0563 - Totensturm der Geisterfrau
schwarze Haar glänzte ölig. Es war glatt nach hinten gekämmt. So etwas hatte er sich von den Dressmen abgeschaut.
»Hallo, Cilly – na…?«
Sie kannte diesen Tonfall. Er sprach stets derart säuselnd, wenn er ankam, daß es sie anwiderte. Aber sie ging auf sein Spiel ein und lächelte breit.
»Was willst du?«
Der Zuhälter beugte sich vor, stützte die Ellenbogen auf die Bank vor dem Fenster und rieb Daumen und Zeigefinger gegeneinander.
Er besaß kräftige Hände, doch seine Nägel waren manikürt worden.
»Geld?« Cilly lachte. »Tut mir leid. Komm später noch einmal wieder.«
»Wieso?« Das solariumbraune Gesicht des Zuhälters nahm einen lauernden Ausdruck an.
»Ich habe kaum etwas eingenommen.«
»Willst du…?«
»Ich will gar nichts, aber heute war nichts los, klar? Die meisten Zimmer waren leer.«
»Dann gib mir das Wenige.«
»Gern.« Cilly hatte das Geld schon zurechtgelegt und ein Gummiband um die Scheine gewickelt. Der Zuhälter grapschte nach dem Packen und zählte die Scheine mit flinken Fingern durch. »Das ist wirklich beschissen«, kommentierte er.
»Sag’ ich doch.«
Der Schöne steckte die Scheine ein, rülpste und fragte gelangweilt:
»Ist auch das Geld von der Neuen dabei?«
In Cilly schlug eine Alarmglocke an. »Welche Neue meinst du?«
»Die Blonde.«
»Kenne ich nicht.«
Der Schöne zwinkerte ihr zu. »Aber Cilly, du wirst doch dein Gedächtnis nicht verloren haben. Das wäre aber schade. Oder muß ich nachhelfen? Ich habe Freunde in der Gegend. Jemand steckte mir, daß eine Neue in dein Haus gekommen sei. Muß ein scharfes Vögelchen sein, die Blonde.«
Cilly wußte, daß es keinen Sinn hatte, den Mann anzulügen. Wenn sie nicht mit der Wahrheit herausrückte, wurde der Zuhälter brutal, schlug sie und zerkratzte ihr das Gesicht.
»Ja, es war eine hier.«
»Na bitte.«
»Welches Zimmer?«
»Erste Etage, aber es ist leer.«
»Ach so. Sie ist auf Kundenfang?«
»Nein. Sie ist wieder verschwunden. Die war höchstens eine Stunde hier. Dann haute sie ab.«
Der Schöne hob die Augenbrauen. »Einfach so?«
»Oui.«
Er hob die Augenbrauen noch einmal. »Seltsam, wirklich seltsam.«
Ohne Vorwarnung schlug er zu. Cilly hatte damit gerechnet, sich jedoch auf die rechte Hand konzentriert. Der Schöne hatte die Linke genommen, zudem den Handrücken und die Wange der Frau so hart getroffen, daß seine Ringe blutige Spuren hinterließen.
Cilly stöhnte auf. Sie preßte ein Papiertaschentuch auf die blutende Wunde.
Der Schöne lächelte kalt. »Noch stehe ich hier draußen«, sagte er.
»Wenn ich erst einmal in deine gute Stube komme, wird sie bald keine gute Stube mehr sein.«
»Hau ab!«
Jemand kam die Treppe herab. Ein Mädchen mit zwei dunkelhäutigen Männern im Schlepp. Die Kleine kicherte, verstummte aber, als sie den Schönen sah, der sich zur Treppe hin umgedreht hatte, nickte und mit seiner seidenweichen Stimme sagte: »Ich hoffe, du hast auch den doppelten Preis genommen, Süße.«
»Das habe ich, ehrlich, das habe ich.«
»Dann sind ja alle zufrieden.« Die Kleine im hautengen Dreß beeilte sich, den Kunstpelz überzustreifen und die beiden Kunden nach draußen zu schieben. Hastig folgte sie ihnen.
Der Zuhälter drehte sich wieder um. Cilly tupfte auch jetzt über ihre Wange. Sie stand unter Hochdruck. In ihrer Kitteltasche steckte die Astra der Blonden. Das wußte der Zuhälter nicht. Wenn er tatsächlich zu brutal werden wollte, dann würde sie schießen, aus Notwehr.
Der Schöne lächelte wieder. »Läuft doch ganz gut, wie?«
»Eine Ausnahme.«
Der Zuhälter nickte und wischte unsichtbare Krümel von der Fensterbank. »Ich weiß nicht so recht, Cilly, aber ich habe das Gefühl, als wolltest du mich bescheißen. Dir ein Weihnachtsgeld zulegen, das dir nicht zusteht. Ich überlege mir, ob ich die Preise nicht anheben soll. Aber zuvor werde ich dir noch eine Bescherung mit auf den Weg geben und dich in dein Bad stopfen…«
»Guten Abend!«
Der Mann hörte auf zu sprechen, schrak zusammen und flog herum, denn die Frauenstimme war von der Tür her geklungen. Der Kerl im weißen Mantel wollte seinen Augen kaum trauen, weil im Eingang eine Person stand, die sicherlich vierzig Jahre älter war als er.
»Hä…«, sagte er.
Sarah Goldwyn hatte den Kerl sofort richtig eingeschätzt. »Können Sie nicht reden, Monsieur?«
»Gehen Sie lieber«, warnte Cilly.
»Nein, nein.«
Der Zuhälter lachte. »Ich glaube, du willst hier arbeiten, du
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