053 - Die Schlacht von El'ay
einer Ohrfeige zurück zuckte. Kimjo kam sich plötzlich schäbig vor. Die Mechica hatte ihm den rettenden Weg ins Haus gewiesen. Ohne sie wäre er vermutlich genauso tot wie die beiden Schmiede.
Sein Blick glitt über die lose flatternden Stoffstreifen, die nur die notwendigsten Stellen an ihr verhüllten. Verdammt, sein Weib würde ihm ordentlich einheizen, wenn herauskam, wo er sich herumgetrieben hatte.
Kimjo unterdrückte ein leises Seufzen und gab sich der Hoffnung hin, dass ihm schon irgendeine passende Ausrede einfallen würde.
»Wie heißt du?«, wollte er von seiner Begleiterin wissen.
»Nenn mich so, wie es dir gefällt«, antwortete sie routiniert. Kaum waren die Worte über ihre Lippen, taten sie der Mechica auch schon Leid. Dieser Mann war kein Kunde, der für ihre Dienste bezahlte, sondern ein Schicksalsgefährte, mit dem sie gemeinsam ums Überleben kämpfte. Etwas zögerlich, als würde sie ein wohl gehütetes Geheimnis preisgeben, sagte sie endlich: »Riella.«
»Ich bin Kimjo«, stellte er sich im Gegenzug vor. »Wir schlagen uns jetzt ins Nam-Viertel durch, zu meinem Großvater Fong. Dort sind wir so sicher wie in Lincolns Schoß.«
Riella zeigte keine Spur des Erkennens, als sie Fongs Namen hörte. Nur pure Erleichterung, dass sie nicht mehr auf sich allein gestellt war. Als einzige Mechica unter den Freudenmädchen besaß sie vermutlich nicht viel Rückhalt in der hiesigen Gilde.
Kimjo drängte alle Gedanken an ihren gesellschaftlichen Status beiseite, als die ersten Schläge an der Vordertür erklangen. Alles was sie jetzt noch retten konnte, war die Kraft ihrer Beine. Hand in Hand eilten sie durch die leere Küche. Ein Blick durch die Hintertür ließ Kimjo erleichtert aufatmen. Bis hierher war das Schlachtgetümmel noch nicht gedrungen.
Sich immer im Schatten der Mauern haltend, bahnten sie sich einen Weg durch überwucherten Bauschutt und die Abfälle aus den umliegenden Häusern. Bereits in der angrenzenden Gasse kamen ihnen ziellos umher irrende Menschen entgegen. Viele von ihnen trugen nur ein Hemd am Leib. Sie waren aus dem Bett direkt ins Freie geflohen.
Kimjos ärgste Befürchtungen wurden rasch zur bitteren Wahrheit. Nicht nur am Downtoon Buulewaa wurde gekämpft, sondern auch an vielen anderen Stellen des Viertels. Die Untoten gingen bereits dazu über, die Haustüren der eroberten Straßen aufzubrechen und Block für Block von den Lebenden zu säubern. Wer floh, blieb meist unbehelligt, doch wer sich verteidigte, wurde gnadenlos niedergemacht.
Im Schutz der fliehenden Menge ließen sich Kimjo und Riella durch Hinterhöfe und Seitengassen treiben, bis sie zur Andronenallee gelangten, auf der noch nicht gekämpft wurde.
Die Gilde der Tucker riegelte bereits ihren Block ab, ließ die einströmenden Flüchtlinge aber ein, um ihre eigenen Reihen zu verstärken.
Kimjo stand nicht der Sinn nach einem Gefecht auf fremdem Territorium. So schlüpfte er mit Riella am anderen Ende der Straße hinter den Barrikaden hervor und eilte mir ihr Richtung Namtoon.
Obwohl von Seitenstichen geplagt, gönnten sich beide keine Pause. Zu Recht, wie sie erkannten, als sie das belebte Viertel erreichten, in dem Kimjos Garküche und Großvaters Mietstall standen. Die Menschen strömten bereits auf der Straße zusammen, alarmiert durch den Schlachtenlärm, der aus den angrenzenden Häuserschluchten zu ihnen drang. Noch konnte sich niemand recht erklären, was in Downtoon vorging, aber Kimjos hastig hervorgestoßener Bericht verbreitete sich wie ein Lauffeuer unter den Anwesenden.
Auf halbem Weg zu Fongs Mietstall kam Kimjo jedoch ins Stocken. Ungläubig starrte er auf eine bis zu den Grundmauern abgebrochene Ruine, in der sich dunkle Gestalten zusammenrotteten. Es hätte nicht des Gestanks bedurft, der zu ihm herüber wehte, um sie als Zombies zu identifizieren. Die steife Haltung, mit der sie sich bewegten, war verräterisch genug. Aus einer Bodenöffnung quollen immer mehr von ihnen empor, bis sie das ganze Grundstück ausfüllten.
»Zu den Waffen!«, forderte Kimjo die Schaulustigen in den Straßen auf. »Der Feind ist schon unter uns!«
Die Menge stob auseinander, als sie der toten Krieger endlich gewahr wurde. Wenigstens konnte so niemand überraschend niedergemetzelt werden.
Als Kimjo und Riella den Mietstall erreichten, waren die Türen und Fenster im ersten Stock bereits verrammelt. Das unterste Teilstück der Andronenrampe, das noch auf der Straße ruhte, begann zu vibrieren. Es wurde
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