0563 - Totensturm der Geisterfrau
Geduld nicht bis in alle Ewigkeiten strapazieren. Das müßtest du doch wissen, Cilly.«
»Ich kenne diese Jane.«
»Gut!« lobte Adami. »Und weiter?«
»Sie war hier!« Cilly rauchte drei Züge. »Ja, sie war hier.«
»Was wollte sie?«
»Einen Job.«
»Hat sie den bekommen?«
»Nein, ich schickte sie weg.«
»Wann?«
»Sofort.« Cilly paffte wieder, und ihr Gesicht verschwand dabei hinter blaugrauen Wolken. Das wiederum paßte dem Kommissar nicht. Er schlug ihr die schmale Zigarre aus der Hand. »Ich will dich ansehen können, hast du verstanden?«
»Sicher.«
»Also, Cilly. Wie war das genau? Sie kam hier an, wollte ein Zimmer, und du hast sie weggeschickt.«
»Ja.«
»Und dir dabei die Pistole genommen, wie?« Plötzlich packte Adami zu. Er schaffte es tatsächlich, die schwere Person aus ihrer Sitzgelegenheit zu zerren. »Verarsche mich nicht!« flüsterte er dicht vor ihrem Gesicht. »Tu dir selbst einen Gefallen und verarsche mich nicht. Sonst ergeht es dir verdammt schlecht.«
»Aber ich…«
»Kein aber, die Wahrheit!« Er stieß sie wieder zurück. Der Korbsessel protestierte quietschend, als die Sitzfläche vom Gewicht der Frau eingedrückt wurde.
»Reden Sie«, sagte auch Suko. »Sechs Menschen hat der Bucklige bereits auf dem Gewissen. Wir wollen nicht, daß sich diese Zahl noch vergrößert.«
Cilly nickte. »Ich weiß.«
»Dann machen Sie endlich den Mund auf!«
»Du kennst ihn«, sagte Adami. »Ich weiß, daß du dich früher mit ihm abgegeben hast. Wir gehen davon aus, daß es nicht nur früher geschehen ist, auch heute noch. Tu dir selbst einen Gefallen und mach dich nicht zur Mitwisserin.« Sie trat die Glut des Zigarillos auf dem PVC-Boden aus. Ein häßlicher Fleck blieb zurück, der aber nicht weiter auffiel. Diese Bude war ziemlich primitiv.
»Sie war hier. Ich habe ihr ein Zimmer in der ersten Etage gegeben. Später kam er…«
»Der Killer?« fragte Suko.
Cilly schluckte und nickte. Sie wischte durch ihr schweißnasses Gesicht und verrieb noch etwas Blut. »Er hatte sie gesehen, und er wollte zu ihr. Er wußte ja, daß sie fremd war. Somit stellte sie für ihn ein ideales Opfer dar.«
»Hast du ihn nachgeschickt?«
»Oui, Monsieur Adami, oui. Was sollte ich denn machen? Ich konnte doch nichts dagegen tun. Es war alles vergebens. Ich mußte ihn hochschicken, er hätte mich sonst getötet. Er ist brutal, er ist gewalttätig, und er ist kein Mensch mehr. Er hat sich das Messer in die Brust gestoßen und…«
»Wo ist sie jetzt?« fragte Sarah Goldwyn, die aus Furcht um Jane bleich geworden war.
»Er hat sie mitgenommen.«
»Wohin?« schrie Adami.
»Zu einem Platz, wo er sie töten will«, erwiderte Cilly mit rauher, flüsternder Stimme.
Adami hob die Schultern. »Wenn ich es richtig sehe, wird sie kaum mehr wissen.«
So einfach wollte Suko nicht aufgeben. »Ist er mit seinem Opfer hier in Montmartre geblieben?«
»Bestimmt.«
»Wo hat er sich herumgetrieben?«
»Das ist schwer zu sagen…«
»Überlegen Sie genau, Cilly.«
»Er war oft nahe der Kirche. In diesem Park hat er ein Versteck gefunden.«
»Da wird er wohl nicht mehr sein«, sagte Serge Adami. »Wir könnten eine Razzia…«
»Nein, Kommissar, nein. Er würde aufgeschreckt werden und erst recht töten.«
»Glauben Sie denn tatsächlich daran, daß Ihre Jane Collins noch am Leben ist?«
»Solange ich ihre Leiche nicht gesehen habe, gebe ich die Hoffnung nicht auf.«
»Optimist.«
»Da war noch etwas«, rückte Cilly plötzlich mit einer neuen Version heraus.
»Wir hören!«
Sie blickte Adami an. »Er hat so gerochen…«
»Nach Leiche, wie?«
»Noch etwas. Nach brakigem Wasser. Nach Fäkalien, nach Jauche und Ratten.«
»Abwässerkanäle«, stellte Lady Sarah fest. »Gibt es ein idealeres Versteck für einen Zombie, der nicht gesehen werden will? Ich wüßte keines.«
»Paris ist sogar berühmt für diese Rattengänge. Dort werden sogar Feste gefeiert.«
»Sie kennen sich hier aus, Kommissar, wir nicht. Könnten Sie uns führen? Gibt es eine Stelle, die sich besonders eignet…«
Er hob die Schultern.
»Quasimodo hat noch erwähnt, daß Jane einen besonderen Tod sterben soll. Er will sie foltern.«
Lady Sarah zuckte zurück. Suko erbleichte nur, aber das reichte auch. »Wie will er das tun? Womit?«
»Das hat er nicht gesagt.«
Der Inspektor wandte sich an seinen französischen Kollegen.
»Hilft Ihnen das weiter?«
Serge Adami knetete seine Nase. »Es ist schwer«, gab er zu. »So
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