0563 - Gespensterjagd
Konditionierung muß das Werk eines parapsychischen Giganten sein, der das Unterbewußtsein seiner Opfer sozusagen programmierte."
Er hielt eine halbvolle Bourbonflasche hoch und sah mich fragend an. Als ich nickte, füllte er zwei hohe Gläser mit der goldfarbenen Flüssigkeit und reichte mir eines davon.
Ich nahm einen großen Schluck und genoß die Wellen der Wärme, die durch meinen Körper jagten.
Tobias Schulze leerte sein Glas mit einem Zug und füllte bis dicht unter den Rand nach.
„Ah!" machte er. „Das ist besser als das synthetische Zeug, das mir meine Cyno-Brüder zusammenbrauten."
„Sie werden lachen", erwiderte ich, „aber dieser Bourbon ist auch synthetisch. Er wird an Bord der Flottenschiffe aus Vorzugsmüll hergestellt."
Schulzes Augen wurden groß und rund; sein Adamsapfel trat weit hervor.
„Aus Vorzugsmüll?"
Ich blieb ernst und hoffte, daß auch Tobias Kukuruzku-Schulze nicht in meinen Gedanken lesen konnte, wenn ich mein Blockierungstraining in die Praxis umsetzte.
Als er sein Glas zum zweitenmal leerte und sich genüßlich die Lippen leckte, erkannte ich, daß der Mago mich durchschaute.
Entweder war er eine Klasse besser als Dalaimoc Rorvic oder er brauchte nicht die Gedanken eines Menschen zu lesen, um zu wissen, ob er log oder die Wahrheit sagte. .
„Sie erwähnten einen parapsychischen Giganten, Toby", kehrte ich zum Thema zurück.
Tobias nickte und setzte sich auf einen würfelförmigen Hocker.
„Einen hypothetischen Giganten", korrigierte er. „Ich stelle mir vor, daß dieses Wesen jeden Handlungsablauf einzeln durch die Bewußtheit der Opfer schickte, dort wieder löschte, aber die Handlungsabläufe schichtförmig im Unterbewußtsein anlagerte.
Die erste Schicht wurde aktiviert und ins Bewußtsein gehoben, sobald ein auslösender Reiz auftrat."
Der rätselhafte Mann goß uns beiden nach und trank erneut.
„Sobald die erste Schicht das Bewußtsein erreichte, verursachte es auf den Bahnen des gelöschten Handlungsablaufes einen Zwangsablauf - und erst danach und dadurch wurde die zweite Schicht im Unterbewußtsein aktiviert und ins Bewußtsein gehoben.
Die Schwierigkeit ist, daß kein Telepath bei einem anderen Wesen einen desaktivierten schlafenden Impuls festzustellen vermag. Erst die Aktivierung macht die Absicht überhaupt erst ,lesbar'."
„Dann müßten Sie die Absicht der Mörder erkannt haben, als sie in Richtung Dampfbad gingen, oder?" warf ich ein.
„Nein", erklärte Tobias. „Infolge der schichtweisen Lagerung hätte ich höchstens erkennen können, daß drei Personen in Richtung Dampfbad gingen."
Er zuckte die Schultern.
„Aber bei wem erregt so etwas Alltägliches schon Verdacht Die nächste Handlung der Mörder bestand darin, das Bad zu betreten, ohne Kleidung und Waffen abzulegen. Das erregt zumindest nicht sofort Verdacht, denn sie könnten zwecks Ausführung einer dienstlichen Handlung dort sein.
Danach hält man Ausschau nach Commander Dalaimoc-Rorvic - und erst als man seine Position bestimmt hat, wird der Tötungsbefehl aktiviert."
„Scheußlich! Nur ein krankes Hirn kann sich so etwas ausdenken."
Kukuruzku-Schulze lächelte geistesabwesend.
„Ob etwas scheußlich ist, kommt stets auf den Standpunkt an, mein lieber Tatcher. Und es muß durchaus nicht immer ein krankes Hirn sein, das genial plant und handelt."
Ich leerte mein Glas.
„Das stimmt, Toby. Folglich könnte ich durchaus die Veranlagung zum Genie besitzen."
„Vielleicht. Es wäre möglich, daß etwas von Commander Rorvics Gaben auf Sie übergeht. Allerdings gestehe ich, daß der Tibeter mir zeitweise unheimlich vorkommt."
„Zeitweise?" echote ich. „Mir kommt er permanent unheimlich vor. In seiner Nähe sträubt sich mir jedes einzelne Haar."
„Sie übertreiben, Tatcher", entgegnete Tobias Schulze freundlich. „Kommen Sie, wir trinken noch einen!"
Ich zögerte, aber dann gab ich nach. Ich konnte eine kleine Aufmunterung wirklich gut gebrauchen. Erst war ich in dem heißen Dampf beinahe erstickt, dann hatte sich mein Herz im Eiswasser verkrampft, und dann die grausigen Szenen des Attentats!"
Mechanisch genoß ich die dritte Füllung.
Danach verschleierte sich mein Blick etwas. Ich hielt mich vorsichtshalber an den Seitenlehnen meines Sessels fest und ließ erst wieder los, als die Servo-Automatik der Kabine einen kleinen Imbiß servierte.
„Imbiß ä la Kukuruzku-Schulze", erläuterte Tobias grinsend.
Staunend blickte ich auf den überladenen Tisch. Die
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