitgeistes in Ihnen gesehen, Sir.«
»Unser Freund heißt Shado«, schaffte es Zamorra jetzt endlich, den Aborigine vom Yolngu-Volk vorzustellen.
»Shado, Shadow, Schatten… paßt irgendwie«, stellte Tendyke fest. »Wissen Sie, Mister Shado, ich kann manchmal solche Dinge sehen. Wer ist Ihr Mentor?«
»Kanaula, der Regenbogenmann.«
»Die Geschichte werden Sie mir erzählen müssen. Habt ihr alle Zeit? Ich wollte gerade einen Imbiß überfallen. Aber vielleicht gibt’s auch noch Stehplätze für ein paar Leute mehr. Ich lade euch ein, oder wollt ihr zuerst eure Zimmer beziehen?«
Sie wollten.
Shado und Tendyke blieben unten. Der Aborigine begegnete dem Amerikaner mit leichtem Mißtrauen. Es gefiel ihm nicht, daß der Mann auf Anhieb seine Verbindung mit Kanaula gespürt hatte. Außerdem schien ihm Tendyke nicht so recht in die Zeit zu passen. Ein hochkarätiger Geschäftsmann, millionen- oder milliardenschwer, der von Kopf bis Fuß in Leder gekleidet war und dabei aussah wie ein Cowboy, der gerade dem jüngsten Wildwest-Film entsprungen war… ? Es fehlte nur noch der Tiefgeschnallte Colt an der Hüfte, und das Bild wäre perfekt gewesen.
Hinzu kam, daß Shado innerlich immer noch mit der Weltraumtechnik der Ewigen zu »kämpfen« hatte und einfach nicht in der Lage war, weitere Überraschungen zu verarbeiten.
Aber irgendwie fanden sie an diesem Abend zueinander - wenn auch eine gewisse Distanz blieb…
***
Es traf Rani Rajnee wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Im gleichen Moment, in dem sie Ben Nevis sah, stand sie in Flammen. Sie fiel einfach neben ihm auf einen Stuhl, brachte ein leises »Hallo« hervor und vergaß alles, was sie hatte sagen wollen - sogar, sich zuvorstellen. Es war ein kleines Lokal in Flughafennähe. Ziemlich rustikal und mit einer menschenfreundlichen Preisgestaltung der Speise- und Getränkekarte. Nevis lächelte, schob die Tageszeitung beiseite, die er als Erkennungszeichen auf den Tisch gelegt hatte, und sagte: »Sie sind also der ausgebuffte Superreporter, den Ihr Blatt herschickt?«
»Hat er das gesagt?« stieß Rani hervor.
»Wer?«
»Mein Chef.«
»Nein. Er hat nur den Termin und dieses… Dingsbums hier vereinbart.« Er deutete auf die Zeitung. »Damit Sie mich erkennen. Er hat auch was davon gebrabbelt, daß es Geld gibt. Aber er hat nicht gesagt, daß Sie kommen.«
»Was ist mit mir?« fragte sie verwirrt, »Stimmt etwas nicht? Haben Sie einen Mann erwartet? Wollen Sie nicht mit mir reden?«
»Und ob ich mit Ihnen reden will… lieber Himmel, ich wußte gar nicht, daß es so schöne Frauen gibt.«
Sie stellte fest, daß er von keinem Ehe- oder Verlobungsring entstellt wurde. Das ließ sie mutiger werden.
Plötzlich erinnerte sie sich daran, daß sie zu einer bestimmten Zeit ihren Chef anrufen sollte, sah auf die Uhr und stellte fest, daß sie den Termin bereits um einige Minuten überzogen hatte. Dabei hatten sie beide noch keine Sekunde lang über die UFO-Sichtung geplaudert!
Sie bestürmte den Kellner, sie telefonieren zu lassen. »Lieber Himmel, was gebe ich nur durch? Ich… so etwas ist mir noch nie passiert!«
»Vertrösten Sie den Boß um eine Stunde, Rani, und in dieser einen Stunde setzen wir gemeinsam den Text auf, daß ihm der Kitt aus der Brille fällt…«
»Er trägt ja gar keine!«
Nevis schmunzelte. »Auch egal, aber in einer Stunde liefern Sie ihm die Story auf den Schreibtisch, wetten wir?«
Nach dem Telefonat arbeiteten sie beide tatsächlich konzentriert daran. Rani schoß ein paar Fotos von Nevis vor malerischer Lokaldekoration und hämmerte mit fliegenden Fingern den Text in die Tastatur ihres Notebooks. Sie mußte eine Menge wieder herausnehmen, weil ihr ja nur begrenzt Platz zur Verfügung stand. »Mit Radarbildern kann ich wahrscheinlich auch dienen«, bot Nevis auf eine entsprechende Frage an, »nur ist das nicht so ganz legal, und wenn Sie die Bilder in Ihrer Zeitung veröffentlichen, muß der Text so aussehen, daß Sie auf irgendeine andere Weise und ohne mein Wissen daran gekommen sind. Ansonsten könnte es sein, daß man mir nicht nur Verrat von Dienstgeheimnissen anlastet, sondern mir auch noch der Militärgeheimdienst auf den Pelz rückt…«
Sie sicherte es ihm zu.
In der Zwischenzeit war eine seltsame Gruppe hereingekommen und hatte sich an einem der Nebentische ausgebreitet; ein Mann, der wie ein Filmcowboy aussah,
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