0556 - Milenas Opferstätte
ich auch. Für Milena haben wir damals geschwärmt.«
»Und jetzt liegt sie hier.« Suko deutete auf die Urne. »Zu Asche verbrannt, aber mit einer Nachricht für euch. Die Frage ist: Was wollt ihr unternehmen?«
Bill hob die Schultern. »Das ist in der Tat schwer.« Er fragte mich.
»Sollen wir uns auf eine Reise in die Vergangenheit einlassen, John? Und alles noch einmal aufwärmen?«
»Sie lebt nicht mehr.«
»Denk an die drei Tropfen Blut. Der Satz ist nicht grundlos geschrieben worden. Was kann dahinterstecken?«
Ich antwortete mit leiser Stimme. »Stellt euch mal – vor, diese Milena ist eine Blutsaugerin gewesen, die jemand gepfählt hat und deren Asche sich nun in der Urne befindet.«
Bill atmete scharf aus. »Willst du wirklich so weit mit deiner Behauptung gehen, John?«
»Nenn mir eine bessere Lösung.«
»Ich weiß keine.«
»Na bitte.«
Er strich durch sein Gesicht. »Im Prinzip könntest du sogar recht haben. Das wäre wirklich ein starkes Stück, uns die Asche einer Vampirin zu schicken. Wenn Menschenblut in die Urne tropft, was geschieht dann?«
»Sie wird wieder auferstehen!« sagte Glenda und bekam eine Gänsehaut.
»Meinst du?«
»Ich hoffe nicht.«
»Willst du überhaupt darauf eingehen?« fragte mich Suko.
»Soll ich?«
» Du hast sie am Hals«, sagte Bill. »Man hat sie dir geschickt.«
Ich nickte. »Wenn du schon Teile aus dem Schreiben zitierst, Bill, dann würde mich auch interessieren, wo sie hingezogen ist. In London scheint sie nicht mehr zu wohnen.«
»Ja, nur ist England groß.«
Glenda hatte einen Einwand. »Wenn ich mir den Namen so anhöre, dann klingt er für mich etwas fremdländisch. Kann es sein, daß Milena keine Engländerin ist?«
»Ja, ich glaube schon.«
»Ist sie nicht Tschechin?« fragte Bill.
»Das habe ich vergessen.«
»Dann könnte sie in der Tschechei wohnen«, bemerkte Suko.
»Muß aber nicht sein«, sagte ich. »Das Paket wurde schließlich in London aufgegeben.«
»Mein Bier ist es nicht«, erklärte Suko, und er lehnte sich zurück, die Arme vor der Brust verschränkt.
»Kannst du herausfinden, wo sie lebt?« fragte Bill. »Das müßte doch möglich sein?«
»Ich werde mich darum kümmern«, sagte Glenda. »Wenn sie eingewandert ist, muß sie registriert sein.«
»Gute Idee.«
Glenda verschwand und schloß die Tür hinter sich. Ich schüttelte den Kopf. »Daß uns so etwas passieren muß, daran habe ich nie im Leben gedacht. Milena Mancow, ein Traum, der rasch vorbeigegangen ist. Wir haben doch alle für sie geschwärmt.«
»Stimmt.«
»Wer hat sie eigentlich bekommen?«
»Wie meinst du das?«
»Na ja«, sagte Bill und spielte mit einem Bleistift. »Mit irgendeinem ist sie dann gegangen.«
Ich dachte nach und versuchte mich an die vergangenen Jahre zu erinnern. Geflirtet hatte sie mit jedem. Mit wem sie allerdings intim gewesen war, wußte ich nicht. Ich jedenfalls war nicht mit ihr ins Bett gegangen.
»Hast du mit ihr geschlafen?« fragte ich Bill.
Er hob die Hand zum Schwur. »Nein, nie!« Er grinste. »Ich hätte es gern getan, nur klappte es nicht.«
»Das war bei mir ebenso.«
»Trotzdem hat man dir das Paket geschickt, John. Du mußt doch mehr Eindruck hinterlassen haben.«
Ich winkte ab. »Ob das der Grund ist, wage ich zu bezweifeln. Es kann auch etwas anderes dahinterstecken.«
Suko schüttelte den Kopf. Er konnte sich nur wundern. »Wenn man euch so reden hört, dann muß diese Milena Mancow damals eine Art Überfrau gewesen sein.«
Bill gab eine ehrliche Antwort. »Für uns war sie so etwas auch. Das kannst du dir nicht vorstellen, aber fast alle männlichen Studenten waren verrückt nach ihr.«
»Mit dem Unterschied, daß ihr lebt und Milena nur noch Asche ist«, sagte der Inspektor.
»Wobei nicht sicher ist, daß es sich auch um ihre Asche handelt!« fügte Bill hinzu. »Und feststellen wird man das jetzt bestimmt nicht mehr können.« Er trank seine Tasse leer. »Falls wir uns um sie kümmern, rechne ich mit allem.«
»Vampire!« sagte ich leise.
»Ja.«
Glenda kam wieder. Sie lächelte, als sie unsere fragenden Gesichter sah. »Die Kollegen von der Fahndung werden sich um das Problem kümmern. Wir müssen noch etwas warten.«
»Wie stehen denn die Chancen?« wollte ich wissen.
»Nicht schlecht, wenn sie tatsächlich eine Ausländerin gewesen ist.«
»Mal sehen.«
»Da ist noch die Sache mit dem Blut«, erinnerte mich Bill Conolly.
»Willst du es wagen?«
»Ich weiß noch nicht. Erst möchte ich
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