056 - Der Banknotenfälscher
Widerstrebenden in die Bibliothek zurück.
Das Leben hier wird Immer geheimnisvoller, sagte Jane zu sich selbst, während sie sich in den ungemütlichen kleinen Salon zurückzog. Kaum eine Jungverheiratete Frau mochte sich je so unverheiratet und so überflüssig vorgekommen sein! Keiner schien ihrer Gesellschaft zu bedürfen, niemand schien sich in ihrer Nahe wohl zu fühlen.
Sie traute ihren Ohren nicht, als sie schon eine Viertelstunde später Donalds Wagen wieder abfahren hörte. Die Geschichte wurde immer sonderbarer, und kopfschüttelnd hörte sie Peters Erklärung, - daß der Arzt es sehr eilig gehabt habe, wieder in die Stadt zu kommen.
»Warum war er denn überhaupt hier?« fragte sie mißtrauisch.
»Weil ich ihn darum ersucht habe . . . Was sagst du zu der Dame?«
Jane ging in die Bibliothek. Er folgte ihr und schob ihr einen Sessel hin, Jane blieb aber neben dem großen Tisch stehen und trommelte gereizt mit den Fingern auf die Platte.
»Hast du noch mehr derartige Überraschungen für mich?« erkundigte sie sich. Er lachte belustigt auf.
»Ich bedauere den Vorfall sehr«, entschuldigte er sich, schien aber durchaus nicht bedrückt zu sein. »Mrs. Anderson ist aber doch wirklich sehenswert, nicht wahr?«
»Was hat sie denn nur gemeint, als sie von deinem angeblichen Bruder gesprochen hat?«
Peter lächelte leise.
»Das ist eines meiner Familiengespenster, aber eines der unwichtigsten. Vielleicht bin ich etwas unmoralisch, doch der Seitensprung meines Vaters, der dieses Gespenst ins Leben gerufen hat, beeindruckt mich nicht sehr.«
»Ach, ich verstehe«, sagte sie etwas verlegen.
»Ja - es tut mir leid, daß du es erfahren hast. Mrs. Anderson, richtiger gesagt Miss Anderson, hat ihre eigene Rechtsauffassung. Sie bildet sich ein, daß ihr Sohn der rechtmäßige Erbe des Vermögens ist.« Forschend blickte er sie an, als ob er ihre Meinung ergründen wollte.
»Ziemlich peinliche Geschichte!« murmelte sie, aber in Wirklichkeit war Jane durchaus nicht entrüstet; sie war eher erleichtert, daß nicht mehr dahintersteckte.
Peter räusperte sich. »Na ja ... Übrigens habe ich Bourke heute zum Abendessen gebeten. Hoffentlich ist es dir recht?«
»Den Chefinspektor? Warum hast du eigentlich so eine Vorliebe für Kriminalbeamte?«
Diese Frage belustigte Peter offensichtlich.
»Ich habe es dir doch schon einmal erklärt«, lachte er. »Ich kann nur wieder dasselbe sagen: Bourke hat sehr viel für mich getan. Aber wenn du ihn nicht sehen willst, sage ich natürlich ab.«
Doch Jane war ganz einverstanden mit diesem Besuch, sie erhoffte sich davon eine Entspannung der Atmosphäre.
»Wird er über Nacht bleiben?«
Peter schüttelte den Kopf.
»Nein, er will gleich nach dem Abendessen wieder zurück nach London fahren.«
In was für einer seltsamen Situation sie sich doch befanden, dachte Jane. Peter hatte sich erstaunlich gut hineingefunden - sie konnte es fast nicht begreifen. Manchmal dachte sie, sie müsse plötzlich erwachen und feststellen, daß ihre ganze Ehe nur ein Traum gewesen sei - ein gar nicht unangenehmer Traum, gestand sie sich ein.
Mit der Nachmittagspost kam ein Brief von Basil Hate. Sie schnitt nachdenklich den Umschlag auf - was konnte Basil ihr zu sagen haben? Er schrieb ihr, daß er erst am Morgen von Bournemouth nach London zurückgekehrt sei, und ein Blick auf den Poststempel zeigte Jane, daß der Brief mit der ersten Leerung befördert worden war.
›Ich frage mich, wann man Euch einen Anstandsbesuch abstatten kann. - Ihr Vater war am Abend Ihrer Abreise so unausstehlich schlechter Laune, daß ich noch mit dem Nachtzug nach Bournemouth gefahren bin. Ich weiß eigentlich gar nicht, warum.‹
Dann folgte noch eine Aufzählung belangloser persönlicher Erlebnisse.
Basil war ziemlich unverfroren, rücksichtslos gegen andere, mit einer losen Zunge, aber stets unterhaltend; ein angenehmer, manchmal glänzender Gesellschafter, den man wohl gelegentlich in seine Schranken verweisen mußte, der einen aber niemals langweilte.
Lässig drehte sie den Briefbogen um, da sah sie, daß Basil noch eine Nachschrift angefügt hatte:
›Ich bin wirklich in Sorge um Sie. Ich weiß nicht, ob ich richtig gehandelt habe - und ob wir alle richtig gehandelt haben. Diese verdammte Sucht nach Geld. . .‹
Jane blickte in den Umschlag, ob nicht noch irgendwo ein Zettel mit einer Fortsetzung war - vergeblich. Dagegen machte sie eine andere Entdeckung: die Klappe des Briefumschlages rollte sich auf,
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