0562 - Die Zeit der Reptilien
sind ja schon fast da. Warum überhaupt müssen wir das erledigen? Bist du nicht mit einer höchst resoluten Frau ehelich verbunden?«
»Hiiiiilfeeeeh«, kreischte Mostache statt einer Antwort. »Schneeeeeell ..«
Zamorra erhob sich.
»Na gut«, seufzte er. »Fahren wir auch ohne Bestechung hinüber. Das ist ja nervtötend, dieses Gezeter. Wie soll man da einigermaßen vernünftig arbeiten können?«
Er beendete das Computerprogramm und verließ das Arbeitszimmer.
»He, nun warte doch«, rief Nicole ihm nach. »Ich muß mir doch erst was anderes anziehen… Draußen ist es verflixt kühl geworden…«
***
Die Garage war vor hundert Jahren noch ein Pferdestall gewesen. Für die Hundertschaften von »Pferden«, die in vierrädriger Form jetzt darin parkten, wäre sie längst viel zu klein. Zielgerichtet steuerte Zamorra auf Nicoles heckflossenbewehrtes und chromgepanzertes ’59er Cadillac-Cabrio zu.
Nicole, die es in der von Zamorra entfesselten Hektik nicht mehr geschafft hatte, in Stiefel und Mantel zu schlüpfen, und in ihrem Mini-Strickkleidchen hinreißend aussah, rupfte ihren geliebten Chef energisch von der Beifahrertür fort und schob ihn ebenso energisch zur Fahrertür seines BMW 740i.
»Wenn wir die ganze Welt und Mostache retten wollen, kann das Auto gar nicht groß genug sein«, wandte Zamorra ein. »Siehst du nicht ein, daß wir deinen Caddy nehmen müssen ?«
»Nein«, stellte Nicole fest und ließ sich schon auf dem Beifahrersitz des BMW nieder. »Deine Heizung funktioniert besser. Was bedeutet, daß ich nicht friere, wenn du mich heute nacht oder morgen früh heimchauffierst. Es wird nämlich sehr kalt heute nacht, und ich habe kaum etwas an.«
Na ja, das recht kurze Kleid reichte ja auch völlig, fand Zamorra.
Seufzend faltete er sich hinter das Lenkrad, startete den BMW und tastete nach Nicoles Knie, um den Rückwärtsgang einzulegen.
Sie seufzte abgrundtief.
»Mann!« stöhnte sie. »Rette gefälligst Mostache und die Welt, statt deinem Trieb zu folgen!«
»Der Trieb folgt eher mir«, grinste Zamorra.
Er lenkte die Limousine die Serpentinenstraße hinunter ins Dorf. Es lag direkt an der Loire, die hier im Süden noch klein, gewunden, romantisch und teilweise naturbelassen war. Vor der besten und einzigen Gaststätte stoppte er den Wagen.
Über der Eingangstür prangte ein holzgeschnitzter Teufelskopf, darüber die Leuchtschrift »Zum Teufel«. In Zamorras Umfeld ein wahrhaft sinniger Name für eine Gastwirtschaft.
Und drinnen war auch der Teufel los!
Allerdings nicht so, wie Mostache es in seinen telefonischen Notrufen beschrieben hatte.
Der Teufel hockte ganz gelassen am »Montagne-Tisch« und soff sein Bierchen, und hinter dem Tresen kauerte der verzweifelte Wirt. Händeringend versuchte er dem Drachen auszureden, daß sich eine zünftige Grillfete nur mit dem Deckengebälk der Gaststätte als Brennmaterial und dem wohlbeleibten Mostache als Grillfleisch durchführen ließe…
***
Wie immer um diese Tageszeit war die Gaststätte erst mäßig besetzt, wirklich voll wurde es etwa eine oder anderthalb Stunden später, wenn das 20:00-Uhr-Fernsehprogramm die Leute zu langweilen begann und sie deshalb lieber in die Kneipe gingen, um sich da zu amüsieren. Aber ein paar Leute waren schon da.
Weder Zamorra noch Nicole schauten sich das Publikum genauer an, das sich seinerseits das ihnen bietende bühnenreife Szenario genau anschaute. Und um das Schauspiel nicht zu stören, griff auch keiner ein und sorgte für Ruhe.
Vielleicht traute sich auch niemand -immerhin war einer der beiden Hauptakteure ein leibhaftiger Drache…
»Fooly!« seufzte Nicole.
Der Drache besaß grünliche Haut mit braunem Hauch und teilweise braunen Flecken mit grünem Hauch. Auf seinem kantigen Schädel mit dem Krokodilmaul und den großen, runden Telleraugen begann ein Rückenkamm aus dreieckigen Hornplatten, die sich zur Schwanzspitze verlängerten. Den Rücken zierten zudem brav zusammengefaltete Flügel. Seine Hände waren vierfingrig mit ausfahrbaren Krallen. Mit seinen 1,20 m wirkte er sehr massiv -böse Zungen hätten sicher gar behauptet, er sei fett.
»Bist du von Sinnen?« fauchte Zamorra ihn an.
Der Drache wandte sich ihm zu.
»Von? Von Schi… von Schinnen? Einen Hicks-Hirn… äh, hups… einen Herrn dieses Namens kekenne isch nisch. Und fallsch du misch meinscht, Schef - misch hicks - hat immer noch keiner geadelt. Einfach Fooly schenügt. Oder heiße isch neuerdingsch Fooly von Schâteau
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