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057 - Das Gespensterschloß

057 - Das Gespensterschloß

Titel: 057 - Das Gespensterschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Randa
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dasjenige, das er auf Djallis Anweisung hin herausgenommen hat, Homers Odyssee. Er greift wieder nach ihm, doch er hat Mühe, es unter den anderen herauszubekommen, und er muß es zunächst vom Staub und Spinnweben befreien.
    Hinter dem Titelblatt! Seine Hände beginnen zu zittern – tatsächlich, da ist der Zettel, vergilbt zwar, aber zweifellos das Blatt, das er aus seinem Notizbuch herausgerissen hat. Auf dem Zettel zwei Namen: Djalli – Bernard, und ein Datum, in seiner Handschrift, er kann es nicht leugnen: 23. Dezember 1954.
    Alle Ängste der vergangenen Nacht überfallen ihn aufs neue. Er läuft zum Kamin. Mit zitternden Fingern sucht er die beiden Ziegelsteine, die den Mechanismus in Bewegung setzen. Mühsam, mit schrecklichem Krächzen dreht sich die Wand. Der Kasten ist da.
    Ihn am Handgriff packen, ihn in den Raum ziehen, ist Sache von Sekunden. Der Deckel kippt nach hinten – das goldene Kettchen samt Medaillon liegt obenauf.
    Bernard faßt sich mit beiden Händen an den Kopf, der kalte Schweiß bricht ihm aus.
    Ich bin doch nicht verrückt.
    Lange starrt er vor sich hin, dann ergreift er das Kettchen, öffnet das Medaillon. Djallis Porträt, sie lächelt ihn an … Djalli! Es ist tröstlich und zugleich entsetzlich. Tröstlich, weil er sie wiedersehen wird, daran zweifelt er jetzt nicht mehr. Entsetzlich, weil er endlich einen Beweis hat.
    Mechanisch hängt er sich die Kette um den Hals und schiebt das Medaillon unters Hemd.
     

     

Jetzt muß er, rein vernunftmäßig, als Tatsache anerkennen, was zu glauben er sich bisher geweigert hat. Er müßte es anerkennen, aber das gelingt ihm nicht. Er hat den Beweis, jawohl, falls es nicht noch eine andere Erklärung gibt.
    Bernard schiebt den Kasten wieder in die Höhlung und dreht die Kaminwand zurück. Alles, was Djalli ihm angekündigt hat, ist eingetreten, also wird er auch seine Freunde wiedersehen. Aber es werden nicht mehr seine Freunde sein. Zwar ihre physische Erscheinung, nicht ihre Seele. Waren es also Seelen, was er auf dem Friedhof jammern gesehen hat?
    Djalli wird in Simones Körper leben, und seine Küsse werden ihr wieder ihre ursprüngliche Gestalt geben. Djalli … ist seine Liebe zu ihr stark genug? Wird er sie auch in Simones Gestalt lieben? Er weiß es nicht. Alles hat sich verschoben.
    Und Martin? Kann er ihm die Wahrheit gestehen? Wird Martin begreifen und glauben können? Nein. Und er selbst? Allen Beweisen zum Trotz zweifelt er noch immer … was nun? Er kann sich nicht entschließen.
    Wilhelm wartet, regungslos an die Wand gelehnt.
    „Nun?“
    „Nichts. Zwar zweifle ich eigentlich nicht mehr, aber es genügt mir noch nicht. Du mußt mich auch noch ins Turmzimmer führen.“
    „Fräulein Djalli dürfte vergessen haben, daß der Turm nicht mehr existiert.“
    „Wie kann sie das vergessen haben?“
    „Die Toten wissen nicht alles, auch sie müssen lernen.“
    Lernen? Wozu? Bernard fühlt sich plötzlich wie gefangen.
    „Was meintest du, als du sagtest, ich würde der eure sein?“
    „Fräulein Djalli wird Ihnen das große Geheimnis erklären.“
    „Das große Geheimnis?“
    „Ich war bereits in Herrn Gilberts Diensten, als er Gilles hieß. Ich habe ihn bei seinen Forschungen unterstützt, als er den Hof Karls VII. verließ, am Ende der großen Kriege.“
    „Haben seine Forschungen zu einem Ergebnis geführt?“
    „Ja.“
    „Niemand hat es je erfahren.“
    „Seitdem die Welt existiert, verschwinden Menschen, ohne die geringste Spur zu hinterlassen.“
    „Meine Freunde werden wiederkommen, du hast es gesagt.“
    „Ja, freilich nicht, wie Sie es erhoffen … wegen des Geheimnisses. Zuerst werden sie Vorsorge treffen müssen, um jeden Verdacht abzulenken, dann wird alles wieder in Ordnung kommen. Zu Anfang müssen wir uns eben verstellen.“
    Er fabuliert, denkt Bernard, aber das erleichtert ihn nicht.
    „Wir wollen in die Küche zurückgehen, ich muß den Inspektor beruhigen.“
    „Der Inspektor kann nichts gegen uns unternehmen.“
    „Die Polizei?“
    „Selbst die Polizei kann das Unwahrscheinliche nicht als wahr anerkennen.“
    Er gibt also zu, daß es unwahrscheinlich ist, und er redet völlig sachlich darüber.
    Martin raucht friedlich seine Pfeife vor dem Kamin. Als er Bernard hereinkommen sieht, fällt ihm sofort dessen Blässe auf.
    „Ihre Freunde?“
    „Ich glaube, daß wir sie tatsächlich heute Abend wiedersehen werden.“
    „Man könnte meinen, das freue Sie nicht?“
    „Doch, aber es ist zugleich

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