0562 - Mordnacht in Paris
sie.
»Du hast nach mir gefragt.«
Jane bekam große Augen. »Ich soll…«
»Ja.«
»Wo und wann?«
Er spreizte den rechten Daumen ab und deutete damit gegen den Boden. Die Haut auf den Händen war ebenso grau wie die in seinem Gesicht. Grau mit einem weißgelben, leichenhaften Schimmer versehen. Im Prinzip fürchterlich. »Unten. Du hast mit Cilly gesprochen und wolltest; etwas von mir. Nicht wahr?«
»Ja, aber…«
»Kein Aber. Ich bin gekommen, um dich zu holen. Ich bin der Bucklige, der Mörder.« Er zeigte die Anzahl seiner bisherigen Opfer mit den Fingern. »Sechs habe ich mir geholt, und du wirst das siebte Opfer werden. Wie heißt du eigentlich?«
»Jane…«
»Du bist nicht von hier. Du bist eine Fremde, das ist gut. Niemand wird dich vermissen. Ich habe alle sechs Mädchen auf verschiedene Art und Weise getötet, für dich habe ich mir die letzte, die außergewöhnlichste Methode ausgesucht.«
»Und welche?« hauchte Jane. Sie hatte Mühe gehabt, überhaupt die Frage stellen zu können.
In seine Augen trat so etwas wie ein Leuchten. »Es ist die Folter, Jane. Die absolute Folter. Erst wenn ich sie hinter mich gebracht habe, bin ich zu höheren Dingen berufen, dann wird mich der Teufel noch mehr unterstützen.«
Jane schielte zur Seite und sah ein, daß sie einen Fehler gemacht hatte. Ihre Handtasche mit der Astra lag auf dem Bett. Die kleine Pistole enthielt ebenfalls geweihte Silberkugeln. Father Ignatius stellte sie wieder für die Waffe her, wie es früher einmal gewesen war. Das Bett befand sich an ihrer linken Seite. Um es zu erreichen, benötigte sie leider mehr als einen Schritt.
Der Bucklige würde immer schneller sein. Vorausgesetzt, sie blieb auf der Stelle stehen. Wenn es ihr jedoch gelang, näher an das Bett heranzukommen, sah die Sache schon anders aus. Deshalb versuchte Jane, ihn abzulenken und breitete die Arme aus.
»Was soll das alles? Ich bin gekommen, um Kunden aufzureißen, nicht um zu sterben.«
»Das bestimme ich!«
»Die Polizei wird…«
Er unterbrach Jane durch sein Lachen. »Welche Polizei denn? Sie haben es versucht. Sie schossen auf mich, sie trafen auch, aber sie konnten mich nicht töten, denn jemand, der schon tot ist, den kann man nicht mehr sterben lassen.«
Obwohl Jane Collins Bescheid wußte, spielte sie dennoch die Überraschte. »Wieso tot?«
»Ich bin ein Zombie!« erklärte er mit stolzer Stimme.
Sie schüttelte heftig den Kopf. »Nein, das glaube ich nicht. Zombies gibt es nicht in Wirklichkeit, nur in den Filmen oder so.«
Obwohl Jane bei ihrer Antwort log, hatte sie die Rolle überzeugend gespielt. Auch der Bucklige war darauf hereingefallen.
»Sei nicht so arrogant wie die anderen!« fuhr er sie an. »Es gibt die Zombies, die lebenden Toten. Mir hat der Teufel ein neues Leben gegeben, er ist mein Freund geworden.«
»Der Satan kann niemandes Freund sein!« erklärte Jane. »Er ist einfach zu schlecht. Dinge wie Treue oder Freundschaft zählen nicht für ihn. Das weiß ich.«
»Du hältst dich wohl für sehr schlau.«
»Ich weiß es eben.«
»Woher?«
»Nur so.«
Es war Jane gelungen, wieder ein wenig näher an das Bett heranzukommen, wo die Tasche lag. Sie schnappen, sie öffnen, die Waffe hervorzuholen, das mußte einfach klappen.
Hatte der Bucklige etwas bemerkt? Er jedenfalls wechselte seinen Standort nicht. Sein Blick bohrte sich in Janes Gesicht. »Du wirst in dieser Nacht nur einen Kunden haben, kleine Nutte. Und zwar mich. Ich werde mich mit dir beschäftigen.«
»Wo willst du mich foltern oder töten?« fragte Jane. »Hier? Ich werde schreien und…«
»Das kannst du. In diesem Haus wird oft geschrien. Cilly weiß das. Sie wird nichts tun.«
»Dann hat sie dich zu mir geführt.«
»Sie gab mir Bescheid. Außerdem habe ich deine Ankunft beobachtet und gedacht, daß du mir von der Hölle geschickt worden bist. Leichter hätte ich das siebte Opfer nicht bekommen können.«
»Weshalb sieben?«
»Weil sie die magische Zahl überhaupt ist. Aber das brauchst du nicht näher zu wissen. Wichtig ist für dich und mich, daß du den Reigen der Toten schließen wirst.«
So wie er sprach, schien alles auf eine Entscheidung hinzulaufen.
Auch Jane Collins mußte sich jetzt etwas einfallen lassen. Bei Zombies kannte sie sich aus. Sie wußte sehr gut, daß diese Wesen übermenschliche Kräfte besaßen. Ein normaler Kämpfer kam gegen sie nicht an, denn Zombies verspürten keinerlei Schmerzen und kannten keine Konditionsschwierigkeiten.
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